Sonne
© SOHO, NASA/ESAFalschfarbendarstellung einer dynamischen Sonne im Jahr 2000 (l.) im Vergleich zur Sonnenscheibe während des solaren Minimums 2009 (r.)
Las Cruces/ USA - Ein ausbleibender Strahlenstrom und verringerte Sonnenaktivität in der Nähe der Sonnenpole deuten für Sonnenforscher daraufhin, dass sich unser Zentralgestirn einer längeren Ruhephase nähert. Obwohl sich der aktuelle Sonnenzyklus Nummer 24 bis Ende 2012 seinem erwarteten Maximum nähert, zeigen aktuelle Studien des Sonneninneren, der Sonnenoberfläche und ihrer Korona, dass die Aktivität während des nächsten Sonnenzyklus (Nummer 25) stark reduziert sein wird, oder der Zyklus sogar gänzlich ausbleiben könnte. Bisherige Befürchtungen und Katastrophenszenarien rund um eine bislang ungeahnt hohe Sonnenaktivität im und um das Jahr 2012 (...wir berichteten) könnten ins Gegenteil verkehrt werden, da ein jahrzehntelanges Minimum der Sonnenaktivität zu einer erneuten "Kleinen Eiszeit" auf der Erde führen könnte.

Wie Forscher um Dr. Frank Hill vom "Solar Synoptic Network" auf dem Jahrestreffen der "Solar Physics Division of the American Astronomical Society" berichten, handele es sich um "eine ungewöhnliche und unvorhergesehene Entwicklung". Die Tatsache aber, dass "drei völlig unterschiedliche Facetten der Sonne in die selbe Richtung deuten, ist ein Hinweis dafür, dass der Sonnenzyklus in eine Art Winterschlaf eintritt."

Die Anzahl der Sonnenflecken und anderer Sonnenaktivitäten steigt und fällt in der Regel während eines 11-jährigen Zyklus, der wiederum der Hälfte eines 22 Erdenjahre andauernden Zyklus magnetischer Intervalle markiert, innerhalb derer sich die Pole der Sonne einmal umkehren.

Derzeit rätseln Sonnenwissenschaftler über die Frage, ob der derzeitige Rückgang der Sonnenaktivität ein erneutes "Maunder Minimum" ankündigen könnte. Während solare Maxima, während derer es meist zu Phasen gewaltiger Eruptionen kommt, mit einigen wenigen Jahren relativ kurzlebig sind, können solare Minima viele Jahre, ja sogar Jahrzehnte andauern. Das berühmteste Beispiel hierfür ist das sogenannte Maunder Minimum, das im 17. Jahrhundert ganze 70 Jahre anhielt und mit dem Höhepunkt der sogenannten Kleinen Eiszeit zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert einherging. Bis heute bemühen sich Wissenschaftler darum, mögliche Zusammenhänge zwischen den beiden Phänomen zu verstehen.

Frank Hill ist Erstautor dreier Studien, die Daten des "Global Oscillation Network Group" (GONG) auswerten, wie sie wiederum anhand der Messungen von sechs weltweit verteilten Sonnenbeobachtungsstationen erlangt wurden.

Zu den Entdeckungen der Forscher zählt eine von Ost nach West verlaufende Stromzone des Sonnenwinds, die in den mittleren Breitengraden der Sonne beginnt und in Richtung Äquator zieht. Innerhalb dieser Zone finden sich für gewöhnlich jeweils die ersten Sonnenflecken eines jeden neuen Zyklus und mit ihrer Hilfe konnte auch der Beginn des aktuellen Zyklus Nummer 24 vorhergesagt werden.

Sonne
© Southwest Research Institute Planetary Science DirectorateWanderung der Strahlenströme (rote Bänder) von den Polen in Richtung des Sonnenäquators
"Wir haben eigentlich erwartet, schon jetzt Anzeichen für den nächsten Zyklus (Nummer 25) zu sehen", erklärt Hill. "Bislang aber gibt es hierfür keinerlei Hinweise. Das wiederum deutet darauf hin, dass sich der Beginn dieses Zyklus bis 2021 oder 2022 verzögern wird. Vielleicht setzt er aber auch gar nicht erst ein."

In der zweiten Studie haben die Wissenschaftler einen langandauernden, sich abschwächenden Trend in der Stärke der Sonnenflecken festgestellt und sagen darauf basierend voraus, dass Sonneneruptionen während des nächsten Zyklus so schwach ausfallen werden, dass es kaum, wenn überhaupt, Sonnenflecken geben wird.

Anhand der Daten von 13 Jahren Sonnenfleckenbeobachtungen mit dem "McMath-Pierce Telescope" auf dem Kitt Peak im US-Bundesstaat Arizona konnten die Forscher zudem eine durchschnittliche Abnahme der Feldstärke der Sonnenflecken während des 23. und bisherigen 24. Zyklus von jeweils 50 Gauss pro Jahr ermitteln. Zudem beobachteten sie, dass sie Temperaturen der Sonnenflecken genau so anstiegen, wie dies anhand von Modellen zu den erwarteten Veränderungen des magnetischen Feldes der Sonne vorausberechnet worden war. Sollte diese Entwicklung andauern, würde die Stärke der Sonneflecken unterhalb von 1.500 Gauss fallen - ein weiterer Hinweis darauf, dass es erst gar nicht zur Ausbildung von Sonnenflecken kommen wird.

Ein weiteres Team nahm sich der Eigenschaften der Sonnenkorona an und entdeckte auch hier, eine zügige Abwanderung der magnetischen Aktivität in Richtung der Pole. "Hierbei handelt es sich um magnetische Strukturen, die im Innern der Sonne verankert sind", so die Forscher. "Veränderungen in der Sonnenkorona spiegeln also Veränderungen im Innern der Sonne wieder."

Mit einem Photometer identifizierten die Wissenschaftler Eisen, welchen auf bis zu zwei Millionen Grad Celsius erhitzt wurde. Da die Hälfte seiner Elektronen davon gerissen wurde, wird das Eisen sehr leicht durch Magnetismus aus dem Innern der Sonne konzentriert. Von hier an entwickelt sich in der Regel ein bekanntes Muster, wenn sich neue Sonnenaktivitäten zu Beginn eines neuen Sonnenzyklus zuerst etwa auf dem 70. Breitengrad entwickeln und dann, im Laufe des Zyklus, immer mehr in Richtung des Äquators wandern. Zur selben Zeit schieben die Magnetfelder des neuen Zyklus die Reste des alten über den 85. Breitengrad hinaus in Richtung des Pols.

"In den Zyklen 21 bis 23 ereignete sich das solare Maximum immer dann, wenn diese Wanderung den 76 Grad überschritten hatte", so die Forscher. "Zyklus 24 begann sehr spät und sehr langsam und könnte möglicherweise gar nicht genügend Kraft entwickeln, als dass die Bewegung in Richtung der Pole überhaupt eintritt. Sollte dies zutreffen, kommt es wahrscheinlich auch während dieses Zyklus nur zu einem schwachen Maximum während 2013 - wenn überhaupt."

Sollte die Bewegung in Richtung der Pole gar nicht erst zu Ende kommen, würde dies alle bisherigen Theorien in Frage stellen und könnte bedeuten, dass das magnetische Feld von Zyklus Nummer 23 gar nicht aus den Polregionen verdrängt wird. "Bislang weiß noch niemand, wie unsere Sonne in einem solchen Fall reagieren würde."

"Sollte wir recht haben", so fasst Hill die Untersuchungsergebnisse zusammen, "so könnte das jetzige solare Maximum das letzte sein, das wir in den kommenden Jahrzehnten überhaupt erleben werden. Ein solches Szenario würde sich auf nahezu alle Facetten unseres Lebens auswirken, von der Raumfahrt bis hin zum Erdklima."