Tausende Flüchtlinge verschwinden in Ost-Deutschland spurlos nach der Erstaufnahme. Die Innenminister vermuten, dass sich die Flüchtlinge in die Metropolen oder in andere Landesteile begeben.
Innenminister Flüchtlinge
© dpaAuch die Innenminister wissen nicht, wo tausende Flüchtlinge hingewandert sind.
20 bis 30 Prozent der auf die neuen Bundesländer verteilten Flüchtlinge verlassen die dortigen Lager in den ersten Tagen nach ihrer Ankunft schon wieder. Das ergab eine Umfrage der Saarbrücker Zeitung bei den Innenministerien der ostdeutschen Länder. Demnach kamen in diesem Jahr bisher rund 30.300 Flüchtlinge nach Brandenburg; nur rund 24.600 sind derzeit dort untergebracht. Der Rest sei „einfach verschwunden“, sagte ein Regierungsvertreter. Vermutlich zögen diese Flüchtlinge in Metropolen wie Berlin, zu Verwandten in andere Regionen Deutschlands oder in andere Staaten Europas.

In Thüringen mit 26.900 registrierten Flüchtlingen gab das zuständige Migrationsministerium die Quote der „individuellen Abreisen“ mit 20 bis 30 Prozent an. Genaue Zahlen gebe es wegen der ungenauen Registrierung nicht. Auch in Sachsen bestätigte ein Sprecher des Innenministeriums, dass Flüchtlinge die Lager von sich aus verlassen. Manchmal warteten Angehörige und Bekannte schon an den Eingängen, wenn Neuzugänge kämen, und nähmen sie mit. Eine Quote von bis zu 30 Prozent sei nicht ausgeschlossen. Bis Oktober hatte man in Sachsen 45.000 Flüchtlinge registriert.

Nach Sachsen-Anhalt kamen bis Anfang Dezember 36.400 Flüchtlinge. Weil rund elf Prozent sofort weiterzogen, landeten nur 32.600 in der Erstaufnahme. Auch von dort gingen jedoch etliche weg, hieß es. In Mecklenburg-Vorpommern beträgt die Quote der Weiterziehenden nach Angaben des Innenministeriums zehn bis 15 Prozent.

Linken-Parteichefin Katja Kipping hat Verständnis für das Verhalten der Flüchtlinge: „Es ist nachvollziehbar, dass sich die Geflüchteten zu Verwandten oder Freunden begeben und versuchen, so schnell wie möglich Anschluss und Arbeit zu finden“, sagte Kipping am Samstag der Nachrichtenagentur AFP.

„Nach wochenlanger oft lebensgefährlicher Flucht wollen die Geflüchteten vor allem eins: Sicherheit“, sagte Kipping. Durch das „Versagen des Staates“ kämen die Flüchtlinge jedoch in „völlig überfüllte Notunterkünfte, in denen es keine Rückzugsmöglichkeit gibt, Dauerstress herrscht und - wie in Dutzenden Fällen geschehen - der braune Mob sie vor der Tür mit Hassparolen übersät und mit Anschlägen bedroht“. Durch die von SPD und Union beschlossenen Änderungen des Asylgesetzes müssten die Geflüchtete zudem bis zu einem halben Jahr in diesen Einrichtungen bleiben.