Es hat mehr als sechs Jahrzehnte gedauert - nach BKA und BND lässt jetzt auch das Bundesamt für Verfassungsschutz die braune Vergangenheit seiner Mitarbeiter systematisch erforschen. Das Projekt liegt in den Händen renommierter Historiker, und ihre Ergebnisse werden, soviel ist klar, erschüttern: Die alten Verbindungen der Nazis reichten bis in die Spitze der Behörde.
© picture-alliance / dpaWährend des Zweiten Weltkriegs hatte Hubert Schrübbers die Ermordung von Juden in Kauf genommen. 1955 wurde er Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz - ein Beispiel für Altnazis in der Behörde.
Aktenzeichen 5 OJs 169/40: Die Jüdin Anna Neubeck, geborene Herzstein, Jahrgang 1900, wird am 31. März 1941 zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Ihr Vergehen: Sie hatte als Emigrantin in Brüssel Geld und Essen von der "Roten Hilfe" angenommen und sich mit anderen Flüchtlingsfrauen aus Deutschland getroffen, "um Handarbeiten und dergl. zu machen" - so lautete die nach der deutschen Besetzung Belgiens 1940 verfasste Anklage des Staatsanwaltes Hubert Schrübbers.
Anna Neubeck wurde nach Auschwitz deportiert. Von dort aus kehrte sie nie zurück. Der Mann, der ihre Ermordung in Kauf genommen hatte, war nicht irgendeiner der "furchtbaren Juristen" in der Nazizeit.
Er war 1954 bis 1972 Chef des Verfassungsschutzes, jener Mann also, der die Werte der Demokratie vor ihren Feinden zu bewahren hatte. 1972, kurz vor dem Ruhestand, musste er deswegen gehen.