Der Außenminister der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, äußerte sich in einem Fragemarathon mit russischen Medien ausführlich zu zahlreichen außenpolitischen Entwicklungen. Dabei beschuldigte er die USA, eine Strategie des Säens von Zwietracht in allen Teilen der Welt zu verfolgen, um damit am Ende den eigenen Einfluss abzusichern. So sei die Ukraine-Krise initiiert worden, um eine Allianz zwischen Deutschland und Russland zu verhindern. Ebenso betonte er, dass die Stationierung von taktischen US-Nuklearwaffen in fünf europäischen Ländern eine Verletzung des Atomwaffensperrvertrages darstellt.


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© MSC 2014 Lavrov Kleinschmidt
„Strategisch wollen die USA es nicht zulassen, dass wichtige Regionen der Welt ohne sie leben und gedeihen. Deshalb sehen sie es als wichtig an, die Leute von sich abhängig zu halten“, so Lawrow.

Die Ukrainekrise war daher im US-amerikanischen Interesse, um Russlands Verhältnis zur EU und vor allem zu Deutschland zu unterminieren, betonte der Außenminister:
„Eine offene Partnerschaft zwischen Russland und Deutschland wäre nötig, um die EU aus ihrer Lethargie zu reißen, um es den Mitgliedsstaaten zu ermöglichen, ihre nationalen Interessen zu verfolgen und diese nicht einer EU-Politik unterzuordnen, die von marginalisierten Politikern betrieben wird, die Befehlen von jenseits des Großen Teichs folgen.“



Der Konflikt hätte zudem eine militärische Komponente: Die Ukrainekrise erlaube es Washington, Nato-Mitglieder in ähnliche Weise gegen die angebliche russische Gefahr zu vereinigen, wie man 2001 eine Koalition zur Invasion Afghanistans gebildet habe.

Anders als die USA, die ihre taktischen Nuklearwaffen unter Verletzung des Atomwaffensperrvertrages in fünf europäischen Ländern stationiert hätten, lehne die Russische Föderation jedwede nukleare Proliferation ab und würde niemals Atomwaffen in anderen Ländern stationieren, so Lawrow.

„Wir sind nicht der Auffassung, die Sicherheit unserer Nation müsste dadurch gewährleistet werden, dass wir unsere nuklearen Arsenale anderswo aufbauen“, antwortete Lawrow auf die Frage, ob es nicht das Gleiche wäre, als würde Russland Waffen dieser Art in Lateinamerika stationieren. Russland sei nur daran interessiert, über die militärische Stärke zu verfügen, die erforderlich sei, um in jedem Teil der Welt Missionen auszuführen und in diesem Zusammenhang mit anderen Ländern zusammenarbeiten zu können. Man brauche keine Basen, wie sie die Amerikaner allenthalben unterhielten. Es reiche, eine Möglichkeit zu haben, Versorgung zu gewährleisten und den Mannschaften Ruheräume zu geben - „wir haben diese Möglichkeiten und wir verbessern diese“.

Der russische Außenminister trat aber auch Vorschlägen wie jenen entgegen, die der iranische Verteidigungsminister Hossein Dehghan kürzlich geäußert hatte, der vorschlug, den Iran, die Russische Föderation, China und Indien zu einem Block zusammenzufassen, um damit der NATO eine alternative Sicherheitsarchitektur entgegenzusetzen.

Russland kooperiere zwar intensiv mit dem Iran, um gegen gemeinsame Bedrohungen wie den Terrorismus oder die Organisierte Kriminalität zu kämpfen, aber es gebe keinen Bedarf für eine militärische Allianz, so Lawrow. „Weder wir noch der Iran bedürfen einer militärischen Allianz“, so der Minister und führte weiter aus: „Ich bin mir dessen sicher und an uns wurde auch kein Vorschlag in dieser Richtung herangetragen. Das wäre auch unrealistisch und unnötig.“

Man werde aber über eine stärkere militärische Kooperation wie jüngst im Zusammenhang mit der Lieferung eines S-300-Raketensystems nachdenken, die bereits 2007 vereinbart und anschließend wegen des Embargos auf Eis gelegt worden war, sobald der UN-Sicherheitsrat nach allseitiger Erfüllung des Atomabkommens der 5+1-Gruppe mit dem Iran die bestehenden Waffenhandelsbeschränkungen gelockert habe.

Lawrow äußerte sich auch skeptisch hinsichtlich der von Kiew proklamierten Idee, eine UN-Friedenstruppe in den Osten der Ukraine zu bringen, um den Waffenstillstand zu beaufsichtigen.

„UN-Truppen zu bringen hieße, Gräben auszuheben und Befestigungsanlagen zu errichten“, so Lawrow. „Das würde bedeuten, einen Teil des Landes physisch abzutrennen. Ich weiß nicht, wozu das nötig sein sollte. Vielleicht soll es davon ablenken, dass Kiew versucht, das Abkommen von Minsk zu unterminieren und einseitig abzuändern.“


Russland wolle die Ukraine als einheitliche, aber militärisch neutrale Nation sehen. Der Weg dorthin könne nur über politische Reformen führen. Eine geteilte Ukraine, die jeden vertreibe oder zum Schweigen bringe, der Vorbehalte gegen die antirussische Politik der derzeitigen Führung äußere, wäre hingegen für die Nato ein leicht zu verschluckender Happen.