Bei dem Zugunglück in Kellmünz wurden drei Menschen schwer verletzt. Der Triebwagen des Regionalbahn landete in den Vorgärten. Augenzeugen berichten.
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Dass am Mittwoch nicht mehr passiert ist, kann man angesichts des Trümmerhaufens, der sich ein paar hundert Meter vom Bahnübergang in Kellmünz bietet, kaum glauben. Der Triebwagen der zweiteiligen Regionalbahn liegt neben den Gleisen in Gärten. Dass aus dem total demolierten Unfallauto die Fahrerin lebend, wenn auch schwerstverletzt gerettet werden konnte, grenzt an ein Wunder.

Das schwere Zugunglück hat sich am Mittwochmorgen in Kellmünz im Landkreis Neu-Ulm ereignet. Dabei wurden drei Menschen schwer verletzt, zehn Menschen erlitten leichte Verletzungen.

Eine 46 Jahre alte Autofahrerin aus Osterberg hat gegen 6.55 Uhr mit ihrem Pkw in Kellmünz den Bahnübergang überquert. Dabei übersah sie den herannahenden Regionalzug, der auf dem Weg von Ulm in Richtung Memmingen war.

Triebwagen und Auto stürzen in Gärten

Der 42-jährige Lokführer legte sofort eine Vollbremsung ein. Doch er hatte keine Chance. Der vordere Triebwagen des zweiteiligen Zuges erfasste das Auto der Frau. Durch den Zusammenstoß - laut Information der Bahn kann ein Zug in diesem Bereich noch 140 Stundenkilometer schnell fahren - wurde die Lok aus den Schienen gerissen, drehte sich um 180 Grad und landete etwa 500 Meter von Bahnübergang entfernt in zwei Gärten des benachbarten Wohngebiets „lllerau“. Auch der angehängte Waggon entgleiste, blieb aber dennoch auf den Schienen stehen. Glücklicherweise hielt sich zu der frühen Zeit noch niemand in den Gärten auf.

Drei Menschen schwer verletzt

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© Alexander KayaEin Zug hat am Mittwochmorgen in Kellmünz ein Auto erfasst. Der vordere Triebwagen stürzte um und kippte in einen Vorgarten. Drei Menschen wurden schwer verletzt.
Die Autofahrerin wurde in ihrem Pkw eingeklemmt und schwerst verletzt. Aus dem Zug, der mit circa 50 Personen besetzt war, wurde ein 21 Jahre alter Fahrgast aus Altenstadt herausgeschleudert. Er erlitt schwere Verletzungen, wie auch ein 51 Jahre alter Zuginsasse. Zehn Menschen wurden leicht verletzt - darunter auch der 42 Jahre alte Lokführer. Die Schienen sind an der Unfallstelle regelrecht verbogen.

An dem Bahnübergang gibt es keine Schranken, sondern lediglich eine Blinkwarnanlage. Es wird spekuliert, ob die Autofahrerin von der Sonne geblendet war und deshalb das warnende Blicklicht übersehen hatte.

Augenzeugen schildern das Zugunglück

Augenzeugen schildern das Unglück: Der 18 Jahre alte Bastian Miller aus Betlinshausen berichtet von einem unbändigen Aufprall, dass „alles wackelte“. Er saß im Zug und wollte nach Memmingen - in dem Waggon, der in den Gleisen stehen blieb. Dann sah er durchs Fenster wie der abgerissene und sich drehende Triebwagen quasi auf sie zusteuerte und schließlich neben den Gleisen in den Gärten landete. "Ich wollte nur noch raus aus dem Zug", sagt der junge Mann, der mit einem Schrecken davon kam.

"Von einem riesen Knall und einer ebenso großen Staubwolke", berichtet Karl Stetter, Anwohner der Weiherstraße, die in den Steinweg mündet. Er habe sofort aus dem Fenster geschaut. Der angehängte Waggon sei zunächst noch ungebremst weitergefahren, dann aber zum Stehen gekommen. Die Leute hätten geschrien. Von der benachbarten Firma Butzbach seien sofort Mitarbeiter mit Leitern gekommen und hätten den Fahrgästen geholfen aus den Fenstern zu klettern.

Bürgertelefon für besorgte Angehörige

Die Bahnstrecke Ulm-Memmingen ist seit dem Unfall komplett gesperrt. Ein Schienenersatzverkehr wurde eingerichtet. Busse verkehren zwischen Illertissen und Memmingen. Die Strecke soll laut Angaben der Bahn voraussichtlich für mehrere Tage gesperrt sein. Für die Angehörigen wurde ein Bürgertelefon eingerichtet. Tel.: 0831-9909-1111.

Ein Reparaturzug ist unterwegs, der die verbeulten Gleise richten soll. Ebenfalls wurde ein Schwerlastkran aus Warnemünde angefordert, der den Triebwagen aus den Gärten bergen soll.

Am Unglücksort ist ein Großaufgebot an Einsatzkräften. Über 70 Feuerwehrleute der Feuerwehren Kellmünz, Altenstadt, Babenhausen, Illertissen und Weiler sind im Einsatz. Mehrere Notfallseelorger und Mitarbeiter des Kriseninterventionsteams kümmern sich um Verletzte und Angehörige. Etliche Zuginsassen standen unter Schock.

Mindestens zwei Rettungshubschrauber und zwei Hubschrauber der Polizei sind gelandet. Bundespolizei und Polizei aus Bayern und Baden-Württemberg sind an der Unglücksstelle sowie Notfallmanager der Deutschen Bahn.


Die Schadenshöhe wird unter anderem aufgrund des an den Gleisen entstanden Schadens im Bereich von 2,5 Millionen Euro liegen, berichtet die Polizei. Die Staatsanwaltschaft hat einen Gutachter zur Klärung der Unfallursache beauftragt. Der Ermittlungsdienst der Bundespolizei ist zur Auswertung der Bahntechnik sowie zum Auslesen des Datenspeichers involviert. Bei der sachbearbeitenden Polizeiinspektion Illertissen wurde eine Ermittlungsgruppe eingerichtet. Hinweise auf einen Defekt der Lichtsignalanlage liegen nach Angaben der Polizei derzeit nicht vor.