Die Schuldenkrise soll dazu genutzt werden, die Volkssouveränität auszuhebeln. Die EU-Institutionen sollen herrschen. Die Missachtung der nationalen Parlamente wird sich aber bitter rächen....

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Sigmar Gabriel ist’s zufrieden. Auch die Professoren Bofinger (Ökonomie), Habermas (Soziologie), Nida-Rümelin (Philosophie), die in Gabriels Auftrag jetzt zum letzten Halali für den Nationalstaat geblasen haben, dürfen sich zufrieden zurücklehnen. Ihr SPD-nahes Grundsatzpapier „Einspruch gegen die Fassadendemokratie“ wurde als jener Sargnagel für die nationalen Parlamente und damit für die Volkssouveränität verstanden, als der es leider gemeint ist.

Vermutlich hat auch Mario Monti schon eine Dankeskerze angezündet. Der italienische Regierungschef, der ganz ohne Wahl an die Macht gelangte, will die Staatsschuldenkrise nutzen, um in den Regierungen die lästigen Sorgen um die Mitwirkung der Parlamente zu lindern.

Woher stammt eigentlich diese Lust am Untergang?

Der Zug in Richtung Autokratie nimmt jeden Tag mehr Fahrt auf. Woher eigentlich stammt diese seltsame Lust am Untergang, die sich in eine Rhetorik des Aufbruchs und der Neugeburt kleidet? Warum meint man, durch ein „Durchregieren“ der Kabinette dem Projekt Europa einen Dienst zu erweisen? Warum soll es im Sinne von Europa sein, wenn eine breite „Parteienallianz“ die Deutschen „von den Vorzügen einer Politischen Union überzeugen“ kann - im Klartext: Wenn eine Einheitsfront den EU-Superstaat mit unbegrenzter deutscher Haftung durchsetzt, mittels „Souveränitätsübertragung auf Europäische Institutionen“?

So steht es im Bofinger/Habermas/Nida-Rümelin-Papier. So will es der SPD-Parteivorsitzende, der gerne Kanzler wäre, umsetzen. Der Preis wäre hoch: Das Grundgesetz müsste im Altpapier landen. Da nämlich steht noch immer die nostalgische Formulierung, „alle Staatsgewalt“ gehe vom Volke aus. Das Volk galt bisher als alleiniger Träger der Souveränität, die eben darum eine Volkssouveränität ist - (sic) noch.

Merkel wird kein Bollwerk sein

Wenn nun die Souveränität „übertragen“ werden soll auf die Brüsseler Institutionen, bedeutet dies nichts Geringeres, als dass aus der Volks- eine Institutionensouveränität werden soll. Überschuss und Schulden dürfen noch in den jeweiligen Ländern erwirtschaftet werden, was aber damit geschehen soll, fällt in die Entscheidungsgewalt der Institutionen, der EU-Exekutive. Gewaltenteilung, parlamentarischer Vorbehalt, Partizipation: Das war einmal. Die „supranationale Demokratie“, die der SPD und den Professoren vorschwebt, wäre supranational, aber nur ausnahmsweise eine Demokratie. Einer „strikten gemeinschaftlichen Kontrolle“ sollen „die nationalen Haushalte“ unterstellt werden. Die „Illusion fortgesetzter einzelstaatlicher Souveränität“ gälte es zu beenden.

Angela Merkel wird da kein Bollwerk sein. Die Publizistin Gertrud Höhler traut der Kanzlerin durchaus zu, einen „autoritären Sozialismus, eine autokratische, zentralistische Führung“ zu etablieren, nicht aber, dem „Erosionsprozess in der Demokratie“ Einhalt zu gebieten. Merkel, so Höhler, folge als geborene Relativistin dem „eigenen Karriereplan“. Sie sei vor allem am „Umgang mit Macht“ interessiert.

Europa sucht den Superchef

Ist damit vielleicht das Motiv gefunden für die Heerschar der EU-Klempner, die uns derzeit ein neues, ein postdemokratisches, zentralistisches und schuldengetriebenes Europa verkaufen wollen? Die Sehnsucht der politischen Elite nach dem maximalen Zugriffsrecht ist offenbar sehr groß: Europa sucht den Superchef. Der Appetit wächst beim Essen.