Bis zu uns schaffen es fast nur gesunde Flüchtlinge mit Geld. Um diese wenigen kümmern wir uns und lassen die meisten im Elend.
Child refugees
upg. Benno Büeler ist bekannt als Vorstandsmitglied von Ecopop, welche u.a. die Zunahme der Bevölkerung in der Schweiz auf jährlich höchstens rund 35'000 Personen beschränken will. Deren entsprechende Initiative hat das Volk allerdings mit einer Mehrheit von 74 Prozent abgelehnt. Ein Gastbeitrag.

Schweden ist an seine Grenzen gestossen

Schweden hat bisher im Verhältnis zur Bevölkerung am meisten Flüchtende aufgenommen und ist an soziale und politische Grenzen gestossen. Die rot-grüne Regierung hat das Land fast über Nacht abgeschottet und will Entwicklungshilfegelder jetzt mehr im Inland für das Asylwesen einsetzen als für Entwicklungshilfe vor Ort. In der Folge haben Norwegen und Dänemark ebenfalls die Grenzen geschlossen.


Kommentar: Ist Schweden wirklich an "seine Grenzen gestossen", oder hat Schweden einfach dicht gemacht und sich damit seiner Verantwortung entzogen?

Wir stehen vor der Tatsache, dass viel mehr Menschen nach Europa kommen möchten als Europa politisch-gesellschaftlich bereit ist aufzunehmen. In Deutschland dürften 2016 schon bei weniger als einer Million Flüchtlinge die Tore zugehen.

Unabhängig von den Aufnahmekapazitäten und dem Aufnahmewillen stellt sich indessen die Frage, ob die Fokussierung auf Flüchtende, die es bis Westeuropa geschafft haben, die richtige Priorisierung ist. Es geht um folgende Probleme:
  • Bevorzugung: Da es nur ein sehr kleiner Teil der Armen und Bedrohten nach Europa schafft, die meisten aber vor verschlossener Tür stehen werden, muss die Frage gestellt werden: wem soll geholfen werden? Den Alten und Kranken welche in den Uno-Flüchtlingszentren bleiben oder den mobilen jungen Männern mit Zugang zu Geld, welche den Weg nach Zentraleuropa schaffen? Und was ist mit den Verfolgten oder Hungernden, welche weit weg von Uno-Flüchtlingszentren leben und von denen es laut Uno viele hundert Millionen gibt? Die jetzige Hilfe bevorzugt wenige im reichen Westen und lässt die grosse Mehrheit im weit entfernten Elend hocken.
  • Effizienz: Wenn die Mittel nicht reichen, um überall und allen zu helfen, stellt sich die Frage der Effizienz. Wie kann mit den gegebenen Mitteln möglichst vielen geholfen werden? Wenn der Bund hypothetisch eine Milliarde Franken im Asylwesen ausgibt und damit pro Jahr 30'000 Asylbewerber betreuen kann - wie viel mehr Menschen könnte in einem Uno-Flüchtlingszentrum oder anderen lokalen Strukturen mit dieser Milliarde geholfen werden? Da in der Schweiz die Löhne bis zu einige hundert Mal höher liegen als in Krisenregionen muss angenommen werden, dass eine vielfach grössere Zahl von Menschen unterstützt werden könnte, wenn das Geld statt ins schweizerische Asylwesen in Hilfe vor Ort gelenkt würde.
  • Wirtschaftliche Entwicklung: Die Mittel für das Asylwesen fliessen zu den Sozial- und Asylarbeitenden, zu Bau- und Immobilienfirmen und in die Kassen unserer Grossverteiler. Das hilft den reichen Ländern, wirtschaftlich weiter zu wachsen, anstatt den Nachbarländern von Krisengebieten zu Wirtschaftsimpulsen zu verhelfen.
  • Struktur-Effekte: Ein Asylwesen, welches diejenigen belohnt, welche nach Zentraleuropa kommen und sich nichts zuschulden kommen lassen, wirkt wie ein gigantischer Filter. Junge mobile Männer mit überdurchschnittlicher Bildung und Zugang zu Geld nehmen wir auf, während die Armen, Kranken oder zurückgeschafften Kleinkriminellen als Rumpfgesellschaft zurück bleiben. Aus Sicht der betroffenen Krisenländer ist dies tragisch: wie sollen sich solche Gesellschaften wieder aufbauen, wenn genau die Tatkräftigen und Fähigen fehlen? Wie demotivierend muss es für die letzten vor Ort sein zu sehen, wie viel einfacher eine Flucht erscheint gegenüber dem zähen Aufbau vor Ort?
Wir helfen den Bessergestellten statt den wirklich Armen, die Hilfsgelder bleiben im reichen Westen statt in die armen Regionen zu fliessen, wir verschwenden die Mittel an wenige statt vielen zu helfen, und zum Schluss erschwert unsere Hilfe die Befriedung und den Wiederaufbau von Krisenländern. Die Priorität sollte klar sein: Mit Hilfe der Uno ist die Hilfe vor Ort massiv auszubauen. Gleichzeitig sind die strukturellen Ursachen für Armut und Destabilisierung anzugehen. Hier steht der Westen in der Verantwortung.


Themenbezogene Interessen (-bindung) der Autorin/des Autors


Der Mathematiker und Agraringenieur Benno Büeler ist im Vorstand der «Vereinigung Umwelt und Bevölkerung» Ecopop.