Mischwsesen Schimpanse-Mensch
© grenzwissenschaft-aktuell.deHorrorszenario: Künstlerische Darstellung eines Mischwesens aus Schimpanse und Mensch (Illu.)

London/ England - Wenn auch nicht illegal, allerdings auch ohne offizielle öffentliche Ankündigung und Erklärung, haben in den vergangenen drei Jahren britische Labors 155 Tier-Mensch-Hybride erzeugt. Sinn der so erzeugten Embyonen, so die Forscher, ist die Forschung nach neuen Heilverfahren für bislang unheilbare Krankheiten. Kritiker derartiger Verfahren sehen sich bestätigt und warnen erneut vor einem Missbrauch der Technik.

Die von der britischen Zeitung Daily Mail veröffentlichten Informationen erscheinen nur einen Tag nachdem ein Wissenschaftlerkomitee vor Mischwesen aus Tier und Mensch, sogenanten Hybride (Chimären), gewarnt hatte.

Die der Zeitung vorliegenden Unterlagen belegen 155 erzeugte Embryos, deren genetisches Material sowohl von Tieren als auch von Menschen stammt und seit der Einführung des "Human Fertilisation Embryology Act" gezüchtet wurden. Das Gesetz von 2008 legalisiert die Erzeugung eine Vielzahl von Hybriden, darunter auch die Befruchtung tierischer Eizellen mit menschlichen Spermien. Zudem die Herstellung sogenannten Cybriden, in welchen ein menschlicher Zellkern in eine tierische Eizelle verpflanzt wird und die Erzeugung von Chimären-Embyonen, in welchen Menschen Zellen mit jenen tierischer Embryos vermischt werden (...wir berichteten, s. Links).

Von den Experimenten, die am "King’s College" London, an der "Newcastle University" und der "Warwick University" durchgeführt wurden, erhoffen sich Wissenschaftler die Erzeugung von Stammzellen, mit deren Hilfe eine Vielzahl bislang unheilbarer Krankheiten behandelt werden können. Derzeit würden die Experimente allerdings aufgrund fehlender Gelder ruhen. Die Wissenschaftler hoffen jedoch, schon bald mit ihrer Arbeit fortfahren zu können.

Unmittelbar vor der Veröffentlichung der Daten durch die Mail hatten führende Wissenschaftler noch vor "Planet der Affen"-Experimenten gewarnt und neue Gesetze gefordert, die verhindern sollen, dass in Labors Tier mit menschlichen Eigenschaften erzeugt werden, wenn etwa menschliche Stammzellen in Primatenhirne injiziert werden. Befürworter der Experimente verweisen indes darauf, dass derartige Szenarien und Bedenken unbegründet seien, da das Gesetz zugleich die Zerstörung der Embryonen nach 14 Tagen fordert.

Schon bei Inkrafttreten des "Human Fertilisation Embryology Act" im Sommer 2008 hatten Kritiker, darunter auch Dr. Calum MacKellar vom "Scottish Council on Human Bioethics" davor gewarnt, dass die britischen gesetzlichen Bestimmungen, welche den wissenschaftlichen Umgang mit menschlicher Befruchtung und Embryonen regeln sollen, Experimente, die auf Mischwesen zwischen Mensch und Affe hinauslaufen, nicht verhindern würden (...wir berichteten, s. Links).

"Das Gesetz soll lediglich verbieten, dass Frauen mit tierischem Sperma befruchtet werden. Das Gegenteil wird nicht verboten - es wird noch nicht einmal erwähnt und das sollte nicht sein", so MacKellar zum Gesetzentwurf. Wenn dies nicht geschehe, werde es mit großer Sicherheit auch Wissenschaftler geben, die genau dies versuchen wollen und werden. "Alleine die Faszination über die Möglichkeit wäre für viele Wissenschaftler Motivation genug". Gemeinsam mit MacKellar kritisieren auch andere Experten die Möglichkeit derartiger Experimente. "Sollte man erfolgreich sein, würde dies zu einem ethischen Dilemma führen, wenn es etwa um die Frage ginge, als was das Ergebnis eines solchen Versuchs anzusehen wäre - Mensch oder Tier - und welche Rechte es hätte."

Für die Medizin stellt allerdings die Aussicht auf eine Vermenschlichung tierischer Organe eine Möglichkeit dar, den immer mehr stärker steigenden Bedarf an Ersatzorganen zu bedienen. Würde ein solcher Hybrid aus Mensch und Schimpanse kein menschliches Bewusstsein entwickeln, könnte es - trotz für den Menschen kompatibler Organe - weiterhin als Tier und somit auch als möglicher Organlieferant und Ersatzteillager dienen. "Dies wäre ethisch betrachtet nicht viel anders, als wenn wir tierisches Fleisch verzehren", so die Befürworter.

Dass eine Kreuzung zwischen Menschenaffe und Mensch durchaus möglich wäre bestreiten nur wenige Wissenschaftler. McKellar verweist darauf, dass entsprechendes bereits im Tierreich durchgeführt wurde, wenn erfolgreich Tiger mit Löwen, Zebras mit Pferden und Eseln, Delphine mit Walen oder Schafe mit Ziegen gekreuzt wurden - schließlich sei der Unterschied zwischen Ziege und Schaaf größer als der zwischen Mensch und Schimpanse.

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