Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Was in Österreich Dank der Kollektivverträge quasi normal ist, gilt in Deutschland zunehmend als eine Ausnahmeerscheinung. Da sich immer weniger Unternehmen an Tarifverhandlungen beteiligen, wachsen die Lohnunterschiede laut einer Studie immer weiter an.
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© Viktor Mildenberger/Pixelio.de
Wie die Autoren einer heute in Gütersloh vorgelegten Analyse der Bertelsmann-Stiftung und des ifo-Instituts aus München schreiben, ist die seit Mitte der 1990er Jahre weiter zunehmende Polarisierung im deutschen Lohngefüge "zu mehr als 40 Prozent" darauf zurückzuführen, dass immer weniger Arbeitsplätze von Tarifverträgen erfasst sind. Mit den Ergebnissen treten die Experten der Stiftung nach eigenen Angaben vor allem der These entgegen, die Globalisierung wäre hauptsächlich für die größer werdende "Lohnschere" verantwortlich.

Den Studienergebnissen entsprechend spiele der internationale Handel mit rund 15 Prozent Anteil nur eine geringe Rolle in Sachen Lohnschere. Exportorientierte Unternehmen würden demnach sogar prinzipiell höhere Bruttolöhne bezahlen, als jene Unternehmen die lediglich den deutschen Markt bedienen.

Den Forschern zufolge stiegen die Reallöhne des besser verdienenden oberen Fünftels der Beschäftigten seit Mitte der 1990er Jahre inflationsbereinigt um 2,5 Prozent, während das reale Lohnniveau in der Gruppe des schlechterverdienenden unteren Fünftels parallel um 2 Prozent sank. Damit stieg die Lohnungleichheit in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren sogar schneller an als in den USA und Großbritannien.

Gleichzeitig sank im selben Zeitraum die Anzahl der tarifgebundenen Unternehmen dramatisch von 60 auf 35 Prozent ab, sowie die Zahl der von Tarifverträgen erfassten Arbeitnehmer von 82 auf nun mehr 62 Prozent. "Dieser Rückgang ist der stärkste Treiber für die wachsenden Lohnungleichheit", heißt es in der veröffentlichten Studien-Zusammenfassung. Unternehmen ohne Tarifbindung würden demnach oftmals deutlich unter den Tariflöhnen bezahlen.