Das Kind der GesellschaftS


Ambulance

Pflegekräfte vor dem Kollaps

krankenhaus,schwester
© Christian ButtPflegerin Anna-Kathrin Thies misst bei Patient Richard Helberg den Blutdruck.
Verden. Schwester Elke* ist allein in der Nacht. 35 Patienten muss sie auf ihrer Station versorgen, fünf davon sind dement. Einer ist schon verschwunden, irrt auf dem Krankenhausflur umher. Elke bringt ihn zurück ins Bett. Die alte Dame neben ihm auf dem Zimmer muss dringend gewickelt werden. Inkontinenz. Ein anderer Patient klingelt, verlangt nach der Nachtschwester. Keine Zeit.

"Die Nachtwache ist allein völlig überfordert", sagt Eva Hibbeler. Die Betriebsratsvorsitzende der Aller-Weser-Klinik in Verden warnt vor einem Kollaps der Pflegekräfte in Krankenhäusern. Das Budget für das Personal sei inzwischen so "zitroniert, so ausgequetscht, dass nichts mehr bleibt". Sie und ihre Kollegen in der Gewerkschaft ver.di hatten auf eine Reform des damaligen Bundesgesundheitsministers Philipp Rösler (FDP) gehofft. "Rösler hat Steuergelder versprochen", so Hibbeler. "Doch dann kam die Wirtschaftskrise. Es hat sich nichts geändert. Das Personal in den Krankenhäusern arbeitet weiter am Rande der Kraft."

Schwester Anne* beschreibt eine "ganz normale Nachtwache". Zu zweit arbeiten sie auf der Station mit mehr als 50 Betten. In dieser Schicht seien nur zwei Patienten aus dem Bett gefallen, es gab einen Rohrbruch in der Küche und eben das Klingeln der Kranken. Zwischendurch musste sie noch Medikamente sortieren, Papierkram erledigen und Infusionen vorbereiten. "Mit Wache hat das nichts mehr zu tun. Es ist ein Dienst wie am Tag." Neulich sei eine Kollegin krank geworden. Einen Ersatz gab es nicht. "Ich war allein mit 45 Patienten, davon zwölf Schwerstpflegefälle. Das war schon fahrlässig." Eigentlich hätte Anne die Schwerstkranken dreimal in der Nacht wenden müssen, damit sie sich nicht wund liegen. "Ich habe es nicht geschafft", sagt Anne, auch weil die Patienten zunehmend übergewichtig sind.

Heart - Black

Kriminalität in Deutschland: Zahl der Kindstötungen steigt alarmierend an

Jeden zweiten Tag wird in Deutschland ein Kind umgebracht: Die Zahl der Fälle ist 2010 um gut zwanzig Prozent gestiegen, die der Misshandlungen nahm um sieben Prozent zu. Hilfsorganisationen fordern nun einen neuen Anlauf für ein Kinderschutzgesetz.

Kindstötungen
© Corbis
Berlin - Es ist eine erschreckende Bilanz: Die körperliche Misshandlung und Tötung von Kindern in Deutschland hat zugenommen. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 183 Mädchen und Jungen unter 14 Jahren getötet, 2009 waren es noch 152, wie der Bund Deutscher Kriminalbeamter und die Deutsche Kinderhilfe am Freitag in Berlin auf Grundlage einer Auswertung der Kriminalstatistik 2010 mitteilten.

Die Zahl der Kindstötungen erhöhte sich damit im vergangenen Jahr um 29 Fälle, also 20,4 Prozent. 129 der getöteten Kinder waren demnach noch keine sechs Jahre alt, 2009 waren 123 Babys und Kleinkinder umgebracht worden

Extinguisher

Touristen fliehen vor Waldbrand auf Ibiza

Portinatx (dido) Auf Ibiza, der nach Mallorca zweitgrößten Balearen-Insel, wütet der wohl größte Waldbrand in der Geschichte des Eilandes. Rund 1000 Menschen, darunter 700 Touristen, die vor allem aus Deutschland und Großbritannien stammen, mussten aus Hotels in Portinatx sowie 80 Ferien-Chalets und -Villen evakuiert werden. Eine Schule in San Joan schlossen die Behörden vorsorglich. Etwa 2000 Hektar Wald sollen bereits verbrannt sein.

Nach Einschätzung deutscher Reiseveranstalter ist die Lage für Urlauber auf Ibiza, wo gerade erst die Saison begonnen hat und die Hotels längst noch nicht ausgebucht sind, nicht dramatisch. "Unsere Gäste haben rechtzeitig die von den Flammen bedrohten Hotels verlassen und sind von uns in anderen Hotels untergebracht worden", berichtete eine Sprecherin des Duisburger Reiseunternehmens Alltours. Nach Einschätzung von Mitarbeitern des Unternehmens auf der Mittelmeerinsel breiteten sich die Brände gestern nicht mehr weiter aus, waren aber auch noch nicht unter Kontrolle.

Heart - Black

Mobbing-Seite im Netz - Verdächtiger entpuppt sich als Trittbrettfahrer

Er gab sich als Betreiber der Mobbing-Website iShareGossip aus und wurde vorläufig festgenommen. Nun ist der 25-Jährige wieder frei. Er sei nur ein Trittbrettfahrer, so der Staatsanwalt. Das Team der Website distanzierte sich in einem Blog von dem Lübecker.

Mobbing-Website iShareGossip
© DPAMobbing-Website iShareGossip: Trittbrettfahrer konnte Verlockung nicht widerstehen.
Hamburg - Auf der Mobbing-Website iShareGossip können Jugendliche drohen, beleidigen, pöbeln - und damit Mitschüler und Lehrer fertigmachen. Seit Monaten suchen Ermittler den oder die Betreiber. Nur zu gern würden zahlreiche Mobbing-Opfer und deren Eltern die Verantwortlichen der Beleidigungsplattform zur Rechenschaft ziehen. Nun hat die Polizei in Lübeck einen Verdächtigen festgenommen. Doch wie sich bei der Vernehmung des 25-Jährigen herausstellte, handelt es sich offenbar nicht um den Betreiber der Website.

Heart - Black

Berlin: Gewaltexzess nach Cybermobbing

Sie bepöbelten seine Freundin im Internet als "Schlampe", mobbten sie - doch als ein 17-Jähriger die angeblichen Verfasser der Botschaften zur Rede stellte, schlugen sie und ihre Freunde zu. Ein Mob aus 20 Jugendlichen prügelte den Schüler krankenhausreif, er erlitt schwerste Kopfverletzungen.

Berlin - "Eine der größten Bitches der Schule!!!!" und "Rasier dich mal und wasche dich mehr, geh regelmäßig zur schule lerne Respeckt vor anderen zu haben." - Die Einträge auf einer Mobbing-Internetplattform* haben nur ein Ziel: beleidigen, bedrohen, diffamieren.

Hier wurde auch eine 18-jährige Schülerin der Carl-Bosch-Oberschule in Berlin-Hermsdorf auf übelste Weise bepöbelt und beschimpft. "Schlampe" gehörte noch zu den harmloseren Bezeichnungen. Das habe ihr schwer zugesetzt, sagte ein Polizeisprecher. "Sie litt sehr darunter."

Die Verfasser können auf solchen Seiten ungehindert Grenzen überschreiten, die Kränkungen erfolgen anonym. Doch die 18-Jährige ahnte aufgrund des Inhalts, dass sich hinter den Absendern Mitschülerinnen aus ihrer Klasse verbergen.

Nuke

Greenpeace-Studie: Meeresfrüchte vor Fukushima massiv verstrahlt

Die AKW-Katastrophe von Fukushima wirkt sich messbar auf die Meereswelt aus: Laut einer Untersuchung von Greenpeace liegt die Belastung mit radioaktiven Partikeln bei Fischen, Seetang und Krebstieren teilweise 60-mal höher als die erlaubten Grenzwerte.

AKW Fukushima
© Reuters/Japan Maritime Self-Defence ForceKrisen-AKW Fukushima: Meereswelt teilweise deutlich mit radioaktiven Partikeln belastet.
Tokio - Umweltaktivisten haben in Meeresfrüchten nahe dem havarierten Atomkraftwerk Fukushima hohe Strahlenbelastungen gemessen. Bei 14 von 21 untersuchten Proben hätten die radioaktiven Partikel die gesetzlichen Grenzenwerte für den Verzehr überschritten, teilte die Umweltorganisation Greenpeace Japan am Donnerstag mit.

Zu den analysierten Lebensmitteln gehörten Seetang und Krebstiere. Auch Fische, die in 22 bis 60 Kilometern Entfernung des Atomkraftwerks gefangen wurden, seien untersucht worden. Greenpeace fand erhöhte Werte für Jod 131, Cäsium 134 und Cäsium 137. Bei Seetang seien Werte für radioaktives Jod gemessen worden, die mehr als dem 60-fachen der Grenzwerte entsprechen.

Nuke

Japan: Brand in Atomkraftwerk Fukushima

Neuer Zwischenfall bei Tepco: Diesmal hat es in einem Atomkraftwerk südlich des havarierten Meilers Fukushima Daiichi gebrannt. Das Feuer wurde gelöscht. Tepco versichert, es sei keine Radioaktivität ausgetreten.

Arbeiter im AKW Fukushima Daini
© ReutersNach Erdbeben und Tsunami: Arbeiter untersuchen im März das Atomkraftwerk Fukushima Daini.
In einer japanischen Atomanlage des Betreibers Tepco ist am Freitag ein Feuer ausgebrochen. Der Brand sei schnell gelöscht worden, ein Austritt von Radioaktivität werde nicht befürchtet, teilte Tepco mit. Das Feuer sei in einem Gebäude in der Atomanlage Fukushima-Daini, rund zwölf Kilometer südlich des havarierten Atomkraftwerks Fukushima-Daiichi, ausgebrochen, sagte Tepco-Sprecher Takeo Iwamoto. Die Brandursache werde derzeit ermittelt, Verletzte habe es nicht gegeben.

Bei einem Erdbeben und dadurch ausgelösten Tsunami im März war die Tepco-Atomanlage Fukushima-Daiichi schwer beschädigt worden. Das Atomkraftwerk wurde Schauplatz der schlimmsten Atomkatastrophe seit dem Reaktorunglück von Tschernobyl.

Handcuffs

Frankreich: Strafanzeige gegen Staatssekretär wegen sexueller Belästigung

Bei der französischen Staatsanwaltschaft ist eine Strafanzeige gegen ein Mitglied der Regierung von Staatspräsident Nicolas Sarkozy eingegangen. Die Anzeige richtet sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft gegen den Staatssekretär für den öffentlichen Dienst, Georges Tron. Offenbar wird Tron sexuelle Belästigung vorgeworfen. Wie die Zeitung Le Parisien berichtete, haben zwei Frauen angegeben, dass Tron sie mehrere Male belästigt habe. Eine der Frauen wurde mit den Worten zitiert, sie habe angesichts der Festnahme des ehemaligen IWF-Chefs Dominique Strauss-Kahn den Mut zu einer Anzeige gefasst.

Handcuffs

Mubarak wird vor Gericht gestellt

Die ägyptische Justiz macht den Ex-Staatschef und seine Söhne für den Tod von 850 Menschen verantwortlich.

Kairo - Die ägyptische Revolution macht Ernst: Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den gestürzten Staatschef Hosni Mubarak erhoben. Die Justizbehörden machen Mubarak und seine Söhne Gamal und Alaa für den Tod von etwa 850 Demonstranten verantwortlich, die während der 18-tägigen Revolution von den Sicherheitskräften getötet worden sind. Sollte ein Gericht den Ex-Präsidenten und seine Söhne für schuldig befinden, könnten sie zum Tod verurteilt werden.

Die Anklage gegen Mubarak war seit längerem absehbar. Sie wurde aber, offenbar auf Betreiben des herrschenden Militärrats, hinausgezögert. Die Frage, wer für die Todesschüsse auf die Regimegegner verantwortlich ist, beschäftigt die Öffentlichkeit, seit die Generäle sich offen auf die Seite der Regimegegner gestellt und Mubarak am 11. Februar gestürzt hatten. Mubaraks Innenminister Habib El-Adly muss sich wegen der Todesschüsse bereits vor Gericht verantworten. Auch ihm droht das Todesurteil. Zudem war vor wenigen Tagen ein Polizeioffizier zum Tode verurteilt worden, weil er 20 Demonstranten erschossen haben soll. Am vergangenen Freitag war bei einer Großdemonstration erneut gefordert worden, dass auch der Ex-Staatschef vor Gericht komme.

Bomb

Berlin: Brandanschlag gegen Bahn politisch motiviert

Der Brand an einem wichtigen Berliner S-Bahnhof wirkt sich weiterhin auf Nah- und Fernverkehr aus. Das war das erklärte Ziel derjenigen, die sich zu der Tat bekennen.

Der Brandanschlag gegen die Bahn am Berliner S-Bahnhof Ostkreuz war offenbar politisch motiviert. Die Polizei geht davon aus, dass ein im Internet verbreitetes Bekennerschreiben echt sei. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen. Wegen des Kabelbrandes war es vor allem am Montag zu schweren Störungen im Schienenverkehr gekommen. Zehntausende Menschen waren dadurch betroffen, auch der Fernverkehr war durch wegfallende Regionalzüge und fehlende Anschlussverbindungen beeinträchtigt. Am Dienstag lief noch immer nichts wie sonst.

Laut Bekennerschreiben wollten die Verfasser mit ihrer Tat ein Signal vor allem gegen die Atomindustrie und gegen Waffentransporte setzen. In dem Text heißt es: "Über die Schienen der Deutschen Bahn werden Atomtechnik und Atommüll transportiert." Beides sichere den Weiterbetrieb der Reaktoren und gewährleiste der Atomlobby und der Industrie hohe Profite. Zudem würden über die "staatseigene Deutsche Bahn" Waffensysteme transportiert und "in die weltweiten Kriege" geschickt. Unterschrieben ist das Schreiben mit: "Das Grollen des Eyjafjallajökull".