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© gemeinfreiSymbolbild: Detail aus "Der Flug zum Himmel" (Hieronymus Bosch, etwa 1500).
Cambridge (USA) - "Es gibt nichts Paranormales an Nahtoderfahrugen", so lautete der Titel eines Artikel, der im vergangenen Jahr im Fachjournal "Trends in Cognitive Sciences" veröffentlicht wurde. In einem Brief, der nun ebenfalls in "Trends in Cognitive Sciences" publiziert wurde, kritisieren drei der bekanntesten wissenschaftlichen Erforscher des Phänomens der Nahtoderfahrungen Methodik und Argumentation des Artikels.

In Ihrem Brief schreiben Professor Dr. Bruce Greyson von der University of Virginia, Dr. Janice Miner Holden vom College of Education an der University of North Texas und Dr. Pim van Lommel vom Hospital Rijnstate in Arnhem: "In einem kürzlich in diesem Journal erschienenen Artikel mit dem Titel "Es gibt nichts Paranormales an Nahtoderfahrugen" schlussfolgern die Autoren Dr. Dean Mobbs (Neurologe an der University of Cambridge) und Dr. Caroline Watt (von der Koestler Parapsychology Unit KPU), dass 'sämtliche Aspekte von Nahtoderfahrungen auf rein neurologischer oder psychologischer Grundlage erklärt werden können'. Wir unterstellen, dass Mobbs und Watt 'sämtliche Aspekte von Nahtoderfahrungen' nur durch das ignorieren jener Aspekte erklären können, die sie selbst nicht erklären können und in dem sie einen grundlegenden Anteil empirischer Forschung zu Nahtoderfahrungen übersehen."

Tatsächlich, so die Wissenschaftler weiter, habe Watt in einem Radiointerview (Podcast) nach der Veröffentlichung des Artikels eingestanden, dass man etwa die bei Nahtoderfahungen immer wieder beschriebene Außerkörperliche Wahrnehmung, also das Empfinden, dass man den eigenen Körper zeitweilig verlässt, gänzlich ausgeklammert habe. "Allein dieser Umstand, nach dem Mobbs und Watt die Beweise für paranormale Merkmale bei Nahtoderfahrungen gar nicht erst berücksichtigt haben, macht es den Autoren des Artikels unmöglich, ihre Behauptung, dass es 'nichts Paranormales an Nahtoderfahrungen' gäbe, auf eine empirische und beweisbasierte Grundlage zu stellen."

Stattdessen schlagen die Forscher vor, dass Wissenschaftler auf alle relevanten Daten reagieren sollten und nicht nur auf jene, die eine vorgefaßte Annahme über Nahtoderfahungen im Sinne neurophysiologisch erklärbarer Phänomene stützen.

"Nahtoderfahrungen", so Greyson, Miner Holden und van Lommel, seien vielmehr "ein berechtigtes Naturphänomen, das auch mit wissenschaftlichen Methoden erforscht werden kann und sollte, statt es ohne Untersuchungen abzulehnen."

In einer Reaktion auf den Brief des Forscher-Trios haben im selben Journal auch die kritisierten Autoren des Artikels, Mobbs und Watt, reagiert. Zwar "gratulieren sie ihren Kritikern für deren angesehene Forschung und Dokumentation entsprechender Erfahrungen", dennoch hätten weder sie noch andere Forscher "bislang überzeugende Beweise für Nahtoderfahrungen vorgelegt, die dem, was man bereits über das Gehirn wisse, widersprechen."