Die Nachwirkungen der Transplantationsskandale an mehreren Unikliniken sind bei den potenziellen Spendern angekommen: Sie zweifeln an den Werten der Ärzte und an der Einhaltung der Vorschriften.
Organhandel, Transplantation
© dpaKühlbox für menschliche Organe: Die Spendebereitschaft unter den Deutschen ist gesunken.
Gütersloh. Nach dem Transplantationsskandal an deutschen Kliniken ist die Bereitschaft zur Organspende stark gesunken. Das geht aus dem Gesundheitsmonitor hervor, den die Bertelsmann Stiftung und die Barmer GEK veröffentlichten. Gaben 2011 noch 62 Prozent der Bundesbürger ohne Spenderausweis an, prinzipiell zu einer Spende bereit zu sein, sind dies jetzt nur noch 48 Prozent. Von den befragten Besitzern eines Organspende-Ausweises gaben drei Prozent diesen wegen des Skandals sogar wieder ab. Aktuell hat derzeit nur jeder fünfte Bürger einen solchen Ausweis ausgefüllt.

Für den Gesundheitsmonitor wurden insgesamt 1975 Bürger befragt. Dramatisch niedrig ist demnach das Vertrauen, dass bei der Organvergabe die geltenden Regeln eingehalten werden. Nicht einmal jeder fünfte Befragte (19 Prozent) geht davon aus, dass Kliniken die Vorgaben befolgen. Auch die Transplantationsmediziner büßten an Ansehen ein. Die Mehrheit der Bürger (56 Prozent) glaubt, dass der Arzt sich - bei Vorliegen eines Organspende-Ausweises - mehr für die Organe als für sie selbst interessiert. Vor den Skandalen sagten das nur 46 Prozent.

An mehreren Universitätskliniken waren Manipulationen im Zusammenhang mit Lebertransplantationen aufgedeckt worden. In der Folge brachen die Spenderzahlen in Deutschland im vergangenen Jahr dramatisch ein und sanken in den ersten zehn Monaten dieses Jahres auf einen neuen Tiefstand. Von Januar bis Oktober gab es nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) insgesamt 754 Organspender, das waren 15,5 Prozent weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

39 Prozent der Befragten geben an, dass die Fälle, in denen Kliniken gegen die Transplantationsregeln verstoßen haben, ihre generelle Einstellung gegenüber Organspenden maßgeblich beeinflusst haben. Die nach den Skandalen eingeführten Verbesserungen bei Aufklärung und Kontrolle hätten sich bislang noch nicht positiv auf das Meinungsbild der Bürger ausgewirkt, erklärte Marlies Ahlert von der Universität Halle-Wittenberg, die die Studie betreut hat. Zwei Drittel der Bürger sind gleichwohl für eine einheitliche Erfassung der Spendebereitschaft und unterstützen das geplante zentrale Organspende-Register.

afp