Der Präsident der Russischen Föderation, Vladimir Putin, hat in Anbetracht der jüngsten Entwicklungen in der Eurokrise der Europäischen Union schwere Versäumnisse im Krisenmanagement vorgeworfen. Die Europäische Kommission, so Putin, hätte die wirtschaftliche Entwicklung in Griechenland bereits zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt zum Thema machen sollen. Es wäre unverantwortlich gewesen, einem bereits verschuldeten Land derartig hohe Boni und Darlehenssummen zu gewähren.

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„Natürlich kann man es sich leicht machen und alle Schuld den Griechen zuschieben“, erklärte Putin im Rahmen einer Fragestunde mit Journalisten am letzten Tag des BRICS/SCO-Gipfels in Ufa. „Aber wenn es jahrelang ein Fehlverhalten seitens der Griechen gegeben hat, wo war die Europäische Kommission? Warum hat sie nicht eine Kurskorrektur von den vorherigen griechischen Regierungen verlangt?“

Offenbar haben sich Griechenland und seine Gläubiger - der IWF, die EZB und die Europäische Kommission - kurz vor Ablauf der Deadline am Sonntag auf eine Vereinbarung verständigen können, nachdem Griechenland noch am Donnerstag einen Reformplan vorgelegt hatte, der - wie Kritiker sagen - dem ursprünglichen Bailout-Angebot, das die Griechen noch am Sonntag zuvor in einer Volksabstimmung mit deutlicher Mehrheit abgelehnt hatten, sehr stark ähnelte.

Putin gab auch seiner Verwunderung darüber Ausdruck, wie Athen über so lange Zeit hinweg Sondervergünstigungen gewährt bekommen habe und die Europäische Kommission dem Land „ein so niedriges Level bei den Steuereinnahmen erlaubt“ habe. „Wo wart Ihr alle damals? Es gibt vieles zu diskutieren und die griechische Regierung hat ohne Zweifel viele Gründe zur Beschwerde.“

Der russische Präsident betonte, dass, wenn es eine starke Einheitswährung in Ländern gäbe, deren ökonomische Standards völlig unterschiedlich wären, kaum Möglichkeiten seitens dieser Länder vorhanden wären, ihre Finanz- und Wirtschaftspolitik zu kontrollieren.


Russland sei ebenfalls bereit, Griechenland finanziell unter die Arme zu greifen, aber Athen habe bis dato noch nicht darum ersucht. „Griechenland ist ein EU-Mitglied und führt schwierige Verhandlungen mit seinen Partnern“, so Putin. „In dieser Situation hat Alexis Tsipras nicht bei uns um Hilfe angefragt. Und das ist auch nachvollziehbar, denn die Summe der Außenstände ist hoch.“

Während es keine direkten Finanzhilfen Russlands an Griechenland gegeben habe, wurde jedoch, so Putin, im Juni auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg eine Vereinbarung unterzeichnet, die Griechenland helfen soll, seine Schuldenkrise zu überwinden.

Russland und Griechenland haben dazu ein gemeinsames Konsortium gegründet, das den Bau der Turkish Stream Pipeline über griechischem Territorium übernehmen soll. Die Pipeline soll eine Kapazität von 47 Milliarden Kubikmeter im Jahr aufweisen und die Baukosten bei etwa zwei Milliarden Euro liegen. Die Pipeline war beschlossen worden, nachdem Russland infolge der stetigen Obstruktion seitens der EU das ursprünglich geplante South Stream Projekt verlassen hatte. South Stream sollte ursprünglich 63 Milliarden Kubikmeter an Erdgas nach Europa schaffen und dabei die instabile Ukraine umgehen.

Die Summe der griechischen Staatsschulden beläuft sich im Moment auf 316 Mrd. Euro. Nachdem es Athen nicht geschafft hatte, bis zum 1. Juli eine fällige Zahlung in Höhe von 1,6 Mrd. Euro an den IWF zu leisten, wurde Griechenland zum ersten hoch entwickelten Land, das seine Zahlungsunfähigkeit gegenüber internationalen Geldgebern deklarieren musste.