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© Paul Langrock / Greenpeace
Weit ist hierzulande die Unterwerfung der Medien und mit ihnen der Politik und ihren nachgeschalteten Organisationen unter die Vorgaben von Greenpeace und anderer grünen Lobbyorganisationen bereits gediehen. Stimmen die vom vorgegebenen Mainstream abweichen, kommen so gut wie nie zu Wort (1). Umso bemerkenswerter ist eine Diskussions- Sendung des mdr, die sich mit der geplanten "Klimaabgabe", die zum Aus für die Braunkohleverstromung führen wird, beschäftigt. Alexander Wendt - kritischer Journalist und Buchautor- durfte ebenfalls dabei sein, sehr zum Verdruss der Ökolobby. Lesen Sie seinen Bericht:
Es ging schon mal gut los: Ein Redakteur des mitteldeutschen Rundfunks rief mich an und fragte, ob ich Lust hätte, zu einer Radio-Debattenrunde über die von Greenpeace und den Grünen geforderte Abschaltung der Braunkohlekraftwerke zu kommen. Es sollte natürlich um Kohlendioxid und Klima gehen, aber auch im Arbeitsplätze, speziell in der Lausitz, wo noch gut 20 000 Jobs an Meilern und Tagebauen hängen. Mich hatte der Redakteur wegen meines Buches „Der grüne Blackout. Warum die Energiewende nicht gelingen kann“ ausgewählt.

Ich sagte zu.

Am Telefon meinte der MDR-Mann, die Leute von Greenpeace hätten gestöhnt, als sie hörten, dass ich dabei sein würde. Ich sagte, ich würde mich auch schon total freuen. Immerhin schickte die Umweltorganisation mit Tobias Münchmeyer ein Schwergewicht, den Leiter ihrer politischen Vertretung in Berlin, in den Ring.

Am 12. Mai saßen wir dann im Dresdner Funkhaus an einem Tisch: Professor Norbert Reiß von der IHK Dresden, ein älterer, abgeklärter Herr, Rico Herkner, ein freier Journalist, der oft aus dem Kohlerevier der Lausitz berichtet, Münchmeyer und meine Wenigkeit.

Für rare Sendeformate wie dieses verdient der öffentlich-rechtliche Rundfunk Lob: Ein Thema, eine Stunde und fünfundvierzig Minuten reiner Wortanteil. Das verteilen manche Privatsender über den Tag. Ich lieferte meine Standards ab: Noch immer liefert die Kohle im Schnitt 46 Prozent unseres erzeugten Stroms in Deutschland - im Winter, wenn wegen Hochnebel und Flaute die Grünenergien kaum etwas beisteuern, allerdings viel mehr. Daran ändert auch die hektische Installation neuer Grünstromanlagen nichts: Ob nun 24 000 oder irgendwann 60 000 Windräder in der Flaute stehen, ob 30 oder 52 Gigawatt Solarstromleistung unter dem niedrigen Himmel nichts liefern, bleibt in der Wirkung gleich. Ohne konventionellen Kraftwerkspark wird Deutschland auch 2030 nicht auskommen.

Der Greenpeace-Mann ging darauf nicht ein, sondern sprach von Klimaschutzzielen und von der Vorbildwirkung Deutschlands auf die ganze Welt.

Nach ein paar Aufwärmrunden zeigte sich, dass sich der Kollege Herkner gut vorbereitet hatte. Er nahm sich die Behauptung von Greenpeace vor, die Beschäftigten in den Lausitzer Kraftwerken stünden ohnehin nur wenige Jahre vor der Rente, eine mehr oder weniger weitgehende Stilllegung von Kraftwerken täte also gar nicht weh. Herkner: „Das stimmt nicht, Ihre Zahlen sind falsch.“ Das Durchschnittsalter der Beschäftigten in dieser Branche in der Lausitz liegt nach den von ihm zusammengetragenen Zahlen gerade bei 44 Jahren.

Münchmeyer redete darauf von den fantastischen Alternativen, die grüne Jobs für entlassene Kohlekumpel bieten würden: „Wir haben in Deutschland heute schon 380.000 grüne Arbeitsplätze.“ Ich erlaubte mir einen präzisierenden Hinweis: Die Zahl der Grünjobs hatte im Jahr 2011 mit 381.600 ihren Höhepunkt erreicht. Seitdem fiel sie von Jahr zu Jahr, auf derzeit 300.000. (Anm. d. Redaktion: Auch das ist noch deutlich zu hoch gegriffen - selbst bei großzügigster Zählung sind es keine 80.000, Details dazu hier)

Den Kern der industriellen Arbeitsplätze schätzen Wirtschaftswissenschaftler auf ganze 60.000. In der Solarbranche, früher einmal die große Hoffnung der Energiewendetrommler, verdienen heute noch weniger als 5.000 Beschäftigte ihr Geld. Auch das quittierte der Greenpeace-Gesandte mit der bewährten Taktik, einfach nichts darauf zu sagen. Etwas fuchtig wurde er dann aber doch, als ich ihm vorhielt, seine Organisation sei und bleibe eine Propagandafabrik.

Also, klagte Münchmeyer, er sei hierher gekommen, um zivilisiert zu diskutieren. Das müsse er sich nicht bieten lassen. Im Rest der Sendung verlegte er sich darauf, mir wie ein Störsender zu meiner Linken fast permanent ins Wort zu fallen, offenbar entschlossen, mich wenigstens akustisch zu kontern. Ich fand nicht, dass seine Taktik mir geschadet und ihm genutzt hätte. So leistungsfähig sind die Mikros des MDR dann doch.

Leider reichte die üppige Sendezeit nicht aus, um einmal grundsätzlich den notorischen Umgang von Greenpeace mit verdrehten und teils auch fabrizierten Zahlen näher zu beleuchten. Das klassische Beispiel muss ich deshalb hier nachliefern:

Im Jahr 1995 organisierten die grünen Krieger eine gewaltige Kampagne gegen die Versenkung der ausgedienten Ölplattform Brent Spar im Atlantik. Die Menge von Ölrückständen in der Plattform von 70 bis 100 Tonnen nannte Greenpeace eine Lüge von Shell, in Wirklichkeit handele es sich um 5.500 Tonnen, eine großflächige Verseuchung drohe. Mit einem gewaltigen öffentlichen Druck zwangen die Grünaktivisten Shell zur Entsorgung an Land.

Dabei stellte sich heraus: Die Angaben des Unternehmens stimmten. Die Schreckenszahl von 5.500 Tonnen beruhte auf einer weitgehend freien Erfindung von Greenpeace. Unabhängige Wissenschaftler stellten zudem im nachhinein fest, dass eine Versenkung der Plattform ökologisch günstiger gewesen wäre. http://de.wikipedia.org/wiki/Brent_Spar

In Deutschland schadete der Schwindel Greenpeace so gut wie gar nicht, im Gegenteil, ihr Feldzug brachte ihnen eine Flut neuer Spenden. Kaum eine Organisation massiert die beiden empfindlichsten Nervenstränge der Deutschen so virtuos: Das Bedürfnis, sich moralisch über andere zu erheben, und das ängstliche Grundgefühl, Schuld an allen Übeln der Welt zu haben.

Trotz ihrer falschen und frisierten Zahlen gilt die autoritär geführte Truppe den meisten Bundesbürgern bis heute als ein Weltgewissen und sein Führungspersonal so unantastbar wie Dalai Lama und Weltklimarat zusammen. Das heißt: solange man sie tatsächlich nicht antastet. Wer es doch tut, begegnet keinen Dalai Lamas, sondern empörten Rumpelstilzchen, die aus dem Aufstampfen gar nicht mehr herauskommen.

(1) So erging es z.B. auch unserem Vizepräsidenten Herrn Michael Limburg, der von der Bundeszentrale für politischen Bildung vor gut 6 Wochen telefonisch zur Teilnahme an einer Podiumsdiskussion über die Energiewende eingeladen wurde. Diese soll am 22.6.15 im Berliner Haus der Bundeszentrale für politischen Bildung stattfinden. Herr Limburg sagte zu und gab - weil gefragt- noch Tips wer evtl. noch eingeladen werden sollte.

Nachdem rd. 14 Tage ohne Bestätigung vergangen waren, fragte er telefonisch nach und erhielt zur Antwort, man (der zuständige Referent) sei noch mit der Planung und der Auswahl der Teilnehmer beschäftigt, man würde sich kurzfristig melden. Bis heute steht diese Meldung aus. Und wird wohl auch nicht mehr kommen.

Link zur Sendung: http://www.mdr.de/mdr1-radio-sachsen/programm/dienstags-direkt-braunkohle102.html
Außerdem: „Das Märchen vom grünen Jobwunder“ im neuen Focus (nur Print)
Mehr auf dem Energieblog http://www.alexander-wendt.com

Zuerst erschienen bei ACHGUT