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Entwicklung der Strompreise.
Die Kosten für Strom und Wärme werden zum Jahreswechsel kräftig steigen. Jetzt dreht auch Vattenfall so stark an der Preisschraube wie noch nie zuvor. Und das ist erst der Anfang.

Energie wird für Deutschlands Verbraucher zum Jahreswechsel teurer. Nachdem bereits zahlreiche Versorger Preiserhöhungen angekündigt haben, setzt nun auch der Stromriese Vattenfall seine Tarife hoch.

Mehr als zwei Millionen deutsche Kunden des schwedischen Staatskonzerns bekommen in den nächsten Tagen mit der Post eine drastische Preiserhöhung zugestellt. Wie die Welt von dem Unternehmen erfuhr, erhöht der Versorger seine Strompreise in den Märkten Berlin und Hamburg zum 1. Januar 2013 um rund 13 Prozent.

Der schwedische Staatskonzern ist in den beiden größten deutschen Städten Grundversorger und muss deswegen mit sechs Wochen Vorlauf Preisänderungen mitteilen. Die Erhöhung zum Jahresbeginn 2013 ist die höchste, die Vattenfall je in Deutschland verkündet hat.

Weitere Preissteigerung absehbar

Betroffen sind rund 1,6 Millionen Haushalte und in der Bundeshauptstadt und etwa 750.000 in Hamburg. Gleichzeitig machte das Unternehmen deutlich, dass in den kommenden Jahren mit weiteren Preissteigerungen zu rechnen sein wird. "Ich glaube nicht, dass die Strompreise aufgrund der Rahmenbedingungen sinken werden", sagte Vattenfall-Vertriebschef Rainer Wittenberg der Welt.

Vattenfall folgt mit der Preisentscheidung zahlreichen Konkurrenten. Erst vor wenigen Tagen gab EnBW eine Erhöhung um rund zehn Prozent bekannt. RWE deutete ebenfalls eine Anhebung der Tarife an. Laut dem Vergleichsportal Verivox haben bislang rund 160 Versorger in Deutschland den Strom verteuert - den Angaben zufolge im Durchschnitt um elf Prozent.

Verantwortlich für die Verteuerung ist in erster Linie die staatliche Förderung erneuerbarer Energie wie Sonne, Wind und Biomasse. Bereits vor einem Monat hatten die vier großen Stromnetzbetreiber - 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW - angekündigt, dass die Umlage nach dem Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) um fast 50 Prozent steigen wird. Diese Erhöhung geben die Stromversorger nun an die Verbraucher weiter.

So steigt zum Beispiel der Arbeitspreis im Grundversorgungstarif "Hamburg Basis" von 23,92 Cent je Kilowattstunde auf künftig 27,39 Cent. Da der monatliche Grundpreis gleich bleibt, ergibt sich eine jährliche Mehrbelastung von rund 12,9 Prozent.

Legt man nur den Verbrauchspreis zugrunde, verteuert sich Strom sogar um 14,5 Prozent. In der Hauptstadt steigt der Tarif "Berlin Basis" von 24,23 Cent je Kilowattstunde auf 27,75 Cent je Kilowattstunde.

Steuern und Abgaben

Damit erhöht sich die Belastung für Berliner Verbraucher um rund 12,8 Prozent. Dem Unternehmen zufolge steigt die monatliche Belastung bei durchschnittlichem Jahresverbrauch von 2200 Kilowattstunden um rund 6,45 Euro.

Laut Vattenfall-Manager Wittenberg geht die Mehrbelastung fast ausschließlich auf Steuern und Abgaben zurück. Von monatlich 6,45 Euro Mehrbelastung gingen 5,57 Euro für Steuern und Abgaben drauf. "Wir machen Inkasso für den Staat", sagte Wittenberg.

Über die Jahre sei der politische Anteil am Strompreis in die Höhe geschnellt: bezogen auf Berlin von 3,95 Cent je Kilowattstunde im Jahr 1998 auf 15,37 ab 2013. Das entspricht einem Staatsanteil von mehr als 50 Prozent bei rund 28 Cent je Kilowattstunde.

"Die Energiewende wird dafür sorgen, dass der staatlich veranlasste Preisbestandteil weiterhin der Preistreiber bleibt", sagte Wittenberg. Die Politik müsse "die kommenden Lasten der Energiewende fair verteilen".


Kommentar: Leider wird dies mit Sicherheit nicht geschehen, sondern eher ein Politikum bleiben. Die Wahlen für nächste Jahr werden garantiert mit vielen Versprechungen angehäuft. Eher ein Zeichen dafür, dass die Politik, oder besser in einer Pathokratie, sich nicht um die Bedürfnisse von Bürgern und Bürgerinnen gekümmert wird.


In der Tat gewinnt die Debatte um Stromarmut an Fahrt. Verbraucherschützer und Sozialverbände weisen darauf hin, dass beispielsweise Mieter bei der Finanzierung der erneuerbaren Energien übermäßig belastet werden.

Politischer Streit

Mit ihrer Stromrechnung sind sie gezwungenermaßen Co-Finanzier der Besitzer von Photovoltaikanlagen. Über eine Novelle des EEG wird derzeit politisch gestritten.

Unstrittig ist dagegen, dass die Belastungen weiter steigen werden. Deutschland will bis 2020 aus der Atomenergie aussteigen. Bis zum Jahr 2050 soll 80 Prozent des Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Schätzungen zufolge sind Investitionen von mehreren Hundert Milliarden Euro notwendig.

Auch Deutschlands zweigrößter Stromkonzern RW wird im kommenden Jahr die Preise anheben. Dies kündigte Vorstandschef Peter Terium in einem Interview mit dem "Stern" an. "Es wird im Laufe des Jahres sicher eine Preisanpassung geben müssen." RWE hatte bereits im Sommer in Erwartung einer höheren EEG-Umlage die Preise erhöht.

Ökostrom-Umlage und Netzgebühren

Preistreiber seien neben der Ökostrom-Umlage die Netzgebühren, die Kosten der Offshore-Windparks und der notwendigen Reservekapazitäten für wind- und sonnenarme Zeiten.

Während der Konkurrent E.on die Börse am Dienstag mit einer Gewinnwarnung schockierte, sieht Terium das eigene Unternehmen weiter auf Kurs. "Trotz schwieriger Rahmenbedingungen war 2012 bisher ein gutes Geschäftsjahr", schrieb er in einem am Mittwoch veröffentlichten Aktionärsbrief.

In den ersten drei Quartalen steigerte RWE das betriebliche Ergebnis um acht Prozent auf 4,6 Milliarden Euro. Das nachhaltige Nettoergebnis, an dem sich die Dividende orientiert, verbesserte sich um sechs Prozent auf 1,9 Milliarden Euro. Der Außenumsatz lag mit 38,4 Milliarden Euro um 0,5 Prozent über dem Vorjahresniveau.