Naturheilkunde
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Ich schätze das Online-Lexikon Wikipedia. Viele Menschen machen sich die Arbeit um dessen Artikel zu verbessern und zu erweitern. Im Bereich der Alternativmedizin beobachte ich allerdings seit Jahren einen sehr bedenklichen Trend. Und vor kurzem entdeckte ich auch eine Petition, die genau diese “bedenkliche Entwicklung” aufgreift: https://www.change.org/petitions/jimmy-wales-founder-of-wikipedia-create-and-enforce-new-policies-that-allow-for-true-scientific-discourse-about-holistic-approaches-to-healing.

Worum geht es?

In der Petition wird bemängelt, dass ein Großteil der Informationen über holistische (alternative) Medizin auf Vorurteilen beruht oder aber missverständlich dargestellt werden, nicht auf einem aktuellen Stand sind, beziehungsweise komplett (wissentlich) falsch wiedergegeben werden.

Inzwischen sind fünf Jahre vergangen, wo die Bemühungen, all diese Missstände abzustellen, ergebnislos geblieben sind. Entweder wurden die entsprechenden Eingaben zur Korrektur (von zum Beispiel falschen Informationen), komplett blockiert oder von Wikipedia ignoriert. Das Resultat hiervon ist, dass Menschen, die an alternativen Verfahren in Physiologie und Psychologie interessiert sind, durch die Informationen in Wikipedia verunsichert oder fehlgeleitet werden. Denn sie vertrauen erst einmal dem, was in diesem Online-Lexikon geschrieben steht. Die Art und Weise, wie Wikipedia die alternative Medizin darstellt, hat eine Reihe von Konsequenzen. Menschen, die an körperlichen und psychischen Problemen leiden, orientieren sich deshalb vor allem an schulmedizinischen Heilmethoden und schließen Alternativen aus, obwohl es einige Studien gibt, die für ihre Leiden eine positive Bilanz bei den alternativmedizinischen Methoden haben zeigen können.

Wir erfahren aus dem Text zu dieser Petition, dass der Mitbegründer von Wikipedia, Larry Sanger, frühzeitig das „Handtuch geworfen“ und die Organisation verlassen hatte. Den Grund dafür beschrieb er angeblich so: „Bei einer Reihe von Themen gab es gewisse Gruppen, die sich wie angenagelt auf ihre Artikel hockten und darauf bestanden, dass diese Beiträge ihre eigenen Ansichten und Vorurteile widerspiegeln müssen. Zudem gibt es keine glaubwürdigen Mechanismen, mit denen die Versionen der Artikel zur Veröffentlichung zugelassen werden“.

Laut Petition ist dies genau der Fall bei Wikipedia, wenn es um „Energy Psychology“, Energiemedizin, Akupunktur und andere Formen von komplementärer beziehungsweise alternativer Medizin geht. Ein besonders drastisches Beispiel wäre hier die Homöopathie, die in den englischen und deutschen Seiten von Wikipedia regelmäßig „ihr Fett abbekommt“. Oder mit anderen Worten: Die Homöopathie-Seiten in Wikipedia (egal ob englisch oder deutsch), sind ein Musterexemplar und Sammelbecken für Vorurteile gegen eine alternative Heilmethode.

Bei der englischen Version wird niemand geringeres als Prof. Edzard Ernst 21 mal zitiert - von 251 Quellen. Das sind fast 10 Prozent aller Zitate, die von ein und derselben Person kommen. Aber vielleicht reflektiert dies auch nur die Möglichkeit, dass es im Wesentlichen Ernst ist, der so vehement und nachhaltig gegen die Homöopathie wettert. Oder seine vorurteilsbeladenen Beiträge sind so eingängig und plausibel, dass sie besonders „wertvoll“ sind für das breite Publikum, das von diesen Dingen nicht so viel versteht. Jedenfalls ist es bei Wikipedia auffallend, dass Herr Ernst bei der Homöopathie so signifikant häufig zitiert wird, als wenn es darum ging, mit diesem Artikel den Unfug der Homöopathie mit seiner Hilfe nachhaltig zu beweisen. Ansonsten entsteht beim Lesen der Eindruck, dass (wie gehabt) alle Wirkung nur Plazebo sein kann, da ja kein “Wirkstoff” vorhanden sei. Aber auf der anderen Seite gibt es etliche Nebenwirkungen und angebliche Todesfälle durch die Homöopathie. Und mit von der Partei als “Zeuge” ist Herr Prof. Ernst - wer auch sonst?

Auf der deutschen Seite wird Herr Ernst „nur“ viermal zitiert (von 256 Artikeln). Hier besteht die Kritik an der Homöopathie im Wesentlichen in der Gefahr, dass man sie falsch einsetzen kann. Zum Beispiel in einer Notsituation würde anstatt einer schulmedizinischen Maßnahme eine homöopathische eingesetzt. Es ist klar, dass diese Kritik keine ist, denn die Homöopathie hat nie von sich behauptet, für jedes Leiden inklusive abstehender Ohren eine Heilung zu finden. Solche Ansprüche muss man erst einmal unterstellen, um dann daraus den berühmten Strick zu drehen. Eine besondere Spitze ist die Einschätzung von Lobbyarbeit und Prof. Ernst: „Die Homöopathie wird unterstützt durch eine massive Lobbyarbeit nach dem Vorbild der Pharmaindustrie. Kritiker der Homöopathie werden dabei zum Teil namentlich an den Netz-Pranger gestellt, und entsprechende Publikationen finanziell gefördert. Der britische Wissenschaftler Edzard Ernst wurde 2005 stark angegriffen, nachdem er öffentlich einen Bericht über Homöopathie als ‚skandalös und voller Fehler‘ bezeichnete, nach einer 13-monatigen Untersuchung konnte ihm aber kein Fehlverhalten nachgewiesen werden. Infolgedessen dürfen homöopathische Mittel seit 2010 in Großbritannien nicht mehr als wirksam beworben werden, und werden nicht mehr vom NHS gefördert.“

In welchem Zusammenhang der Herr Ernst und dessen “Fehlverhalten” stehen, habe ich bereits in einigen Beiträgen diskutiert: Warum die Homöopathie vielleicht doch nicht so schlecht ist wie sie bei Wikipedia ausschaut, habe ich versucht in mehreren Beiträgen zu beschreiben: Zurück zur Petition

Während die vorliegende Petition sich mehr um alternativmedizinische Maßnahmen in der Psychologie und dessen Umfeld sorgt, kann ich nur feststellen, dass diese Sorge auch für die physiologische Seite der alternativen Medizin berechtigt ist.

Mein Beispiel mit der Homöopathie ist kein „Ausrutscher“. Heilpflanzen und Heilpilze kommen in der Wikipedia-Bewertung ebenfalls fast immer schlecht weg. Hierbei beziehen die Autoren sich gerne auf die sogenannte „evidenzbasierte Medizin“, die keinen Nutzen und in der Regel nur Gefahren bei den alternativen Methoden gesehen haben will. Und das gilt sogar für Vitamine, die keine alternative Erfindung sind, sondern natürlicher Bestandteil unserer Ernährung. Hier will man für Vitamin A und E eine gesteigerte Mortalität beziehungsweise eine höhere Inzidenz von gewissen Krebserkrankungen gesehen haben. Daraus ein Verbot zu stricken dürfte schwer fallen. Denn wenn die Vitamine wirklich so endlos gefährlich sind, warum ist die Menschheit nicht schon längst vom Erdball verschwunden? (Genauere Informationen zu diesem Thema u.a. in meinem Beitrag: Nützen Vitalstoffe wirklich?) Aber solche „Eskapaden“ seitens der evidenzbornierten Schulmedizin zeigen, wie ernst man deren Kritik an der alternativen Medizin zu nehmen hat.

Damit wäre die Petition ein immens wichtiger Beitrag, endlich einmal ein Online-Lexikon zu bekommen, was in diesem Bereich eine ausgewogene Darstellung alternativer Heilmethoden zu bieten hat, anstelle eines Sammelsuriums für Vorurteile.

Wikipedia wäre der Unterstützung wert, wenn es da nicht diese Dinge gäbe. Die Herausgeber dieser Petition fordern nicht nur zur Unterstützung dieser Petition auf, sondern fordern auch, dass finanzielle Zuwendungen zur Unterstützung von Wikipedia so lange ausbleiben sollten, bis diese Änderungen durchgeführt worden sind.