Im September ist es so weit: 5.000 Soldaten der Schweizer Armee proben das Szenario eines Zerfalls Europas. Das ist schon die zweite Übung in der Richtung seit 2012. Kritik an der "Conex 15" aus den EU-Staaten stößt bei den Initiatoren jedoch auf Unverständnis.
Feldübung der Schweizer Armee in Landquart,panzer schweizer armee
© Flickr / Kecko CC-BY 2.0Feldübung der Schweizer Armee in Landquart.
Vertrauen in die Stabilität der Europäischen Union? Fehlanzeige. Zumindest was die Armeeführung der Eidgenossen angeht, scheint man über die Zukunftsfähigkeit der europäischen Staatengemeinschaft etwas besorgt zu sein. Denn nach der Stabsübung "Stabilo Due" im Jahr 2012 folgt nun vom 16. bis zum 25. September die umfassende Übung "Conex 15", bei der insgesamt 5.000 Schweizer Soldaten in der Nordwestschweiz den Ernstfall üben werden. Dieser lautet: Europa zerfällt.

Während dieser zehntägigen Übung werden die Helveter den kompletten Grenzraum dicht machen und wichtige Objekte sichern. Denn in diesem Szenario bricht die EU zusammen, eine gewaltige Wirtschaftskrise erfasst den Kontinent, woraufhin eine "Verknappung der Vorräte, Schwarzhandel" und ein Erstarken von "kriminellen Organisationen" als Folgen auftreten. Infolge von ethnischen Spannungen werde die Schweiz dann von "größeren Flüchtlingsströmen" überrollt, woraufhin die Eidgenossen dann ihre Vorräte schützen müssten.

Die Basellandschaftliche Zeitung schreibt dazu: "Im September wird deshalb geprobt, wie man den Basler Rheinhafen sichern könnte. Und die Zollbehörden erhalten Verstärkung. Eines der neun involvierten Bataillone nistet sich im Universitätsspital Basel ein. Die Militärpolizei unterstützt die Kantonspolizei Aargau und die Bahnpolizei. Die SBB sind an einem weiteren Schauplatz beteiligt: Im Raum Kleinhüningen kommt es gemeinsam mit dem Katastrophenhilfebataillon 2 zu einer Kompanieübung. Friedlicher ist die Ausgangslage für Muttenz: Dort findet eine Armee-Expo statt."

Offiziell, so die Verlautbarungen, wolle die Schweizer Armee damit nicht einen baldigen Zerfall der EU quasi herbeireden, sondern sich damit nur auf alle Eventualitäten vorbereiten. Die Armee müsse laut Armeesprecher Christoph Brunner für Einsätze in der Schweiz bereit sein. Der Umstand, dass solche Übungen eben für entsprechende Fragen und Irritationen in den EU-Staaten sorgt, stößt bei bei den Eidgenossen selbst jedoch eher auf Unverständnis. Wer diese Übung innerhalb der real existierenden Landesgrenzen kritisieren wolle, könne das selbstverständlich tun, fügt der Armeesprecher an. "Dann hat man aber möglicherweise nicht alles genau verstanden."

Allerdings ist es bezeichnend, dass die Schweizer Armee bereits zum zweiten Mal Übungen durchführt, in denen der wirtschaftliche und politische Zerfall der Europäischen Union eine tragende Rolle spielt. Auch wenn man aus außenpolitischer Raison abwiegelt, so stellen die Szenarien durchaus Möglichkeiten dar, die man angesichts der aktuellen Entwicklung innerhalb der EU durchaus in Betracht ziehen sollte. Zwar gilt noch immer der Grundsatz, dass nicht alles so heiß gegessen wird wie es gekocht ist, doch abwegig ist dies absolut nicht. Auch wenn man bedenken muss, dass sich die kleine Schweiz die wirtschaftlich durchaus sehr vom europäischen Binnenmarkt abhängig ist, bei einem Zerfall der EU ebenfalls auf massive wirtschaftliche Probleme einstellen müsste.