Die USA bestehen auf den Verbleib Griechenlands in der Eurozone. Der mehrheitlich von den USA beherrschte Internationale Währungsfonds (IWF) versucht daher, seine Kreditrisiken an die EU abzuwälzen. Der IWF schielt auf den Rettungs-Mechanismus ESM, der zu diesem Zweck geschaffen wurde. Die europäischen Steuerzahler scheinen schlechte Karten zu haben.

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Der Poker um Griechenland geht in seine entscheidende Phase. Der IWF hat ein Memo an den britischen Cannel 4 geleakt, aus welchem sowohl die Position des IWF als auch der Stand der Verhandlungen gut abzulesen sind. Demnach bescheinigt der IWF der griechischen Regierung, seit einigen Wochen konstruktiver zu verhandeln. Der IWF registriert Fortschritte in den Verhandlungen, wenngleich man noch nicht am Ziel angelangt sei. Der IWF hebt hervor, dass sich seit neuestem auch der griechische Premier Alexis Tsipras verstärkt und aktiv in die Verhandlungen eingeschaltet habe.

Übereinstimmung scheint bereits in der Frage zu herrschen, dass Griechenland seine Steuern besser eintreiben muss. Die griechische Regierung hat sich jedoch noch nicht verpflichtet, weitere Einschnitte im Sozialsystem, insbesondere in der Frage der öffentlichen Personen, vorzunehmen. Dieser Punkt müsse geklärt werden, um eine endgültige Vereinbarung treffen zu können.


Die endliche Konfliktlinie scheint jedoch mittlerweile zwischen der EU, der EZB und dem IWF zu verlaufen. Der IWF agiert in diesem Falle in einer Art Stellvertreter-Rolle der US-Regierung. Die USA sind größter Anteilseigner des IWF. Zwischen den Zeilen ist in dem Memo zu erkennen, dass die EU offenbar auf Druck der EZB versucht, einen schnellen Deal zu erreichen, auch ohne genauere Prüfung der Sachlage. Dies liest sich in dem Memo zu:

„Die Mitarbeiter des IWF haben betont, dass sie ihre europäischen Partner nicht zu einem Schuldenschnitt drängen würden. Zur selben Zeit stellten die Mitarbeiter fest, dass die Zahlen stimmen müssten. Es wurde speziell vermerkt, dass es eine zwingende Beziehung zwischen Reformen und Nachhaltigkeit geben müsse.“

Dies bedeutet, wie Channel 4 auf seinem Blog analysiert: Je mehr Austerität von den Europäern gefordert werde, desto größer sei die Wahrscheinlichkeit einer griechischen Staatspleite. Anders als die EU könne der IWF einen solchen Plan nicht zustimmen. Das Memo dient sicher auch dazu, dass der IWF seine Position öffentlich klarmachen kann. Das Team von Christine Lagarde kann sich so als seriös und sauber arbeiten des Gremium positionieren.

Freilich steckt hinter der Imagepflege eine knallharte Berechnung: Griechische Regierungsquellen sollen gesagt haben, dass der IWF offenbar versucht, seine Kredite an Griechenland auf den europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) abzuwälzen. Dieser wurde im Jahr 2010 in der Finanzkrise gegründet, um in Zahlungsschwierigkeiten geratene Staaten zu retten. Angesichts der dürren Faktenlage könne der IWF in diesem Monat keinen Deal mit Griechenland unterzeichnen.

Es ist anzunehmen, dass der IWF mit der Weitergabe des Memos an die Medien die Absicht verfolgt, den Druck auf die Euro-Retter zu erhöhen. In dem Papier ist auch vermerkt, dass sich die Finanzlage des Landes dramatisch verschlechtere. Es gebe eine hohe Anzahl an faulen Krediten (Non Performing Loans, NPL). Das Finanzsystem könne schon in Kürze größerem Stress ausgesetzt sein. Außerdem vermerkt der IWF, dass es eine dramatische Verschlechterung der Zahlungsmoral in Griechenland gebe. Hier bezieht sich der IWF auf die Kapitalflucht aus dem griechischen Bankensystem. Diese beträgt mittlerweile etwa 35 Milliarden Euro, seit die neue Regierung an die Macht gekommen ist.

Der Druck, den der IWF aufbaut, entspricht den Bestrebungen der US-Regierung, Griechenland um jeden Preis im Euro zu halten.


Die New York Times hatte vor einigen Tagen berichtet, dass Griechenland für die USA eine geopolitische unverzichtbare Rolle spiele: „Auch wenn die europäischen Nachbarn Griechenlands aktuell darauf fokussiert sind, die Fähigkeit des Landes sicherzustellen seine Schulden zu bezahlen: Die USA betonen den geopolitischen Wert Griechenlands als Vorposten der NATO an der Südspitze des Balkan und als ein wichtiges Tor für Energie-Lieferungen aus Zentralasien.

Man kann daher davon ausgehen, dass die USA auf einem Euro Verbleib Griechenlands bestehen werden. Dies dürfte auch der Zweck des Besuchs des US Gesandten Amos J. Hochstein gewesen sein, der sich vor einigen Tagen in Athen aufgehalten hatte. Hochstein ist für internationale Energiefragen zuständig. Hochstein hatte den Griechen klargemacht, dass es keine gute Idee sei, mit Russland über ein neues Gasprojekt zu sprechen. Die Amerikaner wollen statt der geplanten Pipeline über die Türkei eine eigene Pipeline über Aserbaidschan betreiben, um die Energieimporte nach Europa sicherzustellen. US Präsident Barack Obama soll den Willen der USA, Griechenland im Euro zu halten jüngsten Zusammentreffen der beiden in Washington zum Ausdruck gebracht haben.

In Bankenkreisen kursieren bereits Szenarien, wie eine „Rettung“ Griechenlands aussehen könnte. Eine solche Überlegung liegt den Deutschen Wirtschafts Nachrichten vor:
„Griechenland könnte bis zum 30. Juni 2015 mit ELA, ESM (Herr Regling bietet eine 11 Mrd. € freie Euro-Kreditlinie für Griechenland an, kann nur nicht auszahlen, weil Athen die ESM-Bedingungen nicht einhalten will, also wird eine Übergangslösung gefunden werden) und kurzfristiger Übergangshilfezahlungsfähig gehalten werden. Ab 01. Juli 2015 kann ein neues Abkommen laufen, bei Null angefangen werden. Die aufgelaufenen Verbindlichkeiten werden statistisch zusammengefasst und gebündelt. Die Summe wird mit 20 Freijahren (eine Möglichkeit) als bestehender Kredit mit der Laufzeit 01. Juli 2015 + 20 Freijahre + 40 Jahre Laufzeit bis 30. Juni 2075 neu formuliert, bei einem nicht anpassbaren Festzins von 2 % p.a. für den 40-Jahre-Teil.

Zugleich erhält Griechenland 80 Milliarden € als Liquiditätshilfe von der EZB - über die derzeit 80,5 Milliarden-€- ELA-Kredite hinaus - , um seine ausstehenden landesinternen Schulden sofort und Staatslöhne bis Jahresende zu bezahlen. Ab 01. Januar 2016 wird wegen der Liquiditätshilfe weiterverhandelt und alle Anforderungen Griechenlands weiter befolgt. Die USA werden keine Diskussion um Grexit oder härtere Verhandlungen der EU-Gläubiger mit Griechenland zulassen. Griechenland ist Wachs in den Händen der US-Regierung, weil es weiß, dass ohne US-amerikanische Unterstützung und Anweisung an die EU-Regierungen das Moratorium des griechischen Staates innerhalb von einer Minute durch den Kapitalmarkt diktiert wird.“
Damit scheint eine relativ plausible Strategie zu erkennen, wie ein Crash Griechenlands verhindert werden kann. Die europäischen Steuerzahler werden, wie bisher, die Kosten für diese Strategie zu tragen haben. Sollte sich der IWF durchsetzen, und seine Forderungen an Griechenland an den ESM abtreten können, würde der Prozess der Finanzierung Griechenlands zu einem wesentlichen Teil der demokratischen Kontrolle in Europa entzogen werden. Die Organe des ESM sind niemandem verantwortlich, vollständig immun und müssen über ihre Handlungen keine öffentliche Rechenschaft ablegen.