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Das Polizeipräsidium Dortmund an der Märkischen Straße. Archivfoto: Peter Bandermann
Dortmund. Der Vizepräsident der Industrie-und Handelskammer (IHK) Dortmund erklärt in einem offenen Brief, dass er nicht mehr bereit sei, Straftaten wie Diebstähle hinzunehmen. Er denke sogar darüber nach, Steuergelder einzubehalten, um damit sein Eigentum zu schützen.

Vor rund zwei Wochen veröffentlichte die Polizei Dortmund ihre Kriminalitätsstatistik , die Zahlen waren nicht gut. Jetzt schlägt der Vizepräsident der Dortmunder IHK in die gleiche Kerbe: In einem offenen Brief kritisiert er die Entwicklung der Straftaten.

Joachim Punge ist als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer der Revolution zunächst einmal unverdächtig. Seit 2010 trägt er das Verdienstkreuz der Bundesrepublik, seit 2010 ist er Vorsitzender des Westfälischen Industrieklubs Dortmund. Er ist Vizepräsident der hiesigen IHK und noch vieles mehr - all das hat mit seinem offenen Brief zunächst wenig zu tun, verdeutlicht aber, dass Punge in Sphären unterwegs ist, in denen man normalerweise die leiseren Töne schätzt.

Und es zeigt insofern, wie sehr es in Punge brodeln muss, bis er einen solchen Brief aufsetzt. Thema des Briefes ist die Sicherheit, genauer die Sicherheit des Eigentums. Wenn Joachim Punge anfängt, aufzulisten, was ihm und seiner Familie in den letzten acht Jahren so widerfahren ist, braucht er eine gewisse Zeit dafür:
  • Drei Autos wurden gestohlen, eins aus der Garage, eins bei einem Trickdiebstahl, und zuletzt der Wagen der Tochter.
  • Zweimal wurde im Privathaus eingebrochen, dreimal im Büro, zweimal der Wagen der Frau aufgebrochen und die darin befindlichen Navigationsgeräte gestohlen.
  • Ihm wurde am Stadion das Portemonnaie entwendet und seiner Tochter das Handy geraubt.
  • Das sind die Dinge, die Punge so ad hoc einfallen, wenn man ihn fragt.
Brief an Polizeipräsidenten

Das war Grund genug für ihn, nach dem letzten Vorfall, dem Diebstahl des Wagens der Tochter, an den Dortmunder Polizeipräsidenten Gregor Lange zu schreiben. Er wollte wissen, wie der Stand der Ermittlungen in dieser Straftat sei. Welche Maßnahmen eingeleitet wurden, um die Täter zu stellen. Eine Antwort erhielt Punge aus dem Polizeipräsidium nicht. Da setzte er sich erneut hin und schrieb einen offenen Brief.

Seine Motivation dafür macht er in der Einleitung schnell klar: Er sei im Grundsatz nicht mehr bereit, die Diebstähle widerstandslos hinzunehmen. Er rege an, doch intensiv über Maßnahmen nachzudenken, um die Stadt auch wieder sicherer zu machen. Adressaten dieses Schreibens waren unter anderem Oberbürgermeister Ullrich Sierau, die Ratsfraktionen, IHK und Handwerkskammer.

Opfer will Steuern einbehalten

Im eigentlichen Schreiben dann wird er deutlich: Er denke, schreibt Punge, darüber nach, die "Sicherungsmaßnahmen an meinem Eigentum jetzt von meinen Steuerzahlungen abzuziehen, weil mit meinen Steuerzahlungen die Sicherheit nicht mehr hergestellt werden kann und ich selber dann für meine Sicherheit eigenverantwortlich auftreten muss". Würden in bestimmten Stadtbezirken Bürgerwehren eingesetzt, um die nicht vorhandene Polizei zu ersetzen, würde ihn das nicht wundern.

Ein Blick in die Polizeistatistiken der letzten Jahre bestätigt den Blick des Wirtschaftsprüfers auf die Gesamtsituation: Wie viele Dinge auch unterliegt eine Kriminalitätsstatistik verschiedenen Schwankungen. Hier geht eine Deliktart runter, da steigt eine an, aber unter dem Strich stehen 86.549 Straftaten, die von der Polizei im Jahr 2014 erfasst wurden. Mehr Taten hat die Polizei nie aufgezeichnet. Polizeipräsident Gregor Lange sprach bei der Vorstellung dieser Statistik am 11. März von einer "schwierigen Entwicklung".

Punge befürwortet Zuwanderung

Joachim Punge ist ein Mann der Wirtschaft, insofern ist er ein großer Freund von Zuwanderung. Er befürwortet auch die Grenzöffnungen nach Osteuropa. Doch Polizisten würden insgeheim zugeben, dass die Öffnung der Grenzen nach Osteuropa ein Teil des Problems darstellen würde. Man hätte sich auf diese Öffnung "auch polizeilich vorbereiten müssen, denn das Wohlstandsgefälle ist offenkundig und verführt natürlich".

Punge könnte hier von denen, die das falsch verstehen wollen, falsch verstanden werden. Daher ergänzt er: "Wir brauchen Zuwanderung, wir brauchen Arbeitnehmer. Aber wir brauchen auch eine andere Form der Sicherheitspolitik."

Fußballvereine sollen Polizeieinsätze zahlen

Weiter fragt sich der 1950 geborene Punge, ob die Polizei in Dortmund richtig eingesetzt wird. Wenn er lese, dass ein Fußballspieler bei Borussia Dortmund zehn Millionen Euro pro Jahr verdiene und für die Polizeiarbeit kaum Geld da sei, weiter viele Beamte durch die Betreuung von Fußballspielen gebunden seien, "dann fände ich es nur gerecht, wenn man diese Betreuungskosten den Fußballvereinen in Rechnung stellen würde".

Aus dem Polizeipräsidium heißt es, dass der erste Brief an den Polizeipräsidenten gegangen sei. Daher werde er ihn auch persönlich beantworten. Der Antwort wolle man nicht vorgreifen.