Update: Unten finden sich jetzt noch Präsentationsfolien zu “Xkeyscore”.

Der SPIEGEL berichtet in einer Vorabmeldung, dass der Bundesnachrichtendienst BND und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eng mit der National Security Agency (NSA) zusammenarbeiten. Das ist keine große Überraschung, wir haben das bereits vermutet. Allerdings versuchte unserer Bundesregierung in den vergangenen Wochen, vor allem unser Bundesinnenminister Friedrich, etwas anderes zu suggerieren.
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Der SPIEGEL hat Einblick in eine interne NSA-Präsentation aus dem Februar 2008 erhalten, die von Edward Snowden mitgenommen wurde. In der Präsentation wird ein System namens “XKeyscore” beschrieben, was “annähernd die digitale Totalüberwachung” ermöglichen soll. Dieses Tool soll von BND und BfV eingesetzt werden:
Ausgehend von Verbindungsdaten (“Metadaten”) lässt sich darüber beispielsweise rückwirkend sichtbar machen, welche Stichworte Zielpersonen in Suchmaschinen eingegeben haben. Zudem ist das System in der Lage, für mehrere Tage einen “full take” aller ungefilterten Daten aufzunehmen - also neben den Verbindungsdaten auch zumindest teilweise Kommunikationsinhalte. Monatlich hat die NSA Zugriff auf rund 500 Millionen Datensätze aus Deutschland - davon wurden im Dezember 2012 etwa 180 Millionen von “Xkeyscore” erfasst.
Mit anderen Worten: Wenn wir hier eine Vorratsdatenspeicherung haben, so haben über unseren Verfassungsschutz die US-Geheimdienste auch Zugriff auf die Daten. Eine spannende Frage ist, ob die Software irgendwelche Hintertüren hat und die NSA einfach mal die komplette Überwachungsinfrastruktur von BND und Verfassungsschutz ohne zu Fragen und ohne Rechtstaatssimulation mitnutzen kann. Und wie werden eigentlich die 320 Millionen anderen Datensätze gesammelt?

In den Dokumenten lobt die NSA “die deutschen Kollegen als Schlüsselpartner”. Und der Bundesnachrichtendienst tritt wohl innerhalb der Bundesregierung als Lobbyist für weniger Datenschutzregeln ein:
“Der BND hat daran gearbeitet, die deutsche Regierung so zu beeinflussen, dass sie Datenschutzgesetze auf lange Sicht laxer auslegt, um größere Möglichkeiten für den Austausch von Geheimdienst-Informationen zu schaffen”, notierten NSA-Mitarbeiter im Januar. Im Lauf des Jahres 2012 habe der Partner sogar “Risiken in Kauf genommen, um US-Informationsbedürfnisse zu befriedigen”.
Danke dafür. Auch das wussten wir, aber es ist immer wieder nett, das so deutlich irgendwo zu lesen um darauf referenzieren zu können. Aber komisch, dass unser Bundesinnenminister nichts mitbekommen haben will, der für den Bundesverfassungsschutz zuständig ist. Und wo ist überhaupt Pofalla?

Wir sind gespannt, was uns unsere Bundesregierung kommende Woche für Märchen erzählen wird. Hauptausrede wird vermutlich sein, dass man nicht konkret nach XKeyscore gefragt habe. Damit sollte man sich aber nicht abfertigen lassen.

Dir gefällt das alles gar nicht? Kommenden Samstag kann man in vielen Städten in Deutschland aus Protest gegen die allumfassende Überwachung auf die Straßen gehen.

Update: Die brasilianische Medienseite O Globo Mundo hat Folien zu XKeyscore veröffentlicht.