Einem internationalen Forscherteam ist erstmals der wissenschaftliche Nachweis dafür gelungen, dass es möglich ist, die Körperkerntemperatur, also der Temperatur der lebenswichtigen inneren Organe, willentlich durch Meditation zu beeinflussen.
Meditation, Temperaturkurven
© Kozhevnikov et al. / plosone.org (Komp. Grewi.de)Ansteigende Temperaturkurven während des Tummo vor dem Hintergrund der Detailansicht der Handposition während der Tummo-Meditation.
Singapur - Wie das Team um Professor Maria Kozhevnikov vom Department of Psychology an der National University of Singapore (NUS), zu dem auch der Psychologe Klaus Gramann von der TU Berlin gehört, aktuell im Fachjournal PLoS One berichtet, gelang der Nachweis dieser Fähigkeit in Zusammenarbeit mit tibetischen Nonnen, die die sogenannte Tummo-Meditation, eine tantrische Meditationstechnik des Vajrayana-Buddhismus, praktizieren.

Frühere Studien anhand dieser Meditationstechnik konnten Anstiege der Körpertemperatur in Fingern und Zehen nachweisen (s. Video). Laut den Angaben des Tummo kontrolliere diese Praktik die "innere Energie" und wird von ihren Anhängern in Tibet als eine der heiligsten spirituellen Praktiken verstanden und praktiziert. Klöster, in denen das Tummo praktiziert wird, sind selten und liegen meist in abgeschiedenen Gegenden Tibets, berichten die Forscher.

Die Wissenschaftler selbst erhielten ihre Daten während der Zeremonie des "Inneren Feuers, innerhalb derer die Nonnen und Mönche nachweislich in der Lage sind, ihre Körpertemperatur derart zu erhöhen, dass sie in der Lage sind, selbst bei minus 25 Grad Celsius Außentemperatur nasse Kleidung auf ihrem Körper zu trocknen (s. Video).

Mittels elektroenzephalografischer Aufzeichnungen (EEG) zeichneten die Forscher die Körpertemperatur der Meditierenden auf und beobachteten dabei einen Anstieg der Körperkerntemperatur auf bis zu 38,3 Grad Celsius. Normalerweise liegt diese zwischen 35,8 und 37,2 Grad Celsius. In einer zweiten Untersuchung untersuchten die Forscher auf gleiche Weise die Körpertemperaturen von westlichen Meditierenden, die eine Atemtechnik des Tummo anwendeten. Auch hierbei zeigte sich- wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß - ein Anstieg der Körperkerntemperatur als Folge der Meditation.

Für die Wissenschaftler ergeben sich aus dem Nachweis dieser Fähigkeit auch ganz konkrete mögliche Anwendungen - auch für Meditationsanfänger, in dem es möglich sein könnte, die Körperkerntemperatur durch gezieltes Atmen und Meditation zu regulieren. Eine solche Technik könnte es den Anwendern ermöglichen, sich beispielsweise an kalte Umgebungen anzupassen, die eigene Widerstandsfähigkeit gegen Infektionskrankheiten sowie kognitive Fähigkeiten zu erhöhen und besser mit gesundheitlichen Problemen angesichts zu niedriger Körpertemperaturen umgehen zu können.

Die Auslöser für den willentlichen Anstieg der Körperkerntemperatur durch die Anwendung von Tummo sehen die Forscher zum einen in der angewendeten Atemtechnik (vase breathing, dt.: Vasenatmung) und in der "konzentrierten Visualisierung". Die angewandte Atemtechnik führe zur sog. Thermogenese, also zur Produktion von Wärme durch Stoffwechselaktivität. Bei der konzentrierten Visualisierung, konzentriert sich der Meditierende mental etwa auf das Bild von Flammen konzentriert, die beispielsweise entlang seiner Wirbelsäule auflodern. "Beide Techniken wirken zusammen und führen so zu den erhöhten Temperaturen bis hin in Bereiche moderater Fieberzustände", so die Forscher.

"Schon die Vasenatmung alleine ist ein sicherer Weg, um die Körperkerntemperatur in normalem Umfang zu regulieren", erläutert Kozhevnikov. "Die Anwender, denen ich diese Technik beigebracht habe, waren in der Lage, ihre Körpertemperatur in bestimmtem Umfang zu erhöhen und berichteten danach, sich deutlich kraftvoller und konzentrierter zu fühlen."

Weitere Untersuchungen könnten zukünftig also auch nicht-tibetanische Anwender dieser Meditationstechnik dazu befähigen, durch Vasenatmung ihre Gesundheit und kognitive Leistung zu verbessern

- Die beschriebene Studie finden Sie hier

Dokumentation zum Tummo (unabhängig von der beschriebenen Studie):


Quelle: nus.edu.sg, plosone.org