• Der Fahrdienstleiter hat unmittelbar vor dem Bahnunglück noch zwei Notrufe abgegeben.
  • Über ein Mobilfunknetz hat er den Lokführern signalisiert, dass sie sofort anhalten sollen.
  • Die Aufräumarbeiten nach dem verheerenden Zugunglück in Bad Aibling sind einen großen Schritt vorangekommen - die zwei Triebwagen sind jetzt voneinander getrennt.
  • Noch immer schweben einige Schwerverletzte in Lebensgefahr.
zugunglück bad aibling
© APBei dem Zugunglück kamen elf Menschen ums Leben, 83 wurden verletzt.
Der Fahrdienstleiter des Stellwerks in Bad Aibling hat offenbar noch in letzter Sekunde versucht, den Zusammenprall der zwei Züge zu verhindern. Das war am Freitag aus Ermittlerkreisen zu hören. Demnach setzte er über ein spezielles Mobilfunknetz, mit dem Fahrdienstleiter und Lokführer unmittelbar kommunizieren können, kurz vor der Begegnung der Züge einen ersten Notruf ab.

Dieser signalisiert allen Lokführern auf dem betreffenden Streckenabschnitt, dass höchste Gefahr besteht und sie sofort anhalten sollen. Unmittelbar darauf setzte er noch einen zweiten Notruf ab, doch da war es bereits zu spät. Der Zugfunkverkehr wurde aufgezeichnet und wird derzeit noch ausgewertet. Genau wie die Aufzeichnungen auf der dritten Blackbox, die mittlerweile geborgen wurde. Erst danach wird man die Abläufe endgültig rekonstruieren können.


Kommentar: Konnten die Zugführer nicht mehr bremsen oder gar steuern?


Nach derzeitigem Stand deutet jedoch einiges darauf hin, dass der Fahrdienstleiter fälschlicherweise beiden Zügen gleichzeitig die Einfahrt in den Streckenabschnitt erlaubt hat. Zwar gibt das Sicherungssystem in so einem Fall einen Warnhinweis, doch könnte er diese Warnung durch das Einschalten von Ersatzsignalen umgangen haben. Sollte es so abgelaufen sein, hätte er seinen Fehler offenbar in letzter Sekunde bemerkt, darauf jedenfalls deutet das Absetzen der Notrufe hin.

Einige der Schwerverletzen schweben noch in Lebensgefahr

Die schwierige Bergung der Trümmer ist inzwischen einen großen Schritt vorangekommen. "Die zwei Triebwagen sind jetzt voneinander getrennt, die rollfähigen Zugteile werden langsam abtransportiert", sagte eine Polizeisprecherin. "Heute wird es bis in den Abend hinein gehen, Kleinteile werden voraussichtlich morgen noch geborgen." Nach der Instandsetzung von Gleisen und Oberleitungen werde es dann noch eine Testfahrt geben, bevor die Strecke in einigen Tagen wieder freigegeben werden könne.

Am Donnerstagabend war die Zahl der Todesopfer noch einmal gestiegen, ein 47Jahre alter Mann aus dem Landkreis München erlag in einer Klinik seinen Verletzungen. Bei den zehn anderen Opfern handelt es sich um Männer im Alter zwischen 24 und 59 Jahren aus den Landkreisen Rosenheim und Traunstein sowie einen Mann aus Brandenburg.

Noch immer schweben einige der 20 Schwerverletzten in aktuer Lebensgefahr, sagte eine Polizeisprecherin am Freitag. 62 weitere Menschen wurden bei dem Unfall leicht verletzt. Am Dienstagmorgen waren auf der eingleisigen Strecke zwischen Holzkirchen und Rosenheim zwei Züge ungebremst aufeinander gerast.

In Gedenken an die Opfer hat Bayern für Sonntag Trauerbeflaggung angeordnet. An sämtlichen staatlichen Dienstgebäuden sollen die Flaggen auf Halbmast wehen, wie die Regierung von Oberbayern mitteilte. Die Gemeinden, Landkreise und der Bezirk sowie die übrigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts wurden gebeten, in gleicher Weise zu verfahren. In Bad Aibling findet am Sonntag ein ökumenischer Gedenkgottesdienst statt.

SZ.de/dpa/imei