Die U-Bahnen fahren nicht, die Einwohner sollen Konzerte und Menschenmengen meiden: Die belgischen Behörden haben für die Hauptstadtregion Brüssel die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen - es gebe eine "sehr ernste" und "unmittelbare Bedrohung".
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Nach einer erneuten "Beurteilung der Lage" haben die belgischen Behörden die Terrorwarnung für die Hauptstadt Brüssel auf die höchste Stufe erhöht. Die ausgerufene Stufe 4 bedeutet, dass eine "unmittelbare" und "sehr ernste Bedrohung" vorliegt, erklärte das nationale Krisenzentrum in der Nacht zu Samstag.


Kommentar: Auf welchen Daten beruht die maßgebliche Bedrohung?


Der U-Bahn-Verkehr in der belgischen Hauptstadt wurde am Samstag komplett eingestellt. "Die Metro bleibt geschlossen bis zum Ende des Betriebs", sagte die Sprecherin des Verkehrsbetreibers STIB, Françoise Ledune, im belgischen Radio RTBF. Danach werde mit den Behörden entschieden, ob auch am Sonntag keine Metros verkehren. Dagegen fuhren am Samstagmorgen die meisten Busse und Straßenbahnen in Brüssel, auch der Flugverkehr lief normal.

Den Bewohnern der Region wurde geraten, größere Menschenansammlungen wie etwa bei Konzerten, anderen Veranstaltungen oder in Bahnhöfen zu meiden. Die Hintergründe blieben zunächst unklar. Erst später am Samstag werde es weitere Informationen bekanntgeben, um "laufende Ermittlungen" nicht zu behindern.

Bedrohungslage erfordert besondere Maßnahmen

Die Bedrohungslage erfordere "besondere Sicherheitsmaßnahmen sowie detaillierte Empfehlungen an die Bevölkerung" in Brüssel, wo sich auch der Sitz der EU-Kommission sowie das Nato-Hauptquartier befinden, teilte das Krisenzentrum mit, das zum Innenministerium gehört.

Im Rest Belgiens gilt den Angaben zufolge weiterhin die Stufe 3, was einer "möglichen und wahrscheinlichen" Bedrohung entspricht.

Belgien steht im Zentrum der Ermittlungen wegen der Anschläge am Freitag vor einer Woche in Paris mit 130 Toten. Seit den Terrorattacken in der französischen Hauptstadt wurden in Belgien eine Reihe von Verdächtigen festgenommen, darunter mehrere Angehörige eines der Attentäter. Während einige von ihnen später wieder freigelassen wurden, wurden gegen drei Verdächtige Ermittlungen wegen Terrorvergehen eröffnet.

Strafverfahren eingeleitet

Am Freitag leitete die Generalstaatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen einen Verdächtigen ein, der am Donnerstag bei einer Razzia in Brüssel festgenommen worden war. Ihm werden Beteiligung an Terroranschlägen und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

Die beiden Verdächtigen Mohammed A. und Hamza A., die am vergangenen Samstag in Belgien festgenommen worden waren, bleiben zudem weiter in Haft. Sie sollen den flüchtigen Verdächtigen Salah Abdeslam nach den Anschlägen mit dem Auto aus Paris abgeholt und nach Brüssel gebracht haben. Salah Abdeslam lebte früher mit seinen beiden Brüdern in der Brüsseler Gemeinde Molenbeek.


Abdeslam wird verdächtigt, zu der Gruppe von Attentätern gehört zu haben, die am Freitagabend im Osten der Pariser Innenstadt dutzende Menschen in Cafés und Restaurants erschossen. Neben Salahs Bruder Brahim, der sich in einem Restaurant in die Luft sprengte, gehörte zu dem Kommando offenbar auch Abdelhamid Abaaoud. Der 28-jährige Belgier mit marokkanischen Wurzeln, der bei einem Polizeieinsatz am Mittwochmorgen im Pariser Vorort Saint-Denis getötet wurde, wird als mutmaßlicher Drahtzieher der Anschläge gehandelt.

Bereits früher hatten die Spuren islamistischer Gewalttäter in die Einwandererviertel belgischer Städte geführt.

lgr/AFP/dpa