Bislang geriet der Kunststoff-Weichmacher Bisphenol-A vor allem wegen Langzeitfolgen für kleine Jungen unter Beschuss. Nun zeigt eine Studie: Auch Mädchen entwickeln sich unter dem Einfluss von BPA anders.
Plastikflaschen
© colourboxAuch in Plastikflaschen steckt das verdächtige Bisphenol A

Offenbar tendieren Mädchen, die bereits im Mutterleib mit Bisphenol-A in Kontakt gekommen sind, eher zu auffälligem Verhalten. Das zeigt eine Studie, die die Harvard School of Public Health (HSPH) gemeinsam mit dem Cincinnati Children´s Hospital and Medical Center und der kanadischen Simon Fraser University in Vancouver durchführte.

Das Problem: BPA ist zwar mittlerweile für sehr viele Babyprodukte verboten. Doch ist es nach wie vor nahezu unmöglich, der Chemikalie ganz aus dem Weg zu gehen, denn sie steckt in sehr vielen Alltagsgegenständen - beispielsweise in der Beschichtung von Konservendosen, aber auch in Produkten, die der Zahnarzt verwendet. Immer mehr Studien weisen darauf hin, dass der Stoff die Entwicklung stören kann und möglicherweise auch mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes in Zusammenhang steht.

Die aktuelle Studie, die in Pediatrics erschienen ist, widmete sich kleinen Mädchen ab drei Jahren. Dazu sammelten die beteiligten Wissenschaftler Daten von 244 Müttern und ihren dreijährigen Töchtern. Alle stammten aus der Region Cincinnati. Die Mütter hatten zwei Urinproben während der Schwangerschaft und eine zum Zeitpunkt der Geburt abgegeben, die auf BPA getestet wurden. Ihre Kinder wurden im Alter zwischen eins und drei jährlich auf Bisphenol-A untersucht. Als die Mädchen drei Jahre alt waren, machten die Frauen darüber hinaus Angaben zum Verhalten ihrer Töchter.

BPA in der Schwangerschaft ist tückisch

„Keines der Kinder zeigte ein klinisch anormales Verhalten. Aber einige der Kinder hatten stärkere Verhaltensprobleme als andere. Wir untersuchten daraufhin den Zusammenhang zwischen dem mütterlichen und kindlichen BPA-Wert“, erklärt Studienleiter Joe Braun. BPA wurde in über 85 Prozent der Urinproben der Mütter nachgewiesen und in über 96 Prozent der Proben der Kinder. Die Forscher fanden heraus, dass die mütterlichen BPA-Konzentrationen zwischen der ersten Urinprobe und der letzten zum Zeitpunkt der Geburt etwa gleich blieben. Die Belastung der Kinder jedoch nahm zwischen eins und drei ab, lag jedoch über den Konzentrationen ihrer Mütter und variierten stärker.

Es zeigte sich, dass Frauen mit einem hohen BPA-Wert während der Schwangerschaft eher hyperaktive, aggressive, ängstliche oder depressive Töchter hatten, die ihre Emotionen schlechter kontrollieren konnten. Für Jungen konnte ein solcher Zusammenhang nicht gefunden werden.

Unklare Wirkung

Die Studie bestätigt zwei frühere Studien, die gezeigt hatten, dass BPA im Mutterleib das Verhalten der Kinder beeinflusst. Die aktuelle Untersuchung zeigt jedoch zum ersten Mal deutlich, dass eine Belastung im Mutterleib folgenreicher ist als in späteren Jahren. Mädchen scheinen für die negativen Einflüsse auf die Psyche empfänglicher zu sein als Jungen. Bis die Zusammenhänge zwischen BPA und Entwicklungsstörungen besser bekannt sind, empfehlen die Forscher, die Chemikalie so gut es geht zu umgehen - beispielsweise auf Dosen, plastikverpackte Nahrungsmittel oder Kunststoffflaschen zu verzichten, die das Recyclingsymbol plus die Nummer 7 aufweisen.

hb