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Aus auftauenden Meeresböden der Arktis entweicht offenbar weit mehr Methan in die Atmosphäre als bisher angenommen. Dies haben Wissenschaftler aus den USA, Russland und Schweden auf der Grundlage von Messungen im ostsibirischen Schelfmeer errechnet.

Fairbanks. Methan zählt wie zum Beispiel Kohlendioxid, Lachgas und Wasserdampf zu den Treibhausgasen. Diskutiert wird über Methan schon länger in Verbindung mit der Gefahr, dass aufgrund der Erwärmung Permafrostböden auftauen. Von Permafrostböden sprechen Wissenschaftler, wenn die Temperatur mindestens zwei Jahre lang unterhalb von null Grad Celsius bleibt. In vielen Gebieten der Arktis ist selbst unter den Schelfmeeren, das heißt den vergleichsweise flachen Meeren im Bereich des Sockels der Landmassen, Permafrost zu finden. Wenn die Temperatur steigt, bedeutet dies unter anderem, dass die Stoffwechselaktivität von Mikroorganismen zunimmt. Dies kann dazu führen, dass das Treibhausgas Methan freigesetzt wird, das die Erwärmung verstärkt. Methan ist auch im Erdgas enthalten. Es ist dessen Hauptbestandteil.

Neben der steigenden Temperatur begünstigten insbesondere die häufigen Stürme in der Arktis das Austreten des Treibhausgases in die Atmosphäre, schreibt die internationale Forschergruppe im Fachjournal Nature Geoscience. In den Böden des Nordpolarmeers lagern riesige Mengen Methan, dessen Moleküle aus einem Kohlenstoffatom und vier Wasserstoffatomen aufgebaut sind. Sorge bereitet Wissenschaftlern die Freisetzung von Methan nicht zuletzt deshalb, weil es als Treibhausgas um ein Vielfaches stärker wirkt als Kohlendioxid. Wenn das Gas im Wasser in Blasen aufsteigt, kann es sich auf dem Weg zur Oberfläche im Wasser lösen oder aber am Ende von der Oberfläche aus in die Atmosphäre gelangen. Grundsätzlich gilt: Je schneller die Blasen emporsteigen, desto weniger Methan wird im Meer abgebaut. Die internationale Forschergruppe um Natalia Shakhova von der University of Alaska in Fairbanks hat den Methanaustritt in der südlichen Laptewsee im ostsibirischen Schelfmeer untersucht. Das Gebiet mit einer mittleren Wassertiefe von weniger als 50 Metern gilt als sehr methanreich. Die Wissenschaftler erfassten die aufsteigenden Blasen im Wasser mithilfe akustischer Messungen. Außerdem maßen sie die Methanwerte im Meer und über dessen Oberfläche. Sie achteten dabei auch auf den Einfluss von Stürmen, die in der Region an bis zu 70 Tagen pro Jahr auftreten. Zudem bohrten sie bis zu 57 Meter tief in die Sedimente unter dem Meer.

In der untersuchten Schicht des Meeresbodens lag die Temperatur zwischen minus 1,8 und null Grad Celsius. Wegen des Salzgehalts waren die Sedimente trotz der relativ niedrigen Temperatur nicht gefroren. Nach Stürmen gelangten der Studie zufolge vermehrt Blasen an die Wasseroberfläche. Auf der Grundlage ihrer Messungen schätzen die Forscher, dass vom ostsibirischen Schelfmeer - das ein Viertel des gesamten arktischen Schelfs stellt - jährlich 17 Megatonnen, das heißt 17 Millionen Tonnen, Methan in die Atmosphäre gelangen, weit mehr als bisher vermutet. Dies sei sogar eine konservative Schätzung, betonen die Wissenschaftler. Sie nehmen an, dass die Erwärmung des Wassers, das Schwinden der Eisdecke und zunehmende Stürme den Methanausstoß beschleunigen werden. In der küstennahen Zone stiegen die Temperaturen der unteren Wasserschicht demnach binnen 14 Jahren um ein halbes Grad Celsius.

Wie Professor Gerhard Bohrmann vom Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (MARUM) der Universität Bremen erklärt, lassen sich die Erkenntnisse auf andere arktische Gewässer übertragen, so zum Beispiel auf die vor Nordamerika.