Die britische Premierministerin Liz Truss hat nach rund sechswöchiger Amtszeit ihren Rücktritt erklärt. Sie werde aber so lange im Amt bleiben, bis ein Nachfolger ernannt worden sei, sagte die konservative Politikerin in London vor dem Amtssitz in der Downing Street. Sie habe bereits mit König Charles III. darüber gesprochen.
Die parteiinterne Wahl ihres Nachfolgers an der Spitze der konservativen Partei - und damit des Premierministers - solle bis kommende Woche stattfinden, erklärte sie.
Das sagte auch Graham Brady, der Vorsitzende des mächtigen 1922-Komitees der Konservativen Fraktion im Unterhaus.
Auch die Parteibasis solle in den Prozess einbezogen werden, so Brady. Wie das aussehen soll, war zunächst unklar. "Wir sind uns sehr bewusst über die Notwendigkeit im Sinne des nationalen Interesses, dies sehr schnell und klar zu regeln", sagte Brady, mit dem sich Truss kurz vor ihrer Rücktrittserklärung getroffen hatte.
Britisches ParlamentRund 24 Stunden vor ihrem Rücktritt hatte Truss noch im britischen Unterhaus beteuert, nicht aufgeben zu wollen und "eine Kämpferin" zu sein. Nun wies sie zwar auf die schwierigen ökonomischen Zeiten und die politische Instabilität auf dem ganzen Kontinent hin, räumte aber auch ein, unter den aktuellen Bedingungen ihre Vision des radikalen Wirtschaftswachstums nicht mehr umsetzen zu können.
Das Komitee von 1922 - auch bekannt als "die 22" - ist ein Komitee aller konservativen Abgeordneten der Hinterbank. Es trifft sich wöchentlich, wenn das Unterhaus tagt. Ihr Vorsitzender, in der Regel ein hochrangiger Abgeordneter, wird von den Ausschussmitgliedern gewählt und hat beträchtlichen Einfluss innerhalb der Parlamentspartei. Seit 2010 ist dies Sir Graham Brady.
Es bietet den Hinterbänklern die Möglichkeit, Politik zu diskutieren und dem Kabinett ihre Ansichten mitzuteilen. Lange Zeit spielten die Abgeordneten eine wichtige Rolle dabei, wer Parteivorsitzender wird. Es gibt die Stimmung der Hinterbänkler wieder und ist ein maßgeblicher Machtfaktor innerhalb der Partei.
Das 1922-Komitee spielt traditionell auch bei Vertrauensabstimmungen und bei der Wahl eines neuen Vorsitzenden eine gewichtige Rolle innerhalb der Tories.
Das Komitee von 1922 wurde tatsächlich im April 1923 auf Initiative neuer konservativer Abgeordneter gegründet, die bei den Parlamentswahlen 1922 gewählt wurden, um die Zusammenarbeit innerhalb der Partei zu erleichtern.
Kommentar: Das war schon vor Amtsantritt von Liz Truss klar. Die britische Ökonomie ist durch die anti-russischen Sanktionen und andere Faktoren genauso von Inflation gebeutelt, wie viele andere Länder Europas auch. Ihre kommunizierte Vision war daher von Beginn an obsolet.
Kommentar: Wer die Nachfolge von Truss antritt wird davon abhängen, wer von den zur Auswahl stehenden Kandidaten sich der Bevölkerung und der Regierung am besten verkaufen lassen wird. Ob dies wirklich Boris Johnson ist, so kurz nach seinem Rücktritt, wird sich zeigen.