58 Millionen EU-Bürger besitzen kein eigenes Bankkonto - etwa, weil sie kein eigenes Einkommen haben. Das will die EU-Kommission verhindern. Es soll Änderungen geben, die alle Kunden betreffen.
Banken, Armut
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Klarheit über Gebühren und ein Konto für alle: Die EU-Kommission will die Banken in der Europäischen Union zu mehr Service und Transparenz gegenüber den Kunden verpflichten.

Das geht aus einem Richtlinien-Entwurf vor, der heute von Binnenmarktkommissar Michel Barnier und Verbraucherkommissar Tonio Borg vorgestellt wurde. Die Welt beantwortet die wichtigsten Fragen:

Von den Plänen der EU-Kommission profitiert praktisch jeder, der ein Girokonto hat oder aber gerne eines hätte. Barnier sieht in einem Konto eine wesentliche Voraussetzung, um am Alltagsleben teilnehmen zu können. Deshalb soll künftig jeder EU-Bürger das Recht auf ein eigenes Kontos haben, ganz egal wie wenig jemand verdient oder wie hoch er verschuldet ist.

Wer bereits ein Konto besitzt, soll künftig im Detail über alle anfallenden Gebühren informiert werden. Eine bessere Vergleichbarkeit der Kontogebühren und vereinfachte Wechsel von Bank zu Bank sollen im Interesse der Verbraucher den Wettbewerb stärken.

Warum greift die Kommission ein?

Die EU-Kommission hat Hoffnungen auf eine Selbstregulierung der Bankenbranche aufgegeben. Eine unverbindliche Empfehlung der Kommission aus dem Jahr 2011 zur Einrichtung eines Basiskontos für alle habe kaum Fortschritte gebracht, heißt es in den Kommissionsdokumenten.

Der Initiative müssen das Europaparlament und die EU-Mitgliedstaaten noch zustimmen, Änderungen sind wahrscheinlich.

Warum braucht es ein Grundrecht?

Der EU-Kommission zufolge leben etwa 58 Millionen EU-Bürger ohne Konto - allein in Bulgarien und Rumänien sei jeweils die Hälfte der Bevölkerung betroffen. In Deutschland geht die Zahl der Menschen ohne Konto nach verschiedenen Schätzungen in die Hunderttausende.

Wie vielen Bundesbürgern ein Konto verweigert wird, etwa weil sie zu wenig verdienen oder in der Vergangenheit Schulden angehäuft haben, weiß aber niemand genau. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) klagt, dass vielen Menschen ohne Konto "enorme Mehrkosten" aufgebürdet würden, weil zum Beispiel jede Einzahlung Geld koste. Zudem könnten Menschen ohne Konto Geld nur bar empfangen und keine Käufe im Internet tätigen.

Wie soll das EU-Basiskonto aussehen?

Die EU-Richtlinie würde jeden Mitgliedstaat verpflichten, dafür Sorge zu tragen, dass mindestens ein Bankinstitut jeden Kunden akzeptiert. Diese Bank müsste dann ein Guthabenkonto für den üblichen Zahlungsverkehr anbieten. Überziehungen sind dagegen nicht vorgesehen.

In Deutschland haben bislang nur einige wenige Bundesländer ihre Sparkassenverbände verpflichtet, jedermann ein Konto anzubieten. Einen flächendeckenden Rechtsanspruch gibt es dagegen nicht.

Wie profitieren die Inhaber eines Kontos?

Alle Banken sollen künftig ihre Kunden über die angefallenen Gebühren der vergangenen zwölf Monate informieren. Dabei sollen die verschiedenen Entgelte wie Überziehungszinsen oder die Nachsendung von Kontoauszügen nach einem einheitlichen Standard aufgeschlüsselt werden.

So sollen Kunden einfacher zwischen den Angeboten der verschiedenen Geldinstitute vergleichen können. Zudem sieht die Richtlinie in jedem Land die Einrichtung mindestens eines unabhängigen Online-Vergleichsportals vor.

Was soll sich beim Wechsel von Konten ändern?

Geht es nach der EU-Kommission, müssen wechselwillige Kontoinhaber in Zukunft nur noch den Vertrag bei der neuen Bank unterschreiben. Auf Wunsch der Verbraucher müssen sich dann die Banken um den Rest kümmern. Dies betrifft sowohl die Überweisung des alten Guthabens, die Übernahme der laufenden Daueraufträge als auch die Auflösung des alten Kontos.

Zudem will die Kommission einheitliche Standards über die Kosten und die maximale Zeitspanne eines solchen Wechsels. Weiterhin sollen EU-Bürger künftig in jedem Staat ein Konto eröffnen können, davon profitieren etwa Austauschstudenten oder Saisonarbeiter.

AFP/mol