Mit Tränengas und Wasserwerfern ist die türkische Polizei gegen regierungskritische Demonstranten in Istanbul vorgegangen. Sie wollten auf den symbolträchtigen Taksim-Platz - doch der war abgeriegelt worden.
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Mit Tränengas und Wasserwerfern ist die türkische Polizei gegen regierungskritische Demonstranten in Istanbul vorgegangen. Tausende Sicherheitskräfte drängten die Menschen gewaltsam zurück, die trotz eines Verbots auf dem symbolträchtigen Taksim-Platz eine 1.-Mai-Kundgebung abhalten wollten.

Aus der Menge der etwa tausend Demonstranten flogen Steine, Feuerwerkskörper und Flaschen. Nach Polizeiangaben wurden mindestens 136 Menschen festgenommen.


Kundgebungen auf dem Taksim-Platz verboten

Die Behörden hatten Kundgebungen auf dem Taksim-Platz zum Tag der Arbeit verboten. Die Polizei war mit tausenden Einsatzkräften und Wasserwerfern im Einsatz und riegelte den Platz weiträumig ab. Der U-Bahn-Verkehr wurde unterbrochen, selbst Bosporus-Fähren wurden ausgesetzt, damit keine Demonstranten aus dem asiatischen Teil der Stadt gelangen konnten.

Wochenlanger Protest

Im Jahr 2013 hatten die Behörden die traditionellen Kundgebungen auf dem Platz zum 1. Mai erstmals aus Sicherheitsgründen untersagt. Davor hatte es Auseinandersetzungen zwischen radikalen Gewerkschaftsvertretern und Einsatzkräften gegeben. Einen Monat später wurden der Taksim-Platz und der angrenzende Gezi-Park zum Schauplatz von Massenprotesten gegen den damaligen Regierungschef und heutigen Staatschef Recep Tayyip Erdogan.

Mehr als zwei Wochen lang forderten damals zehntausende Menschen bei Demonstrationen seinen Rücktritt. Seither lässt Erdogan kategorisch jegliche Proteste auf dem Taksim-Platz verbieten sowie regelmäßig Tränengas und Wasserwerfer gegen Demonstranten einsetzen. Erst vor wenigen Wochen war ein Gesetz verabschiedet worden, das den Sicherheitskräften mehr Freiraum bei der Niederschlagung von Protesten gibt.

Eine Frage des Prinzips

Für die Gewerkschaften ist der freie Zugang zum Taksim eine Frage des Prinzips, um der Opfer vom 1. Mai 1977 zu gedenken. Damals eröffneten Unbekannte das Feuer auf dem Platz, woraufhin es eine Massenpanik mit 34 Toten gab. Präsident Erdogan warf den Demonstranten am Freitag vor, es sei falsch, auf Proteste auf dem Taksim-Platz zu beharren. Das Ergebnis sei eine Lähmung Istanbuls, sagte er in Ankara. Gewerkschaftsführer Umar Karatepe reagierte empört: "Der Präsident, der Mann, der alle unsere Rechte usurpiert, kann uns nicht sagen, dass wir den 1. Mai nicht feiern dürfen", sagte Karatepe. "Das ist nicht hinnehmbar."

jr/AFP