Britischen Forschern sei erstmals gelungen, einen Stoff zu schaffen, der natürlich vorkommende Abwehrdüfte gegen Insekten ersetze. Die Substanz könnte anstelle Chemiegiften eingesetzt werden, doch: Wird die große Industrie sich das bieten lassen? Der amerikanische Botaniker Paul Stamets hält schon seit Jahren faszinierende Lösungen bereit, doch über seine Arbeit wird kaum berichtet. Wieder ein Fall unterdrückten Wissens.

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»Pflanzenschutzmittel« (PSM) werden allein in Deutschland jährlich zu zigtausenden Tonnen verkauft. Nun ist der Begriff »Schutzmittel« bewusst euphemistisch gewählt, dahinter aber verbergen sich, wie letztlich jeder weiß, gefährliche Agrargifte. Doch was sonst tun gegen Schädlingsbefall? Die industrielle Landwirtschaft scheint von solchen Substanzen geradezu abhängig.

Oder doch nicht? Britische Wissenschaftler haben nun offenbar einen weit sanfteren Weg gefunden, Pflanzen wirksam zu schützen, ohne dabei die gesamte Umwelt und nicht zuletzt die Gesundheit von Mensch und Tier nachhaltig in Mitleidenschaft zu ziehen.

Die an der Universität Cardiff sowie Rothamsted Research, dem größten britischen Agrarforschungsinstitut, tätigen Experten haben nun erstmals eine chemische Verbindung geschaffen, die einen natürlich vorkommenden Duft imitiert, der bekannt dafür ist, Insekten fernzuhalten. Die Wissenschaftler versorgten ein für den Duft verantwortliches Enzym mit veränderten Substratmolekülen und konnten bei ihren Experimenten größtenteils den erhofften Effekt feststellen.

Versuchsleiter Professor Rudolf Allemann erinnert an die zahlreichen Funktionen von Duftstoffen in der Natur: »Wir wissen, dass viele Organismen Gerüche nutzen, um sich mit anderen Mitgliedern der selben Spezies auszutauschen und Nahrungsquellen zu orten oder aber auch Angriffe vonParasiten zu vermeiden.«

Wie Allemann ausführt, bestand die Schwierigkeit bisher vor allem darin, »dass im Labor erzeugte Duftmoleküle oft extrem flüchtig und chemisch instabil sind. Außerdem ist ihre Imitation kostspielig«.

Dadurch habe es auf dem Gebiet kaum Fortschritte gegeben. Nun aber sei es mit Hilfe moderner Methoden möglich geworden, strukturell zwar verschiedenartige, aber von der Wirkung her eben ähnlich funktionierende Moleküle zu produzieren.

Sie könnten dazu beitragen, die toxischen Pestizide zu vermeiden. Professor John Pickett, Forscher beiRothamsted Research, spricht von einem echten Durchbruch.

Einen anderen effektiven Weg geht der brillante amerikanische Botaniker Paul Stamets schon seit vielen Jahren und macht sich damit die Industrie wohl zum Erzfeind: Stamets nennt völlig natürliche Mittel, um Insekten davon abzuhalten, die ganze Ernte zu zerstören.

Wenn der Forscher von SMART-Pestiziden spricht, meint er damit nichts anderes als Pilze, genauer gesagt, entomopathogene Pilze.

Auf gut Deutsch gesagt, handelt es sich einfach um Pilze, die für Insekten tödlich sind. Sie dienen schon heute zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers.

Doch Stamets, ein international renommierter Pilzwissenschaftler, sieht insgesamt ein weit größeres Potenzial für seine sichere und nachhaltige Methode, rund 200 000 Insektenarten natürlich unter Kontrolle zu bekommen.

Für Stamets bergen Pilze ohnehin schier unglaubliche Möglichkeiten, unserer Welt auf verschiedenste Weise sehr nützlich zu sein. Darüber referierte er 2008 auch ausführlich auf einerdurchaus vielbeachteten TED-Konferenz.

Wenn es nun um Schädlingsbekämpfung geht, verändert Stamets die entomopathogenen Pilze so, dass sie keine Sporen mehr produzieren. Die Pilze ziehen Insekten an, verzehren sie und töten sie ab. Zwar erhielt Stamets bereits im Jahr 2006 ein Patent auf seine Entwicklung, doch seitdem geschah eher wenig.

Niemand schien sich allzu sehr für das alternative Konzept zu interessieren, wobei von Aussagen eines Pestizidherstellers berichtet wird, der erklärt habe, dies se i»die vernichtendste Technologie, die wir je erlebt haben«, wohl aber insbesonders mit Blick auf den Fortbestand der herkömmlichen Chemieindustrie.

Für die riesigen Konzerne bedeutet die weiterhin breite Akzeptanz und Nutzung toxischer Bekämpfungsmittel, verlässliche Milliardenprofite, die sich auch in Zukunft niemand nehmen lassen will. Die Folgen für Mensch und Umwelt - schlicht unmenschlich. Und genau das muss sich in jedem Falle ändern.