Die unter mehrfachem Mordverdacht stehende Thüringer Neonazi-Gruppe soll möglicherweise für drei weitere Anschläge verantwortlich sein. In zwei Fällen gibt die Bekenner-DVD konkrete Hinweise.
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© Federico Gambarini/DPANagelbomben-Anschlag in Köln, 2004: Ob das Attentat aufs Konto der Thüringer Nazizelle geht, wird nun offiziell ermittelt

Die Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) ist möglicherweise für weitere Anschläge verantwortlich. So habe die Analyse der Bekenner-DVD "durch die Ermittler des Landeskriminalamtes jetzt Hinweise auf einen bisher unaufgeklärten Sprengstoffanschlag in der Kölner Innenstadt im Jahr 2001 ergeben", teilte der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Montag in Düsseldorf mit. Ebenfalls auf das Konto der Nazizelle gehen könnten laut jüngsten Ermittlungen der 2004 verübte Anschlag mit einer Nagelbombe, ebenfalls in Köln, und der brutale Mord an einem Pizzeria-Chef im sächsichen Döbeln.

Das Opfer in Döbeln war ein 41-jähriger Libanese, der am 1. November ohne erkennbaren Grund ermordet wurde. Ein Unbekannter hatte die Pizzeria betreten und den Betreiber mit vier Schüssen regelrecht hingerichtet. Das Phantombild vom Täter, das die Polizei seinerzeit rumreichte, ähnelt - wie sich nun zeigt - auf verblüffende Weise dem Fahndungsfoto von Uwe Bönhardt, einem Mitglied der jetzt im Fokus stehenden Terrorzelle. Die Staatsanwaltschaft betont allerdings, dass dieser Verdacht bisher nicht bestätigt ist. Die Ermittlungen laufen weiter - wie viele in diesen Tagen.

Bekenner-DVD gibt Hinweise auf zwei Attentate

Beim jüngsten Fall, der mit der NSU in Verbindung gebracht wird, geht es um einen Anschlag, bei dem eine Deutsch-Iranerin 2001 schwer verletzt wurde. Die damals 19-jährige Frau tappte in eine Sprengfalle, die im Lebensmittelgeschäft ihrer Eltern aufgestellt worden war. Die DVD, die die Ermittler auf diesen Anschlag geführt hat, enthält angeblich auch Hinweise auf einen Anschlag mit einer Nagelbombe in Köln aus dem Jahr 2004.

In diesem Fall hat die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe offiziell die Ermittlungen übernommen. Bei dem Attentat in einer von vielen Migranten bewohnten Straße im Jahr 2004 waren 22 Menschen zum Teil schwer verletzt worden. Viele von ihnen waren türkischer Herkunft.

mapfo/dho/DPA/AFP/Reuters