Den Kenntnisstand anderer einschätzen zu können, ist für eine gute Kommunikation äußerst wichtig. Auch Schimpansen beherrschen laut einer neuen Studie diese Fähigkeit. Sie warnen unwissende Artgenossen vor Gefahren.

Eine täuschend echte Nachbildung einer Giftschlange half den Forschern um Catherine Crockford von der Universität von St Andrews, England, diese Schlüsse zu ziehen. Sie legten das potenziell gefährliche Tier auf einige Pfade, die von einer Gruppe freilebender Schimpansen in Uganda oft benutzt werden.

Entdeckt ein einzelner Affe die Schlange, stößt er Warnlaute aus, um andere Gruppenmitglieder in Hörweite zu informieren. Kommen weitere Artgenossen dazu, wiederholen die informierten Affen die Warnlaute, um auch die nicht-wissenden Schimpansen über die Gefahr in Kenntnis zu setzen. Sind allerdings nur Tiere anwesend, die bereits Bescheid wissen, stoßen sie sehr viel seltener Warnlaute aus.

Alarm bringt den Affen selbst in Gefahr

Die Ergebnisse, die die Wissenschaftler im Fachmagazin „Current Biology“ veröffentlichten, zeigen, dass die Schimpansen nachvollziehen können, welche Informationen den anderen Affen zugänglich sind. Aufgrund dieses Wissens fällen sie die Entscheidung, welche Botschaften sie ihren Artgenosse übermitteln. „Die Schimpansen scheinen den Kenntnisstand der anderen in Betracht zu ziehen“, sagt Erstautorin Catherine Crockford. Bisher wurde allein dem Menschen die Fähigkeit zugestanden, die Unwissenheit anderer zu erkennen und sie aus diesem Grund zu informieren.

Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass die Kommunikation durch die selbstlose Motivation beeinflusst wird, die anderen über die Gefahr zu informieren, schreiben die Wissenschaftler. Der rufende Affe bringe sich dabei sogar selbst in Gefahr, denn mit seinem Alarmruf mache er auch Raubtiere auf sich aufmerksam.

Neue Erkenntnisse zur Evolution der Sprache

Das Verhalten der Schimpansen werfe außerdem ein neues Licht auf die Wege, die zur Entstehung der Sprache führten. „Einige Forscher argumentieren, dass die entscheidende Phase der Sprachentwicklung anbrach, als unsere Vorfahren zu rufen begannen, um andere zu informieren und deren Unwissenheit zu verringern“, sagt Crockford.

Genau dieses Kriterium werde auch von den Schimpansen erfüllt, wie die Studie belege. Die Menschenaffen besäßen offensichtlich bereits mehr grundlegende Bestandteile für den Beginn einer komplexen Kommunikation als gedacht.
Es sei zudem relevant, dass die Beobachtungen an wild lebenden Affen gemacht worden seien. „Denn wilde Schimpansen reagieren einfach so, wie sie das in solchen Situationen immer tun würden“, sagt Crockford. Im Gegensatz zu Affen in Gefangenschaft seien ihre Reaktionen nicht von Menschen oder einer künstlichen Versuchssituation beeinflusst.