plutonium
© unbekanntPlutonium hat eine Halbwertszeit von 24110 Jahren

Akute Gesundheitsschäden drohen ab 500 Millisievert. Ist die Dosis nur moderat erhöht, kann auch das bereits Folgen nach sich ziehen. Die Wahrscheinlichkeit, spätere Gesundheitsprobleme zu erleiden, hängt von der Stärke der Strahlung ab. Hier sind sieben Antworten zu Fragen der aktuellen atomaren Bedrohungslage.

Strahlung kann in Form von unsichtbarem und sichtbarem Licht in Erscheinung treten, aber beispielsweise auch als „Elektrosmog“ von Radiosendern und Handys. Hierbei handelt es sich um eine Strahlung von niedriger Energie. Wird lebendes Gewebe von ihr getroffen, verwandelt sich die abgegebene Energie in Wärme. Viel Wärme empfinden wir bei Sonnenlicht und eine Handystrahlung ist kaum zu spüren. Diese Erscheinungen sind nicht zu vergleichen mit einer Strahlung, die bei einem radioaktiven Zerfall von Elementen, wie Uran, freigesetzt wird.

Die so entstandene Strahlung kann sehr viel mehr Energie transportieren. Da sie so hoch ist, kommt es im Gewebe zu einer sogenannten Ionisierung. Sie wirkt ständig unmerklich, manchmal auch merklich auf den Menschen ein. Sie kann in den Zellen wichtige Moleküle schädigen, indem sie Elektronen herauslöst. Wenn das Erbmolekül DNS getroffen wird, kann es auch zu Krebs oder bei den Nachkommen zu Erbschäden führen.

Was bedeutet Becquerel?

Die Maßeinheit Becquerel tauchte nach der Katastrophe in Tschernobyl auf. Ein weit verbreiteter Irrtum unter der Bevölkerung war, dass viele Becquerel auch automatisch mit einem hohen gesundheitlichen Risiko verbunden seien. Das Becquerel bedeutet ein Maß für Radioaktivität. Die mit der Aussendung von Strahlung verbundenen Kernumwandlungen von Isotopen pro Sekunde, wie etwa des Jods oder des Caesiums, werden in einer Zahl angegeben, beispielsweise in einem Kilogramm Lebensmittel oder Kubikmeter Luft.

Wenn keine große Genauigkeit erforderlich ist, lässt sich diese Aktivität mit Messgeräten rasch ermitteln. Daher waren nach Reaktorunglücken die Angaben in Becquerel beliebt. Lange Listen mit Caesium-Aktivitätswerten bei zufällig entnommenen Proben von Lebensmitteln waren noch Jahre nach der Katastrophe in Tschernobyl im Umlauf. Daran orientierten sich viele Menschen. Aber über die Belastung sagten die Stichproben der aktuell zum Verzehr gedachten Produkte praktisch nichts aus.

Weshalb bedarf es Dosis-Angaben?

Aus der Aktivität der Strahlung von Lebensmitteln oder der Umwelt lassen sich nicht direkt Gesundheitsgefahren ableiten. Es muss mindestens bekannt sein, welche wirksame Menge an Strahlung der Körper aufgenommen hat. Es muss wie bei einem Medikament oder auch einem Gift die Dosis ausfindig gemacht werden. Das ist wesentlich schwieriger als die reine Aktivitätsbestimmung. Die biologische Wirkung von ionisierender Strahlung beruht darauf, Energie auf den Körper zu übertragen. Deshalb bedeutet es eine erste Annäherung, die sogenannte Energiedosis zu ermitteln. Hierfür wird die Maßeinheit Gray verwendet. Sehr groß ist 1 Gray. Aus diesem Grund rechnet man in der Praxis meistens mit einem Tausendstel, sogar mit Millionstel Gray, das heißt mit Milligray oder Mikrogray. Aus Japan hört man zurzeit von Werten dieser Bereiche. Eine genaue Zuordnung erscheint jedoch schwierig.

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Man muss bei der ionisierenden Strahlung nicht nur die Art berücksichtigen (Alpha-, Beta-, Gamma- und Röntgenstrahlung) sondern auch die Energieabgabe im Körper, die unterschiedlich sein kann. So dringt Alphastrahlung kaum ein, übt aber auf das getroffene Gewebe in ihrer biologischen Wirkung ca. das 20-fache der Gamma- und Betastrahlung aus. Auf engstem Raum kann sie unzählige Ionisierungen erzeugen. Für die gesundheitliche Bewertung ist jedoch die biologische Wirkung bedeutsam. Daher wird aus der Energiedosis die sogenannte Äquivalentdosis. Angegeben wird sie in Sievert, Milli- oder Mikrosievert.

Die ionisierende Strahlung ist nicht für alle Körperteile in gleicher Weise schädlich. So ist die Haut beispielsweise recht widerstandsfähig. Von den inneren Organen sind manche deutlich anfälliger. Das hat man zum Anlass genommen, bei der Strahlendosisberechnung die unterschiedlichen Empfindlichkeiten der Organe zu beachten. Es spezialisierte sich eine organ- beziehungsweise gewebespezifische Gewichtung heraus. Aus der Äquivalentdosis entsteht dadurch die effektive Dosis. Sievert als Maßeinheit bleibt erhalten.

Welcher Strahlung sind wir ausgesetzt?

Es gibt eine natürliche Radioaktivität. Sie bewirkt, dass in Deutschland jeder Bewohner im Durchschnitt eine effektive Dosis von etwas über zwei Millisievert pro Jahr abbekommt. Dieser Mittelwert hat allerdings große mögliche Abweichungen nach oben und unten. Die Dosis setzt sich durch Strahlung aus der Umwelt und unserem eigenen Körper - er enthält radioaktives Kalium - zusammen. Im menschlichen Gewebe sind durchschnittlich 130 Becquerel/pro Kilogramm vorhanden. Auch hängt die Umweltstrahlung vom Aufenthaltsort ab. So ist die kosmische Strahlung auf der Zugspitze viermal größer als in den Küstengebieten. Ähnlich unterschiedlich groß ist - je nach Region - die Strahlung, die aus dem Boden entweicht. So bringt Radon die Hälfte der Dosis aus natürlichen Quellen mit und dringt aus Kellern in die Wohnungen. Eine aus den natürlichen Quellen vergleichbare Dosis kommt durch die Strahlenanwendung in der Medizin zustande. So ergeben sich demnach durchschnittlich ca. vier Millisievert jährlich.

Wie gefährlich kann es werden?

Von offiziellen Stellen wird nach kerntechnischen Katastrophen oft ein etwas unverständliches Vokabular verwendet. Wenn es zum Beispiel heißt „es besteht keine akute Gefahr für die Gesundheit“, muss es nicht viel bedeuten. Erst bei hoher Dosis entstehen akute Schäden, die sich im Blutbild abzeichnen können. Als Untergrenze gelten ca. 500 Millisievert. In Fukushima war nach Agenturberichten am Dientagmorgen ein Wert von 400 Millisievert gemessen worden. Werden fünf Sievert gemessen, ist ohne medizinische Hilfe der Tod wahrscheinlich. Damals waren in Tschernobyl die Feuerwehrleute extremen Strahlendosen ausgesetzt. Viele von ihnen bezahlten ihren Einsatz mit ihrem Leben oder mit schwerer Strahlenkrankheit.

Wie sehen die Schäden für die Gesundheit aus?

Selbst wenn die Dosis nur moderat erhöht ist, kann sie Folgen haben. Man kann sagen: Je stärker die Strahlung - desto größer die späteren Gesundheitsschäden, beispielsweise eine Erkrankung an Leukämie. So nimmt nicht die Schwere der Erkrankung, sondern deren Häufigkeit zu. Die Wissenschaftler bezeichnen es als stochastischen Effekt, währenddessen die Auswirkung hoher Strahlendosen deterministisch ist. Das Risiko genau zu beziffern ist sehr schwierig. Die Forscher haben ausgerechnet in Japan, in Nagasaki und Hiroshima wichtige Erkenntnisse an Überlebenden der damaligen Atombombenabwürfe gewonnen.

Albrecht Kellerer kommt aufgrund dieser und noch weiterer Erkenntnisse in seiner Publikation der Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung zu der Schätzung, dass bei einer Bevölkerung, bei denen normalerweise von 100 Menschen 40 im Laufe ihres Lebens an Krebs erkranken, nach einer Dosis von 100 Milligray (durch Gammastrahlung verursacht) 41 Krebsfälle statt der erwarteten 40 auftreten.

Wie hilfreich sind Jod-Tabletten?

Die Tschernobyl-Katastrophe hat gezeigt, dass zunächst radioaktives Jod mit die größte Gefahr darstellt. Es befindet sich in der Luft fein verteilt, man atmet es direkt ein. Auch auf Nahrungspflanzen lagert es sich ab und gelangt so in den menschlichen Körper. Unsere Schilddrüse benötigt das Jod. Mangel an diesem Element herrscht aber in vielen Gebieten der Erde. Ein Mangel äußert sich in Kropfbildung. In diesem Fall nimmt die Schilddrüse alles Jod auf, dessen sie habhaft werden kann. Also lagern sich auch radioaktive Isotope dieses Elements ein. Werden vorbeugend „gute“ Jod-Tabletten eingenommen, hat die Schilddrüse keinen Bedarf mehr, er ist gedeckt.

Dementsprechend fällt die Strahlenbelastung der Schilddrüse geringer aus. Nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl ist im Umfeld der Katastrophe eine große Zahl von Schilddrüsenkrebsfällen durch radioaktives Jod ausgelöst worden, die sich aber verhältnismäßig gut heilen ließen. Neben dem recht kurzlebigen Jod zählt man Caesium-Isotope zu den sogenannten Leitsubstanzen bei einer Reaktorkatastrophe. Ebenso wie Jod, kann es mit dem Trinkwasser und der Nahrung in den Körper gelangen. Seine Strahlung trägt genau wie Jod von außerhalb des Körpers zur Strahlenbelastung bei. Caesium-Tabletten als Schutz gibt es jedoch nicht.