Der Uno-Klimagipfel in Durban ist schon gescheitert, ehe er begonnen hat. Niemand glaubt an einen Durchbruch. Die Arbeit an faulen Kompromissen, die man am Ende als Erfolg verkaufen könnte, läuft auf Hochtouren.

EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard sagte am Donnerstag genau das, was die Welt von ihr erwartete: Die EU werde sich beim am Montag beginnenden Klimagipfel in Durban dafür einsetzen, dass das Ende 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll zum weltweiten Klimaschutz eine Neuauflage erfahre. Allerdings, so schränkte sie ein, müssten wirtschaftsstarke Länder wie China, Indien und die USA klar machen, wann sie sich internationalen Strategien verbindlich anschließen wollten.

Da sie das zumindest in Durban nicht tun werden, wird der UN-Klimagipfel auch keine Fortsetzung des Kyoto-Protokolls beschließen können. Das Kyoto-Protokoll verpflichtet eine Reihe wichtiger Industriestaaten zu verbindlichen Emissionsreduktionen und läuft bis Ende 2012. Es ist der Schlüssel für effizienten Klimaschutz unter dem Dach der Vereinten Nationen.

Die Fronten sind so verhärtet wie seit Jahren. China will sich nicht zu verbindlichen Treibhausgasreduktionen verpflichten lassen. Das Land verweist auf die historische Schuld der Industriestaaten, die die Atmosphäre von Beginn der Industrialisierung an mit Treibhausgasemissionen belastet haben.

Aber auch Russland, Kanada und Japan ziehen nicht mit. Die US-Administration unter Barack Obama hatte das Thema Klimaschutz zwar ganz nach oben auf ihre Tagesordnung gerückt. Infolge massiven innenpolitischen Drucks ist sie inzwischen aber so gut wie handlungsunfähig. Niemand erwartet von den USA eine Führungsrolle im Klimaschutz oder gar eine Festlegung auf Reduktionen.

Auch Connie Hedegaard weiß das natürlich. Sie bringt daher - wie viele Politiker und Klimaschutzorganisationen - das Jahr 2015 ins Spiel. Wünschenswert sei es, jene Staaten, die sich bislang zurückhalten, bis 2015 mit an Bord zu bekommen, sagt Hedegaard.

Das Jahr 2015 entwickelt sich mehr und mehr zum Hoffnungswert des Uno-Verhandlungsprozesses. Weil niemand daran glaubt, dass es in Durban gelingen könnte, die Verständigung auf ein Kyoto-Folgeabkommen zu erreichen, will man den Verhandlungsprozess strecken, aber auf keinen Fall jäh enden lassen.


Chancen auf Zwei-Grad-Ziel schwinden

Am Ende könnte man es als Erfolg verkaufen, wenn es in Durban gelänge, ein Konzept zu entwickeln, mit dem man den Kyoto-Prozess am Leben erhalten könnte, um bis 2015 die Voraussetzungen für ein Kyoto-Folgeabkommen zu schaffen. „Die größte Katastrophe wäre, wenn wir in ein schwarzes Loch fielen“, heißt es in deutschen Verhandlungskreisen.


Dass die Weltgemeinschaft den Klimawandel kurzfristig stoppen kann, wird immer unwahrscheinlicher. Im vergangenen Jahr hat die Belastung der Atmosphäre ein neues Rekordniveau erreicht. Das geht aus Daten der Weltorganisation für Meteorologie hervor. Zu etwa zwei Dritteln geht der Effekt auf den Ausstoß von Kohlendioxid zurück.

Dies entsteht vor allem durch das Verbrennen fossiler Kraftstoffe und die Rodung von Wäldern. An der Spitze des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes steht mittlerweile China mit einem Anteil von fast einem Viertel. Die USA, bis zum vergangenen Jahr der größte Emittent, folgen mit rund 18 Prozent.

Bereits bei der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 war man mit dem Vorhaben gescheitert, eine Anschlussregelung für Kyoto zu finden. Im mexikanischen Cancun hat sich die Weltgemeinschaft 2010 zwar grundsätzlich darauf geeinigt, den Anstieg der Erdtemperatur auf zwei Grad gegenüber vorindustrieller Zeit zu begrenzen. Verbindliche Verpflichtungen zur Emissionsreduktion gab es indes nicht.

Mittlerweile schwinden die Chancen, das Zwei-Grad-Ziel noch einzuhalten. Wenn bis 2017 weltweit keine einschneidenden Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel erfolgten, werde „die bis dahin geschaffene energieerzeugende oder -verbrauchende Infrastruktur bereits die Gesamtmenge der bis 2035 zulässigen Kohlendioxidemissionen verursachen“, heißt es im „World Energy Outlook 2011“, den die Internationale Energie-Agentur (IEA) Anfang November präsentierte.


Zögern kostet Geld

Mit jedem Jahr, das ohne klare Signale für Investitionen in saubere Energien vergehe, werde es schwerer die Klimaschutzziele noch zu erreichen, sagt IEA-Chefökonom Fatih Birol. Und es wird nicht nur schwerer, sondern auch immer teurer: Für jeden Dollar, der bis 2020 nicht in saubere Energie investiert wird, müssen 2020 laut IEA 4,3 Dollar zusätzlich investiert werden, um die dann höheren Emissionen auszugleichen.


Zweites großes Thema in Durban ist die Frage, wie in Entwicklungsländern Emissionsreduktionen und Anpassungsmaßnahmen an die Folgen des Klimawandels finanziert werden sollen. Dazu war bereits in Kopenhagen ein „Green Climate Fund“ (GCF) der Vereinten Nationen ins Leben gerufen worden, den die Industrienationen mit Milliardenbeträgen finanzieren wollen. Bislang ist allerdings außer wolkigen Zusagen wenig passiert.

Mittlerweile wird die Kritik am gesamten UN-Verhandlungsprozess immer lauter. Angesichts der düsteren Aussichten für den Gipfel in Durban appelliert etwa Ottmar Edenhofer, Chefökonom des Potsdam-Institus für Klimafolgenforschung, an die G20-Staaten, das Thema Klimaschutz unabhängig vom UN-Verhandlungsprozess selbst in die Hand zu nehmen.


Die Gruppe der 20 größten Industrie- und Schwellenländer stehe für 80 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen. „Es wäre ein beachtlicher Erfolg, wenn diese Staaten eine intelligente und effiziente Plattform bildeten, um außerhalb der Klimarahmenkonvention Fortschritte bei der Reduktion der Emissionen zu erzielen“, sagte Edenhofer.

Der Forscher verweist auf das Ziel der G20-Staaten, Subventionen für fossile Energieträger abzuschaffen. Er sieht darin „eine solide Basis für funktionierende Mechanismen“. Die frei werdenden Mittel seien beträchtlich. Tatsächlich beziffert die Internationale Energie-Agentur die Subventionen für fossile Energieträger auf 409 Milliarden US-Dollar jährlich. Edenhofer regt an, dieses Geld etwa in Pilotprojekte zur Verpressung von Kohlendioxid oder in die Förderung erneuerbarer Energien zu investieren.