Bild
© Dominique MeienbergDrei der grössten Fälle von Wirtschaftskriminalität im letzten Jahr betrafen die Finanzbranche: Eine Szene vom Paradeplatz
Wirtschaftskriminelle haben in der Schweiz im letzten Jahr massiv mehr Schaden verursacht. In jeden zweiten Fall war ein Manager involviert.

Die vor Schweizer Gerichten verhandelte Deliktsumme im Bereich Wirtschaftskriminalität stieg 2013 im Vergleich zu 2012 um zwei Drittel auf 830 Millionen Franken. Ins Gewicht fielen vier besonders schwere Fälle. Die Schadenshöhe in diesen vier Strafverfahren belief sich auf 559,4 Millionen Franken, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Erhebung des Beratungsunternehmens KPMG Schweiz hervorgeht. In drei Fällen kamen die Betrüger aus dem Finanzsektor.

Am Zürcher Obergericht wurde im letzten Mai ein Fall eines ehemaligen Bankdirektors verhandelt, der Kundengelder mit gefälschten Devisengeschäften und Handelstransfers veruntreute. Er verursachte einen Schaden in der Höhe von 150 Millionen Franken. In einem ähnlichen Fall sprach das Schwyzer Strafgericht einen Mann wegen Devisenhandelsbetrugs schuldig. Er prellte mehrere Hundert Investoren um insgesamt 125 Millionen Franken. Ein ehemaliger Bankangestellter stand im letzten April in Genf im Fokus. Das Strafgericht verurteilte ihn wegen Veruntreuung von 134,4 Millionen Franken.

Die Dunkelziffer ist hoch

Den grössten Schaden richteten laut KPMG Manager an, die für einen Gesamtschaden von rund einer halben Milliarde Franken sorgten. Von den im letzten Jahr 58 verhandelten Fällen waren sie in 25 involviert. Kaderleute hätten oftmals mehr Möglichkeiten, Betrug zu begehen, da sie über detaillierte Kenntnisse und einfacheren Zugang zu den entscheidenden Unternehmensdaten verfügten, schreibt KPMG.

KPMG betont, dass die von Wirtschaftskriminalität betroffenen Firmen lange nicht alle Fälle vor Gericht bringen würden. Das Beratungsunternehmen geht deshalb von einer hohen Dunkelziffer aus und rechnet damit, dass die Anzahl Fälle insgesamt weiter steigen wird. Als Grund sieht KPMG auch die Finanz- und Wirtschaftskrise, in deren Nachgang mehr Verfahren zu erwarten seien. Denn Wirtschaftsdelikte würden meist erst nach zwei bis drei Jahren aufgedeckt.

Neben Finanzinstituten und Unternehmen geraten zunehmend öffentliche Verwaltungen ins Visier von Betrügern. Sie wurden in 18 Fällen Opfer von Wirtschaftskriminalität. Die häufigsten Vergehen stellten dabei Sozialversicherungsbetrug und ungetreue Geschäftsbesorgung (je 8 Fälle) dar. Eine genauere Aufschlüsselung war bei KPMG auf Anfrage nicht zu erhalten.

Die meisten Fälle im Kanton Zürich

Wie schon im Vorjahr wurden die meisten Fälle vor Gerichten im Kanton Zürich verhandelt. Die Zahl der Fälle sank zwar um ein Drittel auf 21. Der Gesamtschaden kletterte aber von 178,7 Millionen auf 252,8 Millionen Franken. Damit liegt Zürich an der Spitze vor dem Tessin, wo der Gesamtschaden von 74,6 Millionen auf 188,5 Millionen nach oben schoss.

Bei den meisten verhandelten Fällen vor Schweizer Gerichten ging es um Veruntreuung (20 Fälle) und ungetreue Geschäftsbesorgung (12 Fälle). Am häufigsten gaben die Beschuldigten an, das Geld für Glücksspiele, Luxusgüter und die Finanzierung des eigenen Lebenswandels verwendet zu haben.

Die Basis der diesjährigen «KPMG Forensic Fraud Barometer» bilden Wirtschaftsfälle mit einer Deliktsumme von mindestens 50'000 Franken, die 2013 vor einem Schweizer Strafgericht abgeschlossen und über die in der Presse berichtet wurde.