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Hollande kann Wahlversprechen nicht halten.
Die Arbeitslosigkeit steigt, an der Basis herrscht Panik. Für Frankreichs Sozialisten wird es in der zweiten Runde der Kommunalwahlen wohl noch schlimmer als in der ersten. Präsident Hollandes Strategie: das drohende Debakel einfach ignorieren.

Die Woche war nicht gut für François Hollande: Gewiss, der Auftritt beim Sicherheitsgipfel in Den Haag und der Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping gaben Gelegenheit für staatsmännischen Habitus. Und mit Genugtuung konnte Hollande den Abschluss von fast 50 Milliarden Euro schweren Verträgen bestätigen, außerdem erhielt Airbus-EADS einen satten Auftrag aus Japan.

Der kurzfristig beschworene Optimismus wurde jedoch durch eine Hiobsbotschaft aus der heimischen Wirtschaft gestört: Die Arbeitslosenzahl vom März erreichte zur Wochenmitte hat einen historischen Höchststand - 3,2 Millionen Menschen und damit höher als der bisherigen Negativrekord im Januar 1997. Eine peinliche Schlappe für Hollande, der seit Monaten bei der Arbeitslosenkurve eine Umkehr der Tendenz verspricht.

Nach der Ohrfeige bei der ersten Runde der Kommunalwahlen und dem Verlust von 29 Rathäusern droht an diesem Sonntag nun das endgültige Desaster für den sozialistischen Staatschef und die Regierungspartei.

Doch statt auf die sich anbahnende Niederlage mit einem Kurswechsel oder einer Regierungsumbildung zu reagieren, verlegten sich die Sozialisten auf eine Vogel-Strauß-Politik: Die Regierung könne die "Zweifel und Sorgen eines Teils der Wähler" verstehen, beschwichtigte Premier Jean-Marc Ayrault und versprach mehr Bürgernähe und "soziale Gerechtigkeit". Eine kolossale Fehlinterpretation des Wahlresultats, das nicht nur zwei Jahre Amtszeit Hollande abstraft, sondern eine grundsätzliche Abrechnung mit dem politischen System der V. Republik ist.

Denn bei der ersten Runde der Kommunalwahl waren die wichtigsten Resultate eine Enthaltung in Rekordhöhe und der deutliche Stimmengewinn für den rechtsextremen "Front National" (FN). Die Sozialisten reagierten reflexartig mit dem üblichen Aufruf zum Widerstand: Die etablierten Parteien - Konservative der UMP wie Linke - sollten sich als "Front der Republikaner" solidarisch dem Ansturm der Ultrarechten entgegenstemmen.

Kein Schulterschluss gegen den FN

Konkret: In jenen rund 230 Gemeinden von über 10.000 Einwohnern, in denen die Formation von Marine Le Pen beim zweiten Durchgang antreten wird, sollten die Sozialisten, UMP oder Zentrum ihren eigenen Kandidaten zurückziehen, wenn ein Politiker der anderen Parteien bessere Aussichten hätte, die Wahl eines FN-Anwärters zu verhindern.

Der traditionelle Aufruf zum Schulterschluss aller Demokraten - von dem eher die Sozialisten profitieren würden - schlug freilich fehl. Die Konservativen verlegten sich auf die Politik des "Weder noch": "Wir fordern unsere Anhänger auf, weder für den FN zu stimmen noch für die Sozialisten", unterstrich UMP-Chef Jean-François Copé. Immerhin habe Hollande bei der Präsidentschaftswahl mit den Kommunisten gemeinsame Sache gemacht: "Und die Extremen der Linken sind so wenig akzeptabel wie die Extremen der Rechten."

Statt Solidarität also jeder für sich. Dabei haben die Konservativen der UMP bei der Stichwahl in mehr als 1700 Gemeinden gute Aussichten, ihr Etappenziel zu erreichen: Copé setzt auf eine "blaue Woge", um in der Mehrheit der Städte von über 9000 Einwohner den Bürgermeister zu stellen. Der Front National seinerseits hofft nach dem überraschenden Erfolg in Hénin-Beaumont auf einen Sieg in einem halben Dutzend Gemeinden - auch außerhalb der angestammten Bastionen in der Provence, Nordfrankreich und dem Elsass. In zwei Städten, so Marine Le Pen, kündigte der FN sogar gemeinsame Listen mit den Konservativen an.

Die Sozialisten, aufgeschreckt durch das Fiasko, bemühen sich seit Tagen um die Mobilisierung der wahlfaulen Bürger. Zugleich versuchte die Parteiführung mögliche Koalitionäre anzuwerben: In Städten wie Paris, Nantes und Toulouse, wo ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Links und Rechts bevorsteht, konnte die PS mit Grünen und Linken gemeinsame Wahllisten erstellen. Doch der Versuch, den Kampf um die Rathäuser als schlichtweg "lokalen Wettbewerb" zu entpolitisieren, dürfte nicht verfangen.

"Unzufriedenheit hat sich Luft gemacht"

Vorläufig spielt Hollande auf Zeit: Zunächst soll mit dem lang angekündigten "Pakt der Verantwortung" die Wirtschaft angeschoben werden, dann könnte frühestens Anfang April eine Regierungsumbildung für neuen Schwung sorgen.

Der Neustart ist mehr als überfällig, denn es rumort an der Parteibasis. Hollandes Steuererhöhungen, steigende Arbeitslosigkeit oder kletternde Mieten - für die Anhänger der Linken sind das alles nicht eingehaltene Wahlversprechen. Und bezahlen müssen dafür die Bürgermeister.

"Hollande ist konfrontiert mit der Panik der lokalen Abgeordneten", titelt die Tageszeitung Le Monde. "Grund der Ohrfeige für die Linke bei der ersten Runde war die nationale Politik", meint auch der Sozialisten-Spitzenpolitiker Bertrand Delanoe. "Man darf zwar eine fünfjährige Amtszeit nicht nach 18 Monaten beurteilen", sagte der scheidende Bürgermeister von Paris, "aber hier hat sich Unzufriedenheit Luft gemacht".

Wenn Hollande der Kurswechsel nicht gelingt, könnten die Europawahlen im Mai zum Scherbengericht über die Politik des sozialistischen Präsidenten werden.