Verwaltungsgericht kritisiert Ungleichbehandlung von Kneipen und Speisegaststätten

Trucker-Treff hatte geklagt: Nahezu alle Gäste würden rauchen

Schon mehrfach hatten Gastronomen das Rauchverbot scharf kritisiert. Jetzt hat das Verwaltungsgericht in ihrem Sinne entschieden: Das Passivraucherschutzgesetz, das in seiner heutigen Form seit Anfang 2010 gilt, ist zum Teil verfassungswidrig. Die Hamburger Richter verwiesen auf das Gleichbehandlungsgebot. Es gäbe keine sachlichen Gründe, dass in kleinen Kneipen Raucherräume eingerichtet werden dürfen, in Restaurants aber nicht. Nun soll das Bundesverfassungsgericht sich der Sache annehmen. Hintergrund der Entscheidung ist ein laufendes Verfahren, in dem die Betreiberin einer Gaststätte auf dem Autohof Altenwerder an der A7-Ausfahrt Waltershof, in der auch Speisen angeboten werden, die Einrichtung eines Raucherraumes einklagen will. Die Klägerin verlangt von der Stadt eine Ausnahmegenehmigung: 80 Prozent der Gäste seien Lkw-Fahrer, und nahezu alle würden rauchen. Nun würden sie in andere Autobahnraststätten in Schleswig-Holstein oder Niedersachsen ausweichen. Es drohten also Umsatzeinbußen; die wirtschaftliche Existenz sei gefährdet, so die Gastronomin der Gaststätte "Trucker-Treff". Sollte das Bundesverfassungsgericht auch die Hamburger Regelung ebenfalls beanstanden, dürfte der Trucker-Treff einen Raucherraum einrichten und die Bürgerschaft müsste sich nach 2008 und 2010 erneut mit dem Gesetz befassen.

Im Rathaus zeigte man sich gelassen. Andreas Dressel, Fraktionschef der SPD: "Wir warten die Entscheidung aus Karlsruhe ab, denn letztlich entscheidend ist das Bundesverfassungsgericht, nicht der Vorlagebeschluss des Hamburgischen Verwaltungsgerichtes."

Die Liberalen reagierten erfreut. Die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Martina Kaesbach, sagte: "Es ist gut, dass das Hamburger Verwaltungsgericht durch das Bundesverfassungsgericht prüfen lassen will, ob das Hamburger gesetzliche Verbot von Raucherräumen in Speisegaststätten keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes darstellt. Auch bei den Gastronomen sorgte die Nachricht für frohe Mienen. Die Richter hätten damit seine Auffassung bestätigt, dass die am 1. Januar 2010 in Kraft getretene Neuregelung auf wackeligen Beinen stehe, sagte Gregor Maihöfer, Hauptgeschäftsführer des Gastgewerbeverbandes Dehoga. Zahlreiche Gastronomen hätten in den vergangenen Jahren langfristige Umsatzrückgänge verkraften müssen. Einige der Lokalschließungen seien auf das Rauchverbot zurückzuführen gewesen, so Maihöfer. Seit Anfang 2010 gilt: Betreiber von Kneipen, die kleiner als 75 Quadratmeter sind, keine Speisen anbieten und Jugendlichen unter 18 Jahren den Zutritt verwehren, dürfen Raucherräume abtrennen. In Lokalen und Restaurants, in denen Gäste mit Essen bewirtet werden, müssen Raucher vor die Tür gehen.

Die Richter begründeten ihren Beschluss so: Wenn der Gesetzgeber, also die Bürgerschaft, Ausnahmen wie in den Kneipen zulasse, müsse er das Grundgesetz beachten, das Gleichbehandlung vorschreibt. Er dürfe nicht zwischen Schank- und Speisewirtschaft unterscheiden. Schließlich belastet das Rauchen der Gäste Kellner in Kneipen und in Restaurants. Auch das Argument, in Restaurants hielten sich vor allem Familien auf, sei statistisch nicht belegt. Schlussfolgerung: Ausnahmen müssen für alle gelten. Wirte, in deren Lokalen gegessen wird, müssten einen Raucherraum einrichten dürfen.