stevia
© Spurbuchverlag
Ein Süßstoff, der auch Diabetikern und Übergewichtigen Genuss ohne Reue verspricht, 100mal süßer als Zucker und rein pflanzlichen Ursprungs? Diesen Wunderstoff gibt es! Gewonnen wird er aus den Blättern der südamerikanischen Stevia-Staude. Ihre süßen Extrakte, die Steviolglykoside, sind in den USA und Japan als Lebensmittelzusätze z.B. in Kaugummis und Limonaden längst in Gebrauch und machen dort den bekannten synthetischen Süßstoffen wie Aspartam und Cyclamat Konkurrenz. Nur in der EU wartet Stevia noch auf seine Zulassung als Novel Food. Warum das so ist und warum sich das bald ändern könnte, diese und viele andere Fragen rund um die Wunderpflanze aus Südamerika beantwortet der international renommierte Stevia-Experte Dr. Udo Kienle in seinem neuesten Buch, das in der Reihe „Aktiv & Gesund leben“ des Spurbuchverlags erscheint.

Unter dem Titel Stevia rebaudiana - Der Zucker des 21. Jahrhunderts liefert der Autor in sieben durchgehend farbig illustrierten Kapiteln wissenschaftlich fundierte, aber auch dem interessierten Laien verständliche Informationen, um in der aktuellen Diskussion um Stevia und seiner künftigen Verwendung als Zusatzstoff in Lebensmitteln mitreden zu können. Behandelt werden unter anderem Fragen zur Herkunft, Verbreitung und Biochemie der Pflanze; ein thematischer Schwerpunkt liegt auf der sehr aktuellen Frage der Zulassung von Stevia nach dem EU-Lebensmittelrecht.

Ursprünglich stammt die Stevia-Pflanze aus dem Hochland im Nordosten von Paraguay, dem Siedlungsgebiet der Guaraní-Indianer. Sie süßten ihren bitteren Mate-Tee mit dem wild wachsenden Kraut, lange bevor seine angenehme Wirkung Ende des 19. Jahrhunderts von europäischen Naturwissenschaftlern „entdeckt“ und wissenschaftlich erforscht wurde, namentlich von dem Schweizer Botaniker und Ethnologen Moises Bertoni und dem Chemiker Oviedo Rebaudi. Ihrem Wirken verdankt die Pflanze auch ihren wissenschaftlichen Namen: Stevia rebaudiana Bertoni.

Stevia: als Süßstoff bereits etabliert in den USA und Japan

Seit seiner „Entdeckung“ um 1900 wird Stevia als Süßstoffpflanze kultiviert, bevorzugt in tropischen und subtropischen Regionen rund um den Globus, und seit den 1970er Jahren auch zunehmend kommerziell genutzt, vor allem in Japan und den USA. Die ersten Stevia-Produkte kamen Mitte der 1970er Jahre in Japan auf den Markt; seitdem spielt die Pflanze auch auf dem Weltmarkt der zuckerfreien Süßstoffe eine immer größere Rolle. Längst ist Stevia auch in den Fokus weltweit agierender US-Nahrungsmittelkonzerne wie Coca-Cola und Cargill gerückt, die die Wunderpflanze als natürliche Alternative zu den rein synthetischen, der Erdöl-Chemie entstammenden „Labor-Süßen“ wie Aspartam, Saccharin und Cyclamat ihren Produkten zusetzen. Denn die Vorzüge von Stevia liegen auf der Hand: seine Süßstoffe Steviosid und Steviolglykoside sind frei von Kalorien, zahnschonend, diabetikerverträglich und eignen sich hervorragend zum Einsatz in Lebensmitteln - und sie sind rein pflanzlichen Ursprungs, in Anbetracht des Booms von Bioprodukten und Naturkost ein kaum zu überschätzender Vorteil.

Und in der Europäischen Union?

In der EU ist Stevia zwar in verschiedensten Konfektionierungen in Reformhäusern oder im Internet-Versandhandel erhältlich, muss aber als Kosmetikartikel oder Badezusatz deklariert werden, weil seine Zulassung nach dem komplizierten EU-Lebensmittelrecht noch aussteht. Warum das so ist und warum sich das bald ändern könnte, erfährt man vom Autor aus allererster Hand. Sein Kapitel „Ein Süßstoff im Behördendschungel“ liest sich stellenweise wie ein bizarrer Wissenschaftskrimi, in dessen Dramaturgie auch illustre Verschwörungstheorien eine Rolle spielen. So wurde und wird immer wieder behauptet, mächtige Lobbyisten der Süßstoffindustrie, der Bauernverbände, der EU-Kommissionen würden erfolgreich die Zulassung von Stevia als Lebensmittelzusatz verhindern. Alles Unsinn, sagt Kienle. Der süßenden Pflanze fehlte es bisher an einer energischen und vor allem finanzkräftigen Lobby, die die enormen Kosten für eine erfolgreiche EU-Zulassung nach der Novel Food-Verordnung hätte aufbringen können. Aber vielleicht hat die Odyssee bald ein Ende, denn 2010 haben die US-Konzerne Coca-Cola und Cargill fundierte Studien zur gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Stevia vorgelegt. Nun muss die EU-Kommission erneut entscheiden - und vielleicht wird es ihn dann bald auch in der EU geben, den „grünen Zucker“ aus Südamerika.

Der Autor

Dr. Udo Kienle ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hohenheim und gehört zum kleinen Kreis international renommierter Stevia-Experten. Seit 1983 beschäftigt er sich sowohl forschend als auch publizistisch mit Fragen des Anbaus von Stevia in Europa, der Herstellung seiner Süßstoffe, dem Einsatz in Lebensmitteln und der Stevia-Zulassung nach dem EU-Lebensmittelrecht.