Läuse bedrohen die Wildlachsbestände im Nordostatlantik. In manchen Gebieten stirbt mehr als jedes zweite Tier an den Parasiten, haben Forscher gezeigt. Häufig werden schon Jungtiere befallen. Eine der Hauptinfektionsquellen sind Aquakulturen.
Lachse
© dapd/USFWSIllustration ausgewachsener Lachse: Die Läuse setzen sich an der Haut fest.
Winzige parasitische Krebstiere dezimieren die Wildlachsbestände im Nordostatlantik: Zwischen 18 und 55 Prozent aller Wildlachse sterben in dem Gewässer durch Lachsläuse, hat ein internationales Forscherteam bei Untersuchungen in Irland und Norwegen nachgewiesen. Die Parasiten schaden den Fischbeständen damit deutlich mehr als bisher angenommen.

Laut den Ergebnissen befallen Lachsläuse ihre Opfer bereits, wenn diese als Jungtiere die Flüsse verlassen und ins Meer hinausschwimmen. Eine der Hauptinfektionsquellen seien die dichten Ansammlungen von Lachs-Aquakulturen in den Küstengewässern, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Proceedings of the Royal Society B.

Lachsläuse sind rund eineinhalb Zentimeter große Krebse, die sich an der Haut der Fische festsetzen und das Gewebe, Fleisch und Blut fressen. Sind Junglachse von mehreren der Parasiten befallen, werden sie so sehr geschwächt, dass sie an den Folgen sterben können.

"Schon mehrere frühere Studien haben Hinweise darauf geliefert, dass Aquakulturanlagen den Befall von Wildlachsen mit Lachsläusen fördern", schreiben Martin Krkosek von der University of Otago in Neuseeland und seine Kollegen. Welche Auswirkungen die Parasiten aber konkret auf die Bestände der wildlebenden Lachse habe, sei bisher unklar gewesen, sagen die Forscher.

Der unerwartet große Einfluss der Parasiten könne möglicherweise erklären, warum der Bestand der Wildlachse im Nordatlantik in den letzten 30 Jahren um 45 Prozent zurückgegangen sei. Setze sich der Schwund der Wildlachse durch die Parasiten fort, könnte dies in einigen Meeresgebieten die Fischerei empfindlich beeinträchtigen.

"Darüber hinaus ist aber auch die genetische Vielfalt der Lachse bedroht", schreiben die Wissenschaftler. Weil die Lachse immer in ihre Geburtsflüsse zurückkehrten, um sich zu paaren, gebe es wenig Genaustausch zwischen den Populationen. Werde eine davon besonders stark durch die Parasiten dezimiert, schrumpfe auch ihr Genpool. Als Folge könne sie sich schlechter an zukünftige Umweltveränderungen anpassen.

Experimente: Jungfische markiert und beobachtet

Für ihre Studie hatten die Forscher Daten von 24 Experimenten ausgewertet, bei denen markierte Junglachse in Flüssen Irlands und Norwegens ausgesetzt worden waren. Jeweils die Hälfte der insgesamt 283.347 Fische erhielt zurvor ein Mittel gegen Lachslausbefall, das die Tiere in den ersten ein bis zwei Monaten im Meer schützt. Dies entspreche etwa der Zeit, in der sich die Jungtiere noch in Küstennähe aufhalten, so die Forscher. Alle Fische wurden zudem mit Mikrochips markiert.

Ein Jahr nach dem Aussetzen kehrten die inzwischen erwachsenen Lachse zum Laichen in die Flüsse zurück. Die Forscher fingen einen Teil der Fische ein und zählten sie, zusätzlich werteten sie Daten von kommerziellen Fischern aus, denen markierte Lachse ins Netz gegangen waren. "Von den behandelten Fischen hatten im Durchschnitt 39 Prozent mehr überlebt als von den unbehandelten", berichten die Wissenschaftler. Die Spanne reiche je nach Gebiet von 18 bis 55 Prozent.

Der Unterschied zwischen den behandelten und unbehandelten Fischen deutet darauf hin, dass die Fische in Küstennähe mit den Parasiten in Kontakt kamen, während der eine Teil noch durch das Medikament geschützt war. Es liege nahe, dass die Lachsläuse von den entlang der Küsten liegenden Aquakulturen auf die Wildlachse übergesprungen seien, schlussfolgern die Wissenschaftler. In diesen Fischfarmen seien die parasitischen Krebse ein wohlbekanntes und häufiges Problem.

Aquakulturen gelten grundsätzlich als problematisch: Anfangs dachte man, dass die Zuchtfische den Wildlachs retten können, indem sie einen Großteil der Nachfrage decken und die Überfischung verringern. Allerdings bringen die Fischfarmen viele Umweltprobleme mit sich. In Chile etwa bedrohen ausgebüxte Lachse die natürlichen Fischvorkommen. Da der Raubfisch dort eigentlich nicht heimisch ist, hat ihm die Tierwelt kaum etwas entgegen zu setzen. Hinzu kommen Probleme mit eingeschleppten Krankheiten und riesigen Mengen Dreck.

irb/dapd