Die amerikanische Regierung plant Berichten zufolge, den Geheimdiensten des Landes sämtliche amerikanischen Finanzunterlagen zugänglich zu machen. Man will auf diese Weise zukünftige "Verbrechen" verhindern. Lediglich das FBI hatte bisher unbeschränkten Zugang zu diesen Daten. Alle anderen Behörden mussten in jedem Einzelfall eine Genehmigung einholen.
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Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldete, bereitet die Regierung Obama bereits entsprechende Gesetze vor. Diese sollen es den zahlreichen Sicherheits- und Geheimdienstbehörden des Landes gestatten, Einblicke in die Konten und andere Finanzunterlagen amerikanischer Bürger zu nehmen. Diese Maßnahmen sollen, so heißt es, dazu beitragen, "Terrorzellen" aufzuspüren und zu verfolgen, Geldwäsche offenzulegen, der Organisierten Kriminalität auf die Spur zu kommen und Korruption zu erschweren. »Es geht hier um einen Krieg gegen illegale Gelder, gegen Korruption, gegen Personen, die sich politisch exponiert haben, sowie gegen die Organisierte Kriminalität«, erklärte der UN-Berater Amit Kumar vor Vertretern der Taliban und wissenschaftlichen Mitarbeitern der von den Demokraten gegründeten Denkfabrik "Center for National Policy" gegenüber Reuters.

Die Planungen, die erst am 4. März begannen, befinden sich noch in ihrer Anfangsphase. Sie dürften aber kaum auf gesetzliche Hindernisse stoßen, da das amerikanische Recht den Informationsaustausch zwischen Regierungsbehörden nicht verbietet. Menschen- und Bürgerrechtsaktivisten haben allerdings schon erhebliche Bedenken geäußert.

Aus den bisherigen Entwürfen, die Reuters teilweise vorliegen, geht hervor, dass die Datenbanken des amerikanischen Finanzministeriums, die bisher lediglich vollumfänglich dem FBI zur Verfügung standen, nun auch »Strafverfolgungsbehörden, Behörden, die im Zusammenhang mit der "Terrorbekämpfung" tätig sind, Finanzaufsichtsbehörden und den Geheimdiensten« zugänglich gemacht werden sollen. Das dem Finanzministerium unterstellte »Netzwerk zur Bekämpfung von Finanzverbrechen« (Financial Crimes Enforcement Network, FinCEN) sammelt derzeit nicht nur Informationen über Kunden von Finanzinstitutionen, sondern stellt auch Berichte über sogenannte "verdächtige Kundenaktivitäten" zusammen.

Schätzungsweise 25.000 Finanzinstitutionen und -Dienstleister, die in Amerika tätig sind - wie etwa Banken, Unternehmen oder Einrichtungen, die mit Geldverkehr zu tun haben, Wertpapierhändler und Spielkasinos - sind verpflichtet, alle "verdächtigen" Vorkommnisse zu melden. Dazu gehören etwa der Bargeldverkehr in einer Größenordnung über 10.000 Dollar, ungewöhnliche Kontostrukturen, Hackerangriffe auf Computer, Falschgeld und mutmaßliche Geldwäsche.

Um die Banken dazu anzuhalten, verdächtige Machenschaften ihrer Kunden anzuzeigen, drohen den Banken, die dieser Verpflichtung nachweislich nicht nachkommen, hohe Geldstrafen. Daher wollen viele Banken lieber sichergehen. Sie melden künftig alle Aktivitäten, die auch nur ansatzweise ungewöhnlich sind. Jedes Jahr gehen so 15 Millionen Meldungen über »verdächtige Vorkommnisse« beim Finanzministerium ein, das erhebliche Zeit und Mühe aufwenden muss, um sie alle zu bearbeiten.

Sollte es der Regierung Obama gelingen, ihre Pläne einer Überwachung der Finanzangelegenheiten durchzusetzen, dann hätten amerikanische Regierungsbehörden Zugriff auf praktisch alle gespeicherten Informationen zu finanziellen Angelegenheiten ihrer Bürger und von in den USA geschäftlich tätigen Ausländern.

Gegenwärtig erfordert die Ermittlung eines mutmaßlichen Finanzdelikts die Recherche und Auswertung einer Vielzahl verstreuter Informationen. Dazu gehören etwa die Anforderung bestimmter Finanzakten des FinCEN, die schließlich auf eine bestimmte Person oder Personengruppe als Täter hinweisen. Sobald anderen Behörden wie der CIA, der NSA oder dem Zentrum zur Terrorismusbekämpfung uneingeschränkter Zugang zu den FinCEN-Daten eingeräumt würde, wäre es diesen Institutionen möglich, auf breiter Basis gegen eine Person vorzugehen. Sie könnte dann aufgrund einer Straftat verhaftet werden, wegen der noch nicht einmal gegen die betreffende Person ermittelt wurde.

Ein Sprecher des Finanzministeriums beschwichtigte, die Behörden müssten sich an Vorschriften zum Datenschutz und dem Schutz der Privatsphäre halten, die bereits sowohl im sogenannten "Bank Secrecy Act" [Dieses Gesetz aus dem Jahr 1970 verpflichtet Finanzinstitutionen zur Unterstützung staatlicher Maßnahmen gegen Geldwäsche.] und dem "USA PATRIOT Act" verpflichtend festgelegt seien: »Strafverfolgungsbehörden und Mitarbeiter der Geheimdienste mit Zugang zu diesen Informationen "sind an diese Schutzvorschriften gebunden".«

Aber einer der führenden politischen Berater der renommierten amerikanischen Bürgerrechtsbewegung "American Civil Liberties Union", Michael German, sagte gegenüber Reuters, die Geheimdienste »setzen sich über derartige Vorschriften einfach hinweg«, wenn es um die Verwendung privater und sensitiver Informationen gehe. German erinnerte daran, dass der Kongress vor zehn Jahren einen ähnlichen Vorschlag abgelehnt habe, aber heute »werden die Richtlinien immer weiter verwässert ... Es erinnert an ein Schwarzes Loch.«