Seit Samstag fehlt jede Spur der fünfjährigen Inga, die in einem Wald bei Stendal angeblich Holz holen wollte und nicht zurückkehrte. Nun machen sich schreckliche Vermutungen breit.
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Ein kleines blondes Mädchen geht zum Holzholen in den Wald und kehrt nicht mehr zurück. Was in dem Fall der vermissten fünfjährigen Inga G. bisher bekannt wurde, klingt wie ein böses Märchen und lässt ein schreckliches Ende einer nunmehr tagelangen Suche befürchten.

Am Samstag fuhr die Familie des Mädchens von Schönebeck bei Magdeburg nach Stendal, sie wollte einen Mitarbeiter des Diakoniewerkes besuchen. Dort, auf dem von Wäldern umgebenen Wilhelmshof, sollte am Abend gegrillt werden. Es heißt, Inga G. habe mit anderen Kindern Holz für ein Lagerfeuer sammeln wollen. Gegen 19.40 Uhr wurde sie das letzte Mal gesehen.

1,18 Meter groß, blaue Augen, Haare zum Zopf gebunden, Zahnlücke: Beide Schneidezähne fehlen. Blaue ausgewaschene Jeans, ein mintgrünes T-Shirt mit langen Ärmeln und aufgedruckten Schmetterlingen. Vom Wald verschluckt.

Der Wilhelmshof ist eine weitläufige Anlage aus rot geziegelten Gebäuden, umgeben von Bäumen, Feldern, einer Eisenbahntrasse; der ICE von Hannover nach Berlin rauscht in der Nähe vorbei. Auf dem Gelände selbst befindet sich ein Behindertenwohnheim und eine Einrichtung für Suchtkranke. Rund 120 Menschen sind hier untergebracht.

Im nächsten Ort sind Triebtäter und Pädophile inhaftiert

Drei Kilometer weiter, in dem Ort Uchtspringe, gibt es ein Haftkrankenhaus. In der dortigen Psychiatrie sind Triebtäter und Pädophile in Behandlung, die Kinder sexuell missbraucht haben. Die Kriminalpolizei soll laut Bild-Zeitung die dortigen Mitarbeiter bereits nach Auffälligkeiten, Ausbrüchen oder Freigängern befragt haben. Bislang ohne Ergebnis.

Die örtlichen Polizeikräfte konzentrieren sich zurzeit auf die Befragung aller anwesenden Personen auf dem Gelände der Diakonie. Mit rund 100 Menschen habe man bereits gesprochen, erklärt die zuständige Polizeidirektion in Magdeburg.

Parallel durchkämmen Beamte und Hunderte Helfer das gut 3500 Hektar große Waldgebiet. Spürhunde sind im Einsatz, ein Hubschrauber, nachts fährt die freiwillige Feuerwehr mit Suchscheinwerfern durch den Wald, zudem fahren Lautsprecherwagen regelmäßig Waldwege ab.

Je mehr Zeit verstreicht, desto kleiner werden die Chancen, dass das Mädchen noch lebend gefunden wird. "Im Radius von fünf Kilometern haben wir inzwischen jeden Ast umgedreht", verkündete die Polizei bereits am Montagnachmittag. "Auch heute schöpfen wir alle unsere Mittel aus", heißt es am Dienstagmorgen. "Wir geben nicht auf."

Wurde das Mädchen Opfer eines Gewaltverbrechens? Oder könnte sie von Wölfen oder Wildschweinen angefallen worden sein? Anwohner wollen Wölfe in dem Wald gesehen haben.

Spürhunde finden keine Fährte im Unterholz

"Wir haben bisher gar keine Anhaltspunkte", heißt es bei der Polizei. Es gebe viele Hinweise von Zeugen, die man noch auswerte, bislang sei jedoch noch nichts Hilfreiches darunter. Selbst die Spürhunde finden im Unterholz keine Fährte von dem Mädchen. Ist Inga G. eventuell gar nicht in den Wald gelaufen? Auch Keller, Aufenthaltsräume und die Zimmer der Bewohner des Hofes wurden bereits durchsucht.
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© dpaSuche nach Inga: Hunderte Polizisten und Helfer durchstreifen ein gut 3500 Hektar großes Waldgebiet bei Stendal
Die Familie des Mädchens wird unterdessen psychologisch betreut. Sie war wohl schon öfter in Stendal zu Besuch. Ihre Tochter kannte den Wilhelmshof gut. Die Bürger in den umliegenden Orten sind erschüttert. Die Sache gehe ihm "sehr nahe", sagte Uchtspringes Bürgermeister Siegmund Löser. Er selbst habe ein Enkelkind in Ingas Alter. Stendal hat angeboten, Helfer aus der Verwaltung zur Verfügung zu stellen.

Und auf der Facebook-Seite "Was los in Stendal?" verabreden sich Anwohner, um selbst die Wälder zu durchstreifen. Die Polizei habe ihnen Stellen zugeordnet, an denen sie suchen dürften, heißt es in den Kommentaren. Die Fahnder bitten derweil, von der Suche auf eigene Faust abzusehen, weil dadurch der koordinierte Einsatz der Spezialisten und die Arbeit der Fährtenhunde erschwert werden könne.

Dennoch hofft die Polizei auf weitere Tipps aus der Bevölkerung. Wer Hinweise geben kann, sollte sich an das Polizeirevier Stendal unter der Telefonnummer 03931/68 52 91 oder an jede andere Polizeidienststelle wenden.

cke