polizeibrutalität
Der NDR Bericht über Misshandlungen von Flüchtlingen durch einen Bundespolizisten in Hannover hat bundesweit Entsetzen ausgelöst. Ein Beamter der Bundespolizei soll einen Marokkaner und einen Afghanen geschlagen und gewürgt haben. Das Bundesinnenministerium bezeichnete die Vorwürfe am Montag als gravierend. Das Ministerium versprach Unterstützung bei der Aufklärung. Die Bundespolizei ist dem Ministerium unterstellt. Die Flüchtlingsbeauftragte der Regierung, Aydan Özoguz (SPD), sprach von erschütternden Vorwürfen. Die Polizeibehörde müsse unmissverständlich klarstellen, dass sie ein solches Verhalten in ihren eigenen Reihen nicht toleriert: "Wenn es zutrifft, dass ein Beamter Flüchtlinge gequält, sich damit gebrüstet und die Misshandlungen sogar noch dokumentiert hat, muss die Bundespolizei über den Einzelfall hinaus Konsequenzen ziehen."

Pro Asyl: "Skandal ist die Tatenlosigkeit der Mitwisser"

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl erklärte, die Vorfälle zeigten ein entsetzliches Maß an Rassismus und Menschenfeindlichkeit. Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt forderte eine strafrechtliche Verfolgung auch von eventuellen Mitwissern. "Der Skandal im Skandal ist die Tatenlosigkeit der Mitwisser in Polizeiuniform", sagte er. Die niedersächsische Landesbeauftragte für Migration, Doris Schröder-Köpf (SPD), sagte, alle Tatsachen und Hintergründe müssten zügig und lückenlos aufgeklärt werden. Sie sprach von einer erschreckenden Rohheit und Grausamkeit. Der Niedersächsische Flüchtlingsrat erklärte, es habe immer wieder Gerüchte über Misshandlungen bei der Bundespolizei gegeben. Bislang hätten aber Beweise gefehlt.

Polizeigewerkschaften fordern Konsequenzen

Eine "rückhaltlose Aufklärung" forderte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow. Es erfülle ihn mit Scham und Wut, wenn gegen einen Polizisten staatsanwaltschaftlich ermittelt werde, weil er womöglich im Dienst mehrere Menschen gequält habe. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, forderte im WDR Videokameras im Polizeigewahrsam, um polizeiliches Handeln zu dokumentieren.

Bundespolizei verspricht Unterstützung

Die Bundespolizeidirektion wollte sich auf Nachfrage des NDR zu konkreten Details der Vorwürfe nicht äußern, da es sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren handele. Eine Sprecherin betonte aber "größtmögliches Aufklärungsinteresse" ihrer Behörde. Man werde die Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen nach Kräften unterstützen. Bereits im Vorfeld war ein Disziplinarverfahren gegen einen Beamten eingeleitet worden. Dieses ruht wegen der strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft derzeit.

Staatsanwaltschaft: Vorfall wäre "bedenklich und einmalig"

Bei der Staatsanwaltschaft Hannover jedenfalls sah man sich nach der eingegangenen Strafanzeige offenbar zum Handeln gezwungen. Oberstaatsanwalt Thomas Klinge nennt den Vorwurf besonders schwerwiegend. Sollten sich die Anschuldigungen als wahr erweisen, "wäre das ein Vorwurf, der sicherlich doch sehr bedenklich und einmalig wäre". Bisher liegen der Staatsanwaltschaft keine Erkenntnisse darüber vor, ob weitere Personen von den Übergriffen wussten. "Wir werden das natürlich sehr scharf im Auge behalten", so Klinge. Die Staatsanwaltschaft beginnt nun damit, die Zeugen zu vernehmen. Zunächst sollen die Anzeigenerstatter befragt werden. Neben weiteren Zeugen versuchen die Behörden auch, die namentlich nicht bekannten Opfer ausfindig zu machen.