Die Ebola-Epidemie ist jetzt offiziell »außer Kontrolle« geraten. Das hat der Programmverantwortliche bei Ärzte ohne Grenzen, Bart Janssens, zu Protokoll gegeben. Die rasante Ausbreitung des tödlichen Virus auf vier westafrikanische Länder hat weit über 1.000 Menschen infiziert und bislang 670 Todesopfer gefordert. Am Freitag kam ein infizierter Mann aus Liberia mit einem Verkehrsflugzeug in der nigerianischen Hauptstadt Lagos an. Kurz nach der Ankunft starb er.
Ebola, Labor, Seuche, Epidemie, Pandemie
© picture-alliance
Der Passagier war nur einen Weiterflug entfernt von einer Ausbreitung der Krankheit nach Europa oder Amerika. Jetzt herrscht bei Airlines, Gesundheitsbehörden, Krisenstäben und in allen Transportzentren Großalarm.

Offiziell heißt es in westlichen Flughäfen, dass sich wegen der langen Flugzeit von Interkontinentalflügen mit hoher Wahrscheinlichkeit schon an Bord eines Direktfluges die ersten Symptome zeigen. Doch dann könnte es für die übrigen Passagiere schon zu spät sein.

Mediziner verweisen außerdem darauf, dass sich die ersten Symptome der Krankheit erst zwei Tage bis drei Wochen nach der Ansteckung mit dem Ebola-Virus zeigen.

Das Personal in der Flughafen-Klinik in Frankfurt ist für die denkbare Ankunft eines infizierten Passagiers vorbereitet. Der britische Außenminister Philip Hammond hat die Epidemie als »sehr ernste Bedrohung« bezeichnet. Westliche Regierungen haben Ärzte über eine mögliche Ausbreitung der Epidemie über Afrika hinaus vorgewarnt.

In den USA herrscht besonders große Aufregung. Denn dort strömen derzeit Zehntausende von Kindern und Jugendlichen aus Zentralamerika unkontrolliert über die südliche Landesgrenze. Das Pentagon hatte schon im April Diagnose-Kits an die Nationalgarde für alle 50 Bundesstaaten verteilt.

In den USA herrschen strenge Gesetze für den Ausbruch von Epidemien. Im Bedarfsfall können Zivilisten, auch wenn sie nicht erkennbar erkrankt sind, in Quarantäne gesteckt oder interniert werden.

In Radiostationen auf dem Land und in einigen Blogs wird die Furcht geäußert, die Bundesregierung in Washington könne einen Ebola-Ausbruch nutzen, um den Ausnahmezustand zu erklären. »Eine illegale Grenzüberquerung oder ein kranker Passagier reichen«, so warnt der »One Citizen Speaking«-Blog, »und wir hätten einen lokalen Ausbruch in den USA.«

In Westafrika selbst wird fieberhaft - und im schlimmsten Fall vergeblich - an einer Eindämmung der Epidemie gearbeitet. Das medizinische Personal kämpft gegen die Uhr und gegen den schlimmsten Ausbruch, seit das Virus in den 70er Jahren entdeckt wurde.

Liberia hat sämtliche Schulen geschlossen und zahlreiche Ortschaften unter Quarantäne gestellt. Militär ist ausgerückt, um die Maßnahmen durchzusetzen. Alle Beamte, die nicht für die tägliche Grundversorgung der Bevölkerung benötigt werden, wurden 30 Tage heimgeschickt.

In Nigeria wird nach insgesamt 30.000 Menschen gefahndet, die mit dem aus Liberia eingeflogenen Passagier Patrick Sawyer in Kontakt gekommen sein könnten. Der Flughafen von Lagos, Murtala Muhammed, wird laut dem TripAdvisor von 33 Airlines angeflogen. Sie bieten Verbindungen in 45 Städte und starten 539 Mal in der Woche zu internationalen Flügen.

Die EU hat ihre Hilfsmittel für den Ebola-Ausbruch um weitere 2,7 Millionen Dollar auf 5,2 Millionen aufgestockt.

Die für zivile Luftfahrt zuständige International Civil Aviation Organisation der Vereinten Nationen hat bei einem Treffen mit internationalen Gesundheits-Behörden Maßnahmen erörtert, um die Ausbreitung der Epidemie in weitere als die vier betroffenen westafrikanischen Länder zu verhindern.