Erneut bestätigt eine aktuelle Studie, dass große Teile des Mars einst von einem großen Ur-Ozean bedeckt waren. Dieser Ozean, die das Ergebnis der Untersuchung beinhaltete mehr Wasser als das Nordpolarmeer und bedeckte dabei einen größeren Anteil der Planetenoberfläche als der Atlantik auf der Erde.

Bild
© ESO/M. Kornmesser/N. Risinger (skysurvey.org)Künstlerische Darstellung des Mars vor rund vier Milliarden Jahren (Illu.).
Greenbelt (USA) - Wie das internationale Team aus Wissenschaftlern um Geronimo Villanueva vom Goddard Space Flight Center der NASA aktuell im Fachjournal Science berichtet, beobachteten sie die Planetenoberfläche des Mars über einen Zeitraum von sechs Jahren mit dem Very Large Telescope und Instrumenten am W. M. Keck-Observatorium und der Infrared Telescope Facility der NASA. Anhand dieser Beobachtungsdaten erstellten die Forscher dann eine Karte mit den Eigenschaften des Wassers in unterschiedlichen Teilen der Atmosphäre des Mars.

Laut der neuen Studie hätte der junge Planet vor vier Milliarden Jahren genug Wasser gehabt, um die ganze Oberfläche mit einer 140 Meter tiefen, flüssigen Schicht zu bedecken. Allerdings sei es wahrscheinlicher, dass sich das Wasser zu einem Ozean vereinte, der beinahe die Hälfte der Nordhalbkugel des Roten Planeten bedeckte und so in manchen Regionen eine Tiefe von mehr als 1,6 Kilometern erreichte.

"Unsere Untersuchungen liefern eine zuverlässige Schätzung, wie viel Wasser einst auf dem Mars vorhanden war, und zwar indem wir bestimmt haben, wie viel Wasser in den Weltraum verloren ging", erläutert Villanueva. "Mit dieser Arbeit können wir die Geschichte des Wassers auf dem Mars besser verstehen."

Ihre neue Schätzung gründen die Wissenschaftler auf genauen Beobachtungen zweier geringfügig unterschiedlicher Formen von Wasser in der Marsatmosphäre: "Die eine ist die bekannte Form des Wasser, die aus zwei Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom besteht, also H2O. Die andere ist HDO, auch halbschweres Wasser genannt, eine natürlich vorkommende Abweichung, in der ein Wasserstoffatom durch eine schwerere Form ersetzt wird, dem sogenannten Deuterium. Da die deuterierte Form schwerer als normales Wasser ist, geht es weniger leicht durch Verdunstung in den Weltraum verloren. Je mehr Wasser der Planet also in den Weltraum abgibt, desto größer ist das Verhältnis von HDO zu H2O in dem Wasser, das übrigbleibt."

Tatsächlich gelang es den Forschern, die chemischen Fingerabdrücke der beiden Wassersorten (sic). Indem sie das Verhältnis von HDO zu H2O vergleichen, können Wissenschaftler messen, um wie viel sich der Anteil von HDO vergrößert hat, und können hierdurch bestimmen, wie viel Wasser in den Weltraum verloren ging. Das wiederum erlaubt Schätzungen über die Menge an Wasser auf dem Mars in der Vergangenheit.

In der nun veröffentlichten Arbeit stellte das Team die Verteilung von H2O und HDO mehrmals innerhalb eines Zeitraums von knapp sechs Erdenjahren - das sind etwa drei Marsjahre - in einer Karte dar. Entstanden sind daraus für jedes einzelne Jahr planetenumfassende Schnappschüsse der Verteilung und des Verhältnisses beider Wassersorten.

Ulli Käufl von der ESO, der für den Bau eines der Instrumente, die in dieser Arbeit verwendet wurden, verantwortlich war und Koautor der neuen Veröffentlichung ist, fügt hinzu: "Ich bin abermals überwältigt, welche Leistungsfähigkeit astronomische Teleskope in Bezug auf die Möglichkeit der Untersuchung anderer Planeten von der Erde aus haben: Wir haben einen ehemaligen Ozean in einer Entfernung von 100 Millionen Kilometern gefunden!"

Das Team hat sich besonders für die Regionen nahe des Nord- und Südpols interessiert, da die dortigen polaren Eiskappen das größte bekannte Wasserreservoir des Mars bilden. Bei dem Wasser, das dort eingelagert ist, geht man davon aus, dass es die Evolution des Wassers auf dem Mars dokumentiert hat, und zwar von der feuchten Noachischen Periode, die vor etwa 3,7 Milliarden Jahren endete, bis hinein in die Gegenwart.

"Die neuen Ergebnisse zeigen, dass das Niederschlagswasser in der Nähe der Polarregionen im Vergleich zum Meerwasser auf der Erde um den Faktor sieben angereichert war, vorausgesetzt, dass das Wasser in den Polkappen des Mars um das Achtfache angereichert ist. Um solch ein hohes Anreicherungslevel zu bekommen, muss der Mars ein Wasservolumen verloren haben, das 6,5 mal größer ist, als das momentane Volumen der Polkappen. Das Volumen des einstigen Ozeans auf dem Mars muss mindestens 20 Millionen Kubikkilometer betragen haben."

Angesichts der heutigen Marsoberfläche könnte sich der Ozean möglicherweise an den Northern Plains befunden haben, welche man aufgrund ihres niederen Geländes schon länger als guten Kandidaten erachtet hat. Ein frühzeitlicher Ozean an dieser Stelle hätte 19 Prozent der Planetenoberfläche bedeckt - zum Vergleich, der Atlantische Ozean nimmt 17 Prozent der Erdoberfläche ein.

"Wenn Mars so viel Wasser verloren hat, gab es höchstwahrscheinlich länger Wasser auf der Oberfläche, als bisher angenommen, was darauf hindeutet, dass er auch länger bewohnbar war“, ergänzt Michael Mumma, leitender Wissenschaftler am Goddard und Zweitautor des Artikels abschließend.

Möglicherweise hatte der Mars einst sogar noch mehr Wasser, von dem sich ein Teil unter der Oberfläche eingelagert haben könnte. In der fortdauernden Suche nach Untergrundwasser könnten sich die Karten als nützlich erweisen, da sie Mikroklimata und Veränderungen im Laufe der Zeit im Gehalt des Niederschlagswassers aufzeigen.