Unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise wird oft die Forderung erhoben, Grenzkontrollen in Europa flächendeckend wieder einzuführen. Eine französische Studie zeigt: Das würde sehr teuer.
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© Jürgen Todenhöfer
Eine Abkehr von dem in der Flüchtlingskrise unter Druck geratenen Schengensystem würde Europas Wirtschaft einer Studie zufolge schwer schaden. Die wirtschaftlichen Kosten einer dauerhaften Wiedereinführung von Grenzkontrollen lägen für die Schengenländer längerfristig bei "mehr als 100 Milliarden Euro" pro Jahr, heißt es in einer am Mittwoch von der französischen Denkfabrik France Stratégie veröffentlichten Studie.

Grenzkontrollen würden sich negativ auf Tourismus, Handel und Grenzgänger auswirken, erklärten die Forscher des an die französische Regierung angebundenen Instituts. Allein für Frankreich würden die kurzfristigen wirtschaftlichen Kosten bei ein bis zwei Milliarden Euro pro Jahr liegen, weil Touristen ausblieben, grenzüberschreitende Arbeit behindert und der Handel zwischen den Staaten gebremst werde.

Die längerfristigen Folgen wären noch schwerwiegender: Permanente Grenzkontrollen kämen einer Steuer auf den Handel zwischen den Schengenländern in Höhe von drei Prozent gleich. Der Handel würde in der Folge um zwischen zehn bis 20 Prozent zurückgehen.

Die Forscher beziffern diese Kosten im Jahr 2025 für Frankreich auf mehr als 13 Milliarden Euro - das entspricht einer Verminderung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,5 Prozentpunkte. "Für die Länder des Schengenraums lägen die Auswirkungen eher bei 0,8 Punkten des BIP, also mehr als 100 Milliarden Euro", heißt es in der Studie.

Eine Wiedereinführung der Grenzkontrollen hätte auch Folgen für "ausländische Investitionen und die Finanzströme". Diese seien aber nur schwer abzusehen.

Wegen der Flüchtlingskrise haben eine Reihe europäischer Staaten wieder vorläufig Kontrollen an den Binnengrenzen des Schengenraums eingeführt. Sie sind nach der bisherigen Rechtsgrundlage auf maximal acht Monate befristet. Die EU-Innenminister wollen, das eine Ausweitung auf bis zu zwei Jahre möglich ist.

(AFP)