Koblenz. „Ich habe meine älteste Tochter im Bunker in Kiel zur Welt gebracht. Vorher waren wir aus Stettin geflohen.“ Mit ruhiger, trauriger Stimme erzählt Irma Hartwig von der „schlimmen Zeit“ ihrer Jugend. Jetzt ist sie 92 Jahre alt - und dass sie heute Morgen wieder evakuiert wird, geht der alten Dame sichtlich nahe.
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„Natürlich kommen da Erinnerungen aus dem Krieg hoch“, sagt sie. Gemeinsam mit 74 anderen Bewohnern des Hildegard-von-Bingen-Seniorenheims in der Emser Straße muss Irma Hartwig heute nach Arenberg umziehen. Dort, im Altenheim der Caritas, ist das Ausweichquartier für die Pfaffendorfer Einrichtung.

„30 unserer Bewohner wurden schon vorab von Angehörigen abgeholt. Elf Bettlägrige wurden zudem gestern vom DRK in Krankenhäuser gefahren. Alle anderen fahren gegen 9 Uhr hoch nach Arenberg“, erklärt Pflegedienstleiterin Bärbel Beck am frühen Sonntagmorgen. Seit weit vor 6 Uhr ist sie auf den Beinen. Das gilt auch für alle anderen Mitarbeiter des Seniorenheims.

„Die Betreuung ist wirklich sehr gut. Wir werden gut versorgt“, sagt auch Irma Hartwig. Erna Geisler (75), mit der sie gerade frühstückt, pflichtet ihr bei: „Natürlich erinnert mich das hier auch an den Krieg, aber die Pflegekräfte lenken uns gut ab“, lobt die Seniorin. Dann kommt ihr Sohn herein, holt seine Mutter ab. Ilse Keber (77) dagegen muss auch mit nach Arenberg. „Ich bin aufgeregt“, gesteht sie. Im Krieg wurde sie mit ihrer Familie von Westfalen ins Wittgensteiner Land evakuiert. „Das wird jetzt alles wieder lebendig“, sagt sie.

Daniela Fischbach, Ergotherapeutin im Haus, tut derweil ihr Bestes, um die alten Leute auf andere Gedanken zu bringen. „Wir werden unsere Leute auch den ganzen Tag begleiten. Sie sollen vertraute Gesichter um sich haben“, sagt sie.

Im AWO-Seniorenheim in der Laubach, das in der Vorstadt nahe der Kevag liegt, rollen derweil die ersten Krankenwagen an. 55 Bewohner müssen hier auf die Karthause evakuiert werden. 25 sind bei Verwandten untergekommen, andere wurden ins Krankenhaus verlegt. In Reih und Glied stehen die Rollstühle mit den Senioren bereit, die sich alleine nicht mehr gut bewegen können. „Bislang läuft alles nach Plan“, sagt Heimleiter Jürgen Gerz. Wie auch in den Senioreneinrichtungen am Stift und am Josefsplatz: „Für manche Bewohner ist das hier sogar eine willkommene Abwechslung“, sagt eine Mitarbeiterin morgens um 7 lächelnd.