Kühe Stall
© Werner FalkBekommen hiesige Rinder künftig gentechnisch verändertes Futter, ohne dass es jemand merkt? Das befürchten zumindest Kritiker des Transatlantischen Freihandelsabkommens. Denn in Nordamerika gibt es nicht die hier übliche Kennzeichnungspflicht.
Mit Chlor behandelte Hähnchen, Hormonfleisch und gentechnisch veränderte Nahrungsmittel: Die Gegner des Transatlantischen Freihandelsabkommens wittern nichts Gutes und schlagen derzeit immer hörbarer Alarm. Erst vorgestern zogen in Nürnberg Demonstranten vor das Heimatministerium, um Minister Markus Söder eine Protestnote zu übergeben.

Mit rund 800 Millionen Einwohnern soll es die größte Freihandelszone werden, die die Welt je gesehen hat. Das Fallen der Zölle zwischen Europa und Nordamerika soll die Wirtschaft weiter ankurbeln, optimistische Rechnungen sprechen von bis zu 160 000 neuen Arbeitsplätzen.

Zahlen, die von den Kritikern nicht unhinterfragt geschluckt werden. Denn selbst CSU-Politikern fehlt hier eine realistische Gegenrechnung, Artur Auernhammer etwa befürchtet, dass im Gegenzug auch Arbeitsplätze vernichtet werden könnten. Zudem stellt sich für den Bundestagsabgeordneten die Frage, ob es diese beiden großen Volkswirtschaften Europa und Nordamerika tatsächlich nötig haben, ihre sowieso schon große wirtschaftliche Vormachtstellung noch weiter zu forcieren. Der Altmühl-Bote sprach mit dem Oberhochstatter über die Gefahren und Risiken, die eine Öffnung des europäischen Markts mit sich bringen würden und welchen Einfluss das deutsche Parlament auf die Verhandlungen, die hinter verschlossenen Türen geführt werden, hat.

Altmühl-Bote: Herr Auernhammer, die kritischen Stimmen in der Öffentlichkeit gegen das Transatlantische Freihandelsabkommen werden immer lauter. Wie ist eigentlich derzeit der Stand der Dinge?

Artur Auernhammer: Die Situation bei den Verhandlungen ist durch die ganze NSA-Geschichte etwas angespannt. Auf unserer Seite gibt es mehr Misstrauen, aber auch mehr Selbstbewusstein. Die Verhandlungen werden sich sicher noch länger hinziehen, einen Abschluss bis 2015 halte ich für unwahrscheinlich. Im Umweltausschuss gab es vor Kurzem eine Anhörung zu dem Thema. Das läuft praktisch parallel.

Auch in meiner Fraktion gibt es sehr viele kritische Stimmen, gerade aus dem Bereich Verbraucherschutz und Landwirtschaft. Manche der in der Öffentlichkeit geäußerten Befürchtungen sind überzogen, doch beispielsweise bei der Gentechnik ziehen wir eine rote Linie. Da darf man nichts von dem, was die Amerikaner wollen, zulassen. In der amerikanischen Milchproduktion wird, um ein weiteres Beispiel zu nennen, ein Hormon eingesetzt, das bei uns gar nicht zugelassen ist. Wir wollen deshalb erreichen, dass die Kennzeichnungspflicht noch verbessert wird, was die Amerikaner hier fordern, ist absolut kontraproduktiv.

Altmühl-Bote: Es sind vor allem wirtschaftliche Vorteile, die sich die Befürworter der Freihandelszone erhoffen, doch selbst in der Industrie werden langsam Bedenken laut.

Artur Auernhammer: Natürlich haben die Hersteller, die nach Nordamerika exportieren, ein Interesse am Abbau der Zölle, die mit bis zu 50 Prozent zu Buche schlagen. Die heimische Wirtschaft könnte hier schon profitieren. Doch das wird sehr differenziert diskutiert. Denn auf der anderen Seite bekommt die amerikanische Wirtschaft leichteren Zugang zu unserem Markt. Aus der Sicht der Landwirtschaft brauchen wir die Exportmärkte in Nordamerika eigentlich weniger, unsere Haupthandelspartner sind hier Asien und Russland.

Altmühl-Bote: Gerade unter den Landwirten häufen sich die kritischen Stimmen, die Bauern befürchten beispielsweise, dass ihnen gentechnisch veränderte Futtermittel untergejubelt werden. Und auch was Produktbezeichnungen betrifft, sind die Amerikaner nicht zimperlich. In Deutschland dürfen Nürnberger Bratwürste ja nur als solche bezeichnet werden, wenn sie auch in der fränkischen Metropole hergestellt wurden. Solche Beschränkungen kennt man in Amerika nicht.

Artur Auernhammer: Die Amerikaner sind sehr tolerant, wenn es etwa darum geht, regionale Produkte zu kopieren. Da werden bayerische Weißwürste verkauft oder Emmentaler Käse, ohne dass die Produkte irgendetwas mit diesen Regionen zu tun haben. Hier muss man sehr genau auf die Herkunftskennzeichnung achten.

Altmühl-Bote: In den Verhandlungen zu dem Freihandelsabkommen ist derzeit eine Beteiligung der Volksvertreter in den europäischen Ländern nicht vorgesehen. Kann man sich als Abgeordneter des deutschen Bundestags das Mitspracherecht bei einer so zukunftsweisenden Entscheidung einfach aus der Hand nehmen lassen?

Artur Auernhammer: Das ist ein ganz entscheidender Punkt in den Verhandlungen. Wir wollen eine parlamentarische Begleitung und Kontrollfunktion erreichen. So wichtige wirtschaftliche Fragen dürfen nicht im Geheimen ausgemauschelt werden. Und es darf nicht sein, dass künftige Handelsstreitigkeiten nur noch von Handelskammern in Hinterzimmern ausgetragen werden. Die Position der Bundesregierung ist da ganz klar. Deshalb hoffen wir, dass wir in dieser Frage zu einem guten Ziel kommen.

Herr Auerhammer, wenn Sie heute darüber abstimmen müssten, würden sie dem Abkommen ihr Plazet geben?

Artur Auernhammer: Momentan könnte ich nicht zustimmen. Dazu kenne ich noch zu wenig Details.

Herr Auernhammer, wir danken für das Gespräch.

Das Interview führte Marianne Natalis