Flagge Russland USA
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Das Versprechen des Präsidenten der USA Barack Obama, Sanktionen gegen „ganze Sektoren der russischen Wirtschaft“ zu verhängen wegen Russlands Politik Kiew gegenüber, ist fähig, die Lage im westlichen Lager selbst noch komplizierter zu machen.

Die Frage bezüglich der Sanktionen gegen Moskau hat die Europäische Union ohnehin ernsthaft gespalten. Weitere aggressive Handlungen Washingtons sind fähig, die EU auch ökonomisch zu treffen. Aber vielleicht sei das ja gerade das Hauptziel der USA, fragt unser Kommentator Pjotr Iskenderow.

Was Barack Obama betrifft, so ist alles klar. Er erlitt eine Niederlage bei der Reformierung des Gesundheitswesens und beim Ausgleich des Staatshaushalts. Nun ist er genötigt, unverzüglich bei der Wählerschaft Unterstützung für seine Anhänger aus der Demokratischen Partei zu suchen. Die aufmerksamsten Zuhörer dieser aggressiven Erklärungen Obamas sind aber nicht seine amerikanischen Landsleute, sondern die Bürger der EU. Denn was bedeuten die Sanktionen gegen „ganze Sektoren der russischen Wirtschaft“ in der Praxis? Eine Untergrabung des gesamten Komplexes der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und der EU in der Energiewirtschaft, im Verkehrswesen, in der Infrastruktur, in der Weltraumraketensphäre, in der Bauindustrie, der Metallurgie, im Maschinenbau und schließlich auch im Tourismus. Und zwar wird am meisten die Wirtschaft jener Länder darunter leiden, die historisch gesehen eng mit Russland verbunden sind. Und das sind nicht allein die Länder Mittel- und Osteuropas, sondern auch Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien.

Nicht umsonst weckt das Geschehen in Deutschland wachsende Besorgnis. Im Oktober 2013 stellten die deutsche Stiftung Wissenschaft und Politik sowie der Marshall Fund einen Bericht über die Politik-Parameter der Länder „in der sich ändernden Welt“ vor, die bestimmt wurden als „neue Kraft, neue Verantwortung“. Und im Januar 2014 bekräftigte der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck, dass die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft vom Außenhandel die Gewährleistung des Zugangs zu den Außenmärkten, Stabilität in den Zonen der deutschen außenpolitischen Interessen und eine entschlossenere Führung“ bei der Vertiefung der internationalen Zusammenarbeit erfordere.

Die zuletzt genannte These wies auf Deutschlands Unzufriedenheit mit der amerikanischen Führungsrolle in der Welt hin. Demnach befindet sich ein Adressat der verschärften russlandfeindlichen Politik der USA am Rhein. Zudem passt die neue Spirale des Gegenüberstehens mit Moskau, zu der Washington die Europäer aktiv anspornt, bestens in die Pläne gewisser Kreise zur Schaffung einer transatlantischen Freihandelszone. Unter Bedingungen, wo dieses Projekt stagniert, können seine Anhänger versuchen, ihm auf der Welle russlandfeindlicher Losungen einen neuen Impuls zu geben. Umso mehr, wo die USA und die EU in dieses Projekt ursprünglich einen unterschiedlichen Sinn hineingelegt haben. Auch die Idee selbst erinnere stark an den Versuch, die Weltwirtschaft nicht zu gesunden, sondern sie in eine noch tiefere Krise zu drängen, bemerkte im Gespräch mit der Stimme Russlands der Direktor des russischen Instituts für Globalisierung und soziale Bewegungen, Boris Kagarlizki. Konkret sagte er Folgendes:

„Derartige Freihandelszonen kann man durchaus als Zonen einer freien Verbreitung von Krisenerscheinungen betrachten. Das besitzt eine anschauliche Analogie, als ob man während einer Epidemie, anstatt eine Quarantäne in den betroffenen Territorien zu erklären, sie öffnen und mit weniger betroffenen vereinigen würde.“

Demnach ist es kein Zufall, dass gerade Deutschland, nach den Angaben der spanischen Zeitung El Pais, in den Reihen der EU das Lager jener anführt, die sich negativ zu den russlandfeindlichen Sanktionen verhalten. Hierzu gehören auch Spanien, Italien und teilweise Frankreich. Letzteres versucht einerseits, die eigenen Positionen in Europa zu festigen, andererseits ist es genötigt, die Entwicklung der allgemeinen geopolitischen Situation zu berücksichtigen. Aber man sollte nicht vergessen, dass bei einem beliebigen Verlauf der Ereignisse um Frankreich und Deutschland beide Länder objektiv an einer Partnerschaft interessiert seien, meinte im Gespräch mit der Stimme Russlands Nadeshda Arbatowa, Leiterin des Bereichs europäische Politikforschung am Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen der Russischen Akademie der Wissenschaften. Konkret sagte sie Folgendes:
„Die Achse Paris-Berlin kann bei einer beliebigen Entwicklung der innen- und außenpolitischen Situation erhalten bleiben. Die führende Rolle Deutschlands und Frankreichs ist selbst im Rahmen der in Europa ablaufenden neuen Veränderungen möglich. Aber dabei ist der französische Präsident François Hollande ebenso fähig, eine zementierende Kraft Südeuropas zu werden.“
Mehrere Länder der EU gaben Brüssel bereits zu verstehen, dass sie von ihm eine Entschädigung für die durch die Sanktionen zugefügten Verluste fordern werden. Die Zeitung El Pais nennt in dieser Ländergruppe Bulgarien, Ungarn und Rumänien. Der IWF stellte die Entwicklungsperspektive der Situation in Mittel- und Osteuropa in eine direkte Verbindung mit der weiteren Entwicklung der Situation in der Ukraine.

Die aus Washington ertönenden harten Erklärungen „untergraben die normalen Bedingungen für den Handel“, zitiert die Agentur AP die bezeichnenden Worte des Analytikers der Melbourne IG Evan Lucas. In diesem Fall sollte man die an einer solchen Untergrabung interessierten Kräfte suchen. Und die USA sind hier wohl der Hauptverdächtige.