Seit es in den 1960er Jahren entdeckt wurde, sorgt ein jungsteinzeitliches Wandgemälde im türkischen Catalhöyük für wissenschaftliche Kontroversen - sehen einige Archäologen darin doch die älteste Landkarte der Welt. Dieser Interpretation widersprechen andere Forscher jedoch und vermuten viel eher stilisierte Darstellung eines Leoparden. Jetzt konnten US-Geologen gemeinsam mit türkischen Archäologen die Karten-Theorie bestätigen und zeigen, dass das Bild tatsächlich topografisch genau einen einstigen Vulkanausbruch in der Gegend darstellt.
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© Sarah Murray, Flickr / CC BY-SA 2.0Die Wandmalerei aus Catalhöyük in einer Raumrekonstruktion im Museum für anatolische Geschichte.
Los Angeles (USA) - Wie die Forscher um Axel Schmitt von der University of California Los Angeles (UCLA) aktuell im Fachjournal PLoS One berichten, zeigt das mit Okar an die Wand eines der Häuser der jungsteinzeitlichen Großsiedlung - in der zwischen 7.400 und 6.200 v.Chr. bis zu 2.500 Menschen lebten - gemalte Bild ein drei Meter langes geometrisches Muster, das von einigen Betrachtern als eine Art Stadtplan gedeutet wird. Über diesem Muster stellt eine gepunktete Fläche zwei geschwungen kegelförmige Auswüchse dar, aus deren Spitzen heraus weitere Punkte und Linien emporsteigen. In diesem Detail sehen einige Forscher nun einen Vulkanausbruch - andere einen stilisierten Leoparden. Das Original befindet sich heute im Museum für anatolische Geschichte in Ankara.

Nachdem er durch türkische Kollegen von der Kontroverse um die Interpretation des Gemäldes erfahren hatte, machte sich Schmitt selbst ein Bild der Situation vor Ort. Schnell zweifelte auch er, dass die Leoparden-Theorie nicht alle Details der Darstellung erklären könne. Stattdessen fiel auch ihm die Ähnlichkeit des geometrischen Musters mit den Grundmauern von Catalhöyük auf. Die beiden Kegel deutete er als den benachbarten Berg Hasan Dag.

Die Idee, das Wandgemälde könne nicht nur die Siedlung sondern auch die Bergkette und zugleich einen einstigen Vulkanausbruch zeigen, lies den Geologen nicht ruhen - hatte er doch die Mittel und Werkzeuge, diese Theorie zu überprüfen.
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© UnbekanntGrafische Rekonstruktion der Gebäudestruktur von Catalhöyük.
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© A. Schmitt, ucla.eduAbgleich der "Karte von Catalhöyük" mit den geografischen und geologischen Gegebenheiten vor Ort.
Tatsächlich gelang es Schmitt und Kollegen nun anhand von Bodenproben von den Gipfeln des Hasan Dag nachzuweisen, dass es zur Zeit der Entstehung des Wandgemäldes tatsächlich in besagter Gegend zu vulkanischer Aktivität gekommen war.

Mit Hilfe des in der Erdkruste vorkommenden und sehr lange haltbaren und uranhaltigen Minerals Zirkon, konnten die Wissenschaftler anhand des Uranzerfalls das Alter der Gesteins- und Bodenproben bestimmen. "Die Zirkon-Datierung ist ein neues Datierungswerkzeug", erläutert Schmitt und führt weiter aus: "Die Kohlenstoffdatierung (C-14) kann nicht auf nichtorganische Materialien wie vulkanisches Gestein angewandt werden."

Die Datierung bestätigte, dass der Hasan Dag vor etwa 8.970 Jahren (+/- 640 Jahre) ausgebrochen war. Dadurch erscheint es für die Forscher durchaus plausibel, dass das Wandgemälde genau diese vulkanische Aktivität abbilden könnte.
"Zusammengenommen belegen unsere Analyseergebnisse magmatische Aktivität auf dem Hasan Dag und stellen damit die erste radiometrische Bestätigung für eine explosive Eruption dar, die von Menschen in der Gegend beobachtet wurde", so Schmitt. "Geologisch und geochronologische Indizien und Beweise stützen damit die Interpretation (des Gemäldes), wonach die Bewohner von Catalhöyük hier einst den Ausbruch des Hasan Dags dargestellt haben."

Mit der neuen Datierungsmethode will Schmitt sich nun auch anderen prähistorischen und antiken Darstellungen - etwa auf römischen Münzen - annehmen, die ebenfalls als Abbildungen von Vulkanausbrüchen interpretiert werden. "Ein weiteres Beispiel ist die Schilderung des griechischen Geschichtsschreibers Strabon, der Feuer in Verbindung mit einem Berg beschreibt. Bislang gibt es dazu jedoch keine wissenschaftlichen Daten. Diese kann ich jetzt liefern."

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Quelle: ucla.edu