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Der Einblick in Tausende mehr oder weniger private Mails von Bashar al-Assad ist so etwas wie die „Menschwerdung“ des - darin durchaus sympathisch anmutenden - syrischen Präsidenten. So kann’s gehen ... Aber, ob das von der syrischen Opposition so gewollt war? Wenn man einem Bericht des englischen Guardian Glauben schenken darf, dann ist es genau dieser gelungen, Mails der Familie al-Assad zwischen Juni 2011 und Februar 2012 abzufangen. Das Bild zeichnet das syrische Staatsoberhaupt als einen verliebten Ehemann mit romantischer Ader, der sich für die Show „America’s Got Talent“ interessiert, einen durchwachsenen Musikgeschmack hat und die Biographie von Steve Jobs liest.

So weit unterscheidet den gefürchteten und vom Westen so gerne als teuflisch bezeichneten Mann rein gar nichts von Millionen anderen Menschen. Und auch seine Frau, deren Mails ebenfalls abgefangen wurden, tut das, was alle reichen Frauen im Westen wie im Osten tun, sie schreibt liebe Briefe an Verwandte und liebt es, Luxusgüter - vorwiegend Schmuck - einzukaufen.

Sam@alshahba.com und ak@alshahba.com sollen die zwei Mailadressen lauten, von denen die Post abgefangen wurde. An der Echtheit besteht laut des Berichts kaum Zweifel, zumal auch viele Familienfotos und - videos verschickt wurden. Außerdem soll al-Assad auch einen seiner Ausweise eingescannt haben, der selbst für Könner nur schwer zu fälschen wäre.

Wirklich Brisantes haben all die Mails aber nicht zu Tage befördert, sieht man davon ab, dass sie bestätigen, was ohnehin jeder weiß: Syrien und der Iran sind Freunde. Warum auch nicht?! Die USA und Saudi Arabien sind ja auch befreundet und dort geht man um nichts weniger zimperlich mit Menschenrechten um. Die „Bösen“ dürfen also mit den „Guten“ befreundet sein. Die „Bösen“ aber nicht mit den „Bösen“. Das hat irgendwann mal irgendwer so festgelegt und der Welt lange genug eingeredet, bis diese das so glaubte.

Und genau darum ist es schlecht, wenn - wie aus den Mails hervorgeht - der Iran Syrien zu einer „mächtigen und gewaltvollen“ Sprache rät. So wie es eben überhaupt schlecht ist, dass Syrien mit dem Iran befreundet ist. Das ist dann auch schon wieder die negative Quintessenz aus den tausenden Mails. Entweder möchte man uns den wirklich starken Tobak vorenthalten - warum auch immer - oder es gibt ihn nicht, wobei ich mal auf letzteres tippen würde.

Und weil diese Mails eben so wenig politische Brisanz enthalten, hat man sich bei der Veröffentlichung selbiger dann auch verstärkt der First Lady gewidmet. Aber auch Asma al-Assad kann man nicht viel vorwerfen, außer ihrer Neigung für edlen Schmuck und teure Möbelstücke, aber auch aus das eint sie mit sehr vielen anderen Frauen, die es sich leisten können.

So schreibt die erste Frau des syrischen Staates - laut Guardian - am 19. Juli 2011 angeblich einer Cousine von einer Bestellung von Schmuckstücken aus Paris. Dabei soll es sich um eine Halskette mit Türkisen und in Gelbgold eingefasste Diamanten handeln. Außerdem bestellte sie einen schwarzen Onyx und einen Amethyst mit in Weißgold gefassten Diamanten. Abschließend schreibt die First Lady: „Ich küsse Euch und macht Euch keine Sorgen. Es geht uns gut!“

Sehr liebevoll geht es auch im Mailverkehr zwischen Bashar al-Assad und seiner Frau zu, und das mag sie wiederum von vielen anderen Ehepaaren unterscheiden. Ich möchte sogar so weit gehen, Bashar einen Vorzeige-Ehemann zu nennen. Also zumindest virtuell macht er seine Sache sehr gut. Seit zwölf Jahren ist er nun mit der in England geborenen Asma verheiratet und noch immer versteht er es, ihr seine Liebe durch kleine Gesten zu zeigen.

Am 5. Februar 2012 schickte er ihr eine iTunes-Datei mit dem Song des US-Countrysängers Blake Shelton „God gave me you“ - welche Frau würde da nicht dahin schmelzen?! Ein weiterer Beweis für die romantische Ader des Präsidenten findet sich in einer Antwort, die er seiner Frau schickte, nachdem sie ihm mitgeteilt hatte, dass sie um 17 Uhr fertig sei. „Das ist die beste Reform, die ein Land haben kann, dass du mir sagst, wo du sein wirst. Wir werden diese übernehmen, anstatt des Mülls von Gesetzen, Parteien, Wahlen und Medien ...“. Romantischer geht’s ja wohl kaum! In einem weiteren Mail schickte er seiner Asma einen Link mit einer Illusion aus der Show „America’s Got Talent“ mit den Worten: „Der beste Trick aller Zeiten“. Dieser zeigte einen Mann, der einen anderen Mann in der Mitte teilte und wieder zusammensetzte.

An wen oder was er dabei gedacht hat, bleibt in des Guardians Bericht ebenso unerwähnt wie vermutlich in der Mail auch. Fest steht, dass die Post primär beweist, dass al-Assad ein ziemlich normaler Mann ist, wenngleich seine Handlungen - so wie sie in den westlichen Medien dargestellt werden - von der Welt nicht ganz nachvollziehbar sind. Aber sein Image im Westen dürfte ihn ohnehin nicht allzu sehr stören, weil er sich über dessen Sanktionen mehr lustig macht, als dass sie ihn betrüben würden.

Außerdem weiß er sie zu umgehen. Seinen i-tunes Account hat er auf einen amerikanischen Namen mit einer Adresse in New York angelegt. Unter den Downloads finden sich Lieder wie „Don’t talk just kiss“ von Right Said Fred, Bizarre Love Triangle von New Order und Sexy and I know it von LMFAO. Nun ja, ob Assad einfach nur auf den Beat steht oder ob das seine Eigenwahrnehmung ist, das lassen wir hier mal dahingestellt. Aber die Nummer erfreut sich auf den internationalen Dance-Floors seit dem letzten Sommer großer Beliebtheit und somit darf sie auch dem syrischen Präsidenten gefallen.

Wesentlich mehr Geschmack beweist selbiger bei der Wahl seiner Bücher. Diesbezüglich hat er nämlich Walter Isaacsons Biographie über Apple-Gründer Steve Jobs runtergeladen und dieses Werk ist allemal als erstklassig einzustufen. Abgerundet scheint Bashar al-Assad also ein durchaus sympathischer Bursche zu sein. Keine Auffälligkeiten von Perversionen oder abartigem Geschmack (noch nicht mal musikalisch). Ganz im Gegenteil: So einen Ehemann würde sich so manche Frau vermutlich wünschen!

Der Guardian räumt trotz aller akribischer Prüfungen ein, dass die Mails auch gefälscht sein könnten. Das würde ich persönlich ein wenig schade finden, aber vielleicht ist dem Westen dieses Bild des verhassten Präsidenten auch ein zu glattes. Es passt einfach nicht zu den vermittelten Eindrücken, zu den Massakern in Homs, zur brutalen und rücksichtlosen Niederschlagung friedlicher Demonstrationen. Nein, all dies habe ich ob der ganzen Romantik nicht vergessen. Doch frage ich mich: Kann ein „Teufel“ tatsächlich ganz privat ein so menschliches Gesicht zeigen? Oder ist dieses Bild, das von den Medien geschaffen wurde, ein verzerrtes? Was die Medien betrifft, was soll ich sagen, wir wissen es.