Die EU stellt sich auf die Seite der Deutschen Telekom - und will die Gleichbehandlung von Daten im Internet aufgeben. So sollen Verträge über "Daten unterschiedlicher Qualitätsklassen" erlaubt sein.
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© dpaProteste vor der Hauptversammlung der Deutschen Telekom Mitte Mai: Die Sorge vor einem Zwei-Klassen-Internet treibt viele Netzaktivisten um
Die EU-Kommission will laut einem Zeitungsbericht die Gleichbehandlung der Bürger im Internet aufgeben. Daten sollen demnach auch unterschiedlich schnell im Netz übertragen werden können.

"Inhalteanbieter und Telekommunikationsprovider sind frei, miteinander Vereinbarungen zum Umgang mit Volumentarifen der Kunden und der Übertragung von Daten unterschiedlicher Qualitätsklassen zu schließen", heißt es laut Handelsblatt in einem Entwurf für die Regulierung des europäischen Telekommarktes. Das Papier aus dem Haus der zuständigen EU-Kommissarin Neelie Kroes liegt der Zeitung vor.

Zur sogenannten Netzneutralität gehört nach Auffassung von Experten, dass im Internet keine Daten bevorzugt oder aus kommerziellen Interessen schneller als andere übertragen werden dürfen.

Telekom hatte das Thema hochgebracht

Das Thema war in Deutschland hochgekocht, nachdem die Deutsche Telekom angekündigt hatte, künftig bei Überschreiten bestimmter Datenmengen das Tempo für die Übertragung zu drosseln. Allerdings sollte ein eigener Video-Dienst davon ausgenommen werden.

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatte bereits angekündigt, die Netzneutralität mit einer neuen Verordnung zu verteidigen, und kritisierte nun Kroes' Pläne: "Das, was wir gesehen haben, reicht uns in Bezug auf die Gewährleistung der Netzneutralität nicht aus", sagte er dem Handelsblatt.

Ihm komme es darauf an, das Internet auch für die Zukunft mit einer gleichberechtigten Datenübermittlung zu gewährleisten. Diese Position werde die Bundesregierung auch gegenüber der Kommission in Brüssel vertreten.

Rösler nannte es das gute Recht von Netzbetreibern, neue Geschäftsmodelle ausschöpfen zu wollen. Ihm gehe es aber darum, die Interessen der Internetznutzer, Netzbetreiber und Inhalteanbieter "sauber auszutarieren".

"Die Wahrung der Netzneutralität und die Ermöglichung neuer Geschäftsmodelle für die Netzbetreiber schließen sich aus meiner Sicht nicht aus", sagte er.

Rösler sprach davon, dass die EU zudem mit ihrem Modell in die Souveränität der Mitgliedsländer eingreifen wolle. "Ob und in welchem Umfang wir Zuständigkeiten im Telekommunikationsbereich nach Brüssel geben sollten, ist sowohl national als auch mit den anderen Mitgliedsländern erst noch zu klären", sagte der Minister.

dpa/Reuters/lw